Goch Flüchtlinge erreichen Notunterkunft in Goch

Goch · In drei Bussen kamen am Freitagabend rund 130 Flüchtlinge, die zwei Stunden zuvor vom Aufnahmelager Unna-Massen Richtung Niederrhein aufgebrochen waren, an der umfunktionierten Tennishalle an. Malteser rund um die Uhr vor Ort.

Goch: Flüchtlinge erreichen Notunterkunft in Goch
Foto: Stade, Klaus-Dieter (kds)

Neun Uhr am Samstagmorgen. Vor der Platzanlage von Viktoria Goch sammeln sich Eltern und ihre Kinder - die Nachwuchskicker machen sich wie an so vielen anderen Wochenenden auf den Weg zu einem Meisterschaftsspiel. Nur wenige Meter weiter grenzt ein provisorischer Zaun das "STG"-Gelände ab, kleine Mädchen und Jungen halten Teddybären in den Armen. Einige von ihnen starren Richtung Sportplatz zu den unbeschwerten Gleichaltrigen hinüber, die sich auf ihr Fußballspiel freuen. Bis vor wenigen Wochen konnte auch in der Tennishalle noch Sport getrieben werden, nun ist die Anlage eine Flüchtlingsunterkunft. Die Bezirksregierung in Düsseldorf sucht ständig händeringend nach solchen Orten und fordert die Städte auf, alles anzubieten, was irgendwie geeignet erscheint. Um nicht wie andere Kommunen eine Turnhalle den Schulen, Sportvereinen und Karnevalisten "wegnehmen" zu müssen, kam der Stadt das Angebot der privaten Eigentümergemeinschaft, die Tennishalle zu kaufen, gerade recht.

Rund 130 Männer, Frauen und Kinder haben dort nun ihre ersten Nächte verbracht. Es war ruhig, ist zu erfahren, die erschöpften Menschen, insbesondere die Kinder, haben in ihren Schlafabteilen neue Kraft getankt. Zaghaftes Spielen beginnt, die Männer sind mit ihren Handys beschäftigt, dem einzigen Kontakt nach "draußen". Frauen versuchen, dringendste Anliegen mit den Helfern zu klären. Vier Aktive des Malteser Hilfsdienstes sind täglich vor Ort, auch in der Nacht bleiben zwei vor Ort, sagt Nina Lantzerath, Ansprechpartnerin bei den Maltesern.

An der Marienwasserstraße ist in den vergangenen Wochen jeden Tag von morgens bis abends gearbeitet worden. Diverse Firmen aus der Nachbarschaft kümmerten sich um Trockenbauarbeiten, Elektrik, Installationen. Die Malteser als Betreuungsverband waren sich mit den Helfern von DRK, DLRG und den Verantwortlichen der Stadt Goch einig, dass es den Menschen, die dort Tage oder Wochen verbringen werden, so erträglich wie möglich gemacht werden soll. Ein wichtiger Schritt dazu: Mobile Stellwände bieten Familien und anderen Kleingruppen Nischen statt einem gemeinsamen riesigen Schlafsaal. Sechs bis zehn Menschen passen in diese kleinen "Räume", ein Mindestmaß an Intimsphäre wird so ermöglicht. "Wir dachten dabei vor allem an die Familien, sorgen aber auch dafür, dass sich die Menschen nach Nationalitäten oder religiöser Zugehörigkeit zusammentun können. Einige haben sich ja auch schon in Unna kennengelernt und wissen, dass sie miteinander klar kommen", so Lantzerath.

Eine "Task force" der Stadt um Georg Brencker vom Ordnungsamt hat gemeinsam mit den Männern des Kommunalbetriebs das Konzept der in Sachen Katastrophenhilfe erfahrenen Malteser umgesetzt. Ganz wichtig war die Entscheidung, einen Sanitärbereich zu bauen; auf einem Podest wurden mobile Toiletten, Waschbecken und Duschen für Frauen errichtet. Die Männer nutzen die Duschen im Keller, die bislang den Sportlern zur Verfügung standen. Die Flüchtlinge mussten, anders als das vorgesehen war, nicht gleich zur ärztlichen Untersuchung, denn die klassische Eingangsuntersuchung samt Röntgen und Impfen haben sie schon in Unna erhalten. Dennoch war schon am Samstagmorgen für den einen oder anderen eine ärztliche Behandlung nötig.

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Foto: dpa, fg jai

Die Helfer der Malteser managen alles, versuchen überall zugleich den Überblick zu behalten: in den Schlafparzellen, im davon getrennten Aufenthaltsbereich, in dem Raum, in dem die Mahlzeiten eingenommen werden. Das war früher die Badmintonhalle, hinten im Gebäude gelegen. Das hat den Vorteil, dass durch eine Außentür gleich das Essen angeliefert werden kann.

Obwohl Betten und Matratzen inzwischen überall knapp werden, ist es den Gochern und ihren Helfern gelungen, 150 Schlafstellen herzurichten. Die Männer, Frauen und Kinder, die sie in diesen Tagen nutzen, werden vermutlich bald schon weiteren Flüchtlingen Platz machen, denn die Tennishalle ist eine Notunterkunft des Landes, niemand soll dort dauerhaft untergebracht werden. Sobald sie registriert sind, können die Menschen den Kommunen zugewiesen und in kleineren Einheiten untergebracht werden. Über 500 Asylbewerber leben derzeit in Goch - die Menschen in der Tennishalle nicht mitgezählt.

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(RP)
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