Goch/Emmerich Firmen wollen Berufsschule Goch halten

Goch/Emmerich · Weil möglicherweise die Berufsschule in Goch geschlossen werden soll, sorgen sich Firmen aus der Region um die Mehrbelastung ihrer Auszubildenden. Wenn die dann nach Geldern fahren müssten, wäre der Zeitaufwand enorm.

 Die Firmenchefs Wim Abbing (Probat) und Lukas Verlage (Colt) bezogen gestern mit der Auszubildenden Sina van Emmerloot (Kao) und Kao-Personalchef Hans-Georg Blös (v.l.) Stellung für die Berufsschule Goch.

Die Firmenchefs Wim Abbing (Probat) und Lukas Verlage (Colt) bezogen gestern mit der Auszubildenden Sina van Emmerloot (Kao) und Kao-Personalchef Hans-Georg Blös (v.l.) Stellung für die Berufsschule Goch.

Foto: MArkus van offern

Wie bereits berichtet, wird über eine Schließung beziehungsweise Verlagerung des Berufsschulstandortes für angehende Industriekaufleute von Goch nach Geldern spekuliert. Unter anderem wegen der enormen Mehrbelastung ihrer Auszubildenden - die Fahrzeit würde sich immens erhöhen - wollen Geschäftsführer und Personalchefs Emmericher, aber auch Klever Firmen diese Verlagerung nicht hinnehmen und wandten sich am Freitag an die Presse, um ihre Kritik zu äußern. Ein Gutachten zu diesem Thema wird am 19. April dem Kreistag vorgestellt.

Sina van Emmerloot, Auszubildende zur Industriekauffrau im ersten Lehrjahr bei Kao chemicals, hatte recherchiert, wie lange es dauern würde, wenn sie - wie viele andere Azubis ohne Führerschein und Auto - mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Geldern fahren müsste. "Ich müsste um 5.21 Uhr den Bus zum Emmericher Bahnhof nehmen", so die Vrasselterin. "Um 5.42 Uhr fährt ein Bus nach Kleve, der kommt um 6.07 Uhr am Klever Bahnhof an." Dort könnte sie in den Zug um 6.25 oder 6.51 Uhr steigen, der erste erreicht Geldern gegen 7 Uhr, der zweite gegen halb 8 Uhr. "Wenn alles pünktlich ist", sagte sie. Zu Fuß geht sie dann vom Bahnhof zur Berufsschule. Nach acht Stunden Unterricht geht es zurück. Zunächst muss sie nach Unterrichtsschluss knapp eine halbe Stunde warten. Am Bahnhof Emmerich beträgt die Wartezeit sogar fast eine Stunde, weil der Bus nach Vrasselt ihr dann vor der Nase wegfährt. "Ich bin gegen 20 vor 5 Uhr wieder zuhause."

Über elf Stunden unterwegs für acht Stunden Berufsschulunterricht! Und auch mit dem Pkw würde sich die Fahrzeit verdoppeln.

"Bis Goch braucht man eine halbe Stunde, bis Geldern kann man es in einer guten Dreiviertelstunde schaffen, aber das klappt nur selten. Ich brauche fast immer eine Stunde", meinte Jürgen Klucken, Personalchef der Katjes GmbH, derselbst in Geldern wohnt und die Strecke jeden Tag zurücklegen muss. An kurzen Berufsschultagen gehen die Azubis am Nachmittag normalerweise noch in die Betriebe, das könne man bei den langen Fahrzeiten vergessen.

75 Prozent der Auszubildenden bei den Industriekaufleuten kommen aus Kleve, Goch und Emmerich. Der lange Weg nach Geldern über eine gefährliche Bundesstraße stehe in keinem vernünftigen und wirtschaftlichen Verhältnis, erklärte Hans-Georg Blös, Leiter der Personalabteilung von Kao chemicals. Kao-Geschäftsführer Herbert Tripp ergänzt: "Im Zuge der demografischen Entwicklung gibt es sowieso schon weniger Bewerber. Es wäre für uns von Nachteil, wenn wir jetzt nur noch Bewerber mit Führerschein berücksichtigen könnten." Zudem seien Real- und Hauptschüler noch zu jung für den Führerschein, wenn sie eine Ausbildung beginnen. Für ihn sei es eine Unsitte, dass Behörden immer mehr Entscheidungen aufgrund von Gutachten treffen.

Auch Wim Abbing, Geschäftsführer von Probat, kritisierte das Vorhaben. Er werde seine Azubis nicht nach Geldern schicken. "Dann suche ich Berufsschulen außerhalb des Kreises, beispielsweise in Wesel oder Bocholt. Oder man baut eine in Emmerich", schmunzelte er.

Lukas Verlage, Geschäftsführer von Colt International aus Kleve sagt dazu: "Es kann nicht sein, dass man nur sparen will. Hier müssen auch die Interessen von Betrieben und Auszubildenden abgewägt werden." Man habe bereits die Parteien und den Landrat angeschrieben und auf die Situation aufmerksam gemacht, so Hans-Georg Blös. "Bisher gab es noch keine konkreten Antworten, alle wollen auf das Gutachten warten."

Die Berufsschüler in Goch haben jetzt einen offenen Brief an den Landrat geschrieben (Bericht unten). Sie wollen nach Möglichkeit noch in der kommenden Woche eine Podiumsdiskussion zu dem Thema veranstalten. Die Zeit wird knapp: Am 19. April soll der Kreis-Schulausschuss über die Schließung beraten.

(RP)
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