Goch Feuerwehr brennt die Hütte nieder

Goch · Der geballten Narrenmacht seiner Heimatstadt hatte Bürgermeister Ulrich Knickrehm nicht viel entgegenzusetzen. Flammenwerfer und Windmaschinen verhalfen dem Rathaussturm von Carsten I. und Christine I. schnell zum Erfolg.

 Casi I. und Chrissi I. haben es geschafft und Bürgermeister Ulrich Knickrehm den Schlüssel abgeluchst. Vor Aschermittwoch gibt's ihn nicht zurück.

Casi I. und Chrissi I. haben es geschafft und Bürgermeister Ulrich Knickrehm den Schlüssel abgeluchst. Vor Aschermittwoch gibt's ihn nicht zurück.

Foto: Evers

Wer sich über die Brückenstraße, wo jede Menge rote Großfahrzeuge standen, dem späteren Ort des Geschehens näherte, der ahnte schon, dass die Feuerwehr sich nicht lumpen lassen würde: Wer könnte besser geeignet sein, den Widerstand der Stadtoberen zu brechen, als die Herren über das ganz große Angriffs-Besteck? Wer sich mit Löschfahrzeugen, Rüstwagen und technischen Geräten fast aller Art auskennt, der lässt sich nicht von ein paar biederen Anzugträgern auf einer kleinen Bühne ins Bockshorn jagen. Da mochten der Rathaus-Chef und seine Ratsleute, verstärkt um die braven RZK-Mitglieder, noch so zuversichtlich über ihre Untertanen hinweg blicken - es war abzusehen, dass sie den Kürzeren ziehen würden. Daran hatte auch Moderator Josef Hondong keine Zweifel, schließlich begleitet er die Karnevalisten seit Jahrzehnten und weiß, wer spätestens ab dem Möhneball das Sagen in der Stadt hat. Und weil der Gocher Bürgermeister selbst im Festkomitee Gocher Karneval aktiv ist, kann er kaum gehofft haben, den Schlüssel der Stadtverwaltung behalten zu dürfen.

 Wer aus einem der Rathausfenster blickte, sah den ganzen Gocher Marktplatz voller fröhlicher, oft verkleideter Menschen. Ein toller Auftakt zu den drei tollen Tagen.

Wer aus einem der Rathausfenster blickte, sah den ganzen Gocher Marktplatz voller fröhlicher, oft verkleideter Menschen. Ein toller Auftakt zu den drei tollen Tagen.

Foto: Evers Gottfried

Bevor aber die Feuerwehr alle Register ihres Könnens zog, durften sich erst die übrigen Karnevalsvereine und -abteilungen präsentieren. Ein ganzer Marktplatz voller begeisterter Zuschauer gab ihnen die Ehre, applaudierte, tanzte, schunkelte und unterstützte "K6" beim Singen der aktuellen Karnevalslieder. Kalte Füße waren nicht zu vermeiden, aber immerhin blieben Hüte und Perücken trocken - ein super Auftakt zu den tollen Tagen.

Der Fanfarenzug Pfalzdorf zog der Narren-Armada voraus, ihn verfolgten die Vrouwenpoort, der Club der Pferdefreunde, die IPK Pfalzdorf. Mal wurden die Tanzgruppen, mal die Musiker, dann die Gardisten vorgestellt, Vorsitzende, Dirigenten und Tanzlehrerinnen begrüßt, die Kleinsten hofiert, die Großen gewürdigt - Josef Hondong war in seinem Element.

Ob Kolping in schwarz-gelb, die schwarz-roten Viktoria-Truppen, das kräftige Grün von Concordia, die traumhaften rot-weißen Mädels von Mini bis ausgewachsen, die Freunde aus Asperden, Kessel, Pfalzdorf oder Hülm-Helsum: Sie alle gehören zum Gocher Karneval und machten an diesem Samstag schließlich Platz für den ganz großen blau-weißen Ansturm, der mit Blaulicht und Sirenen daher kam: Casi I. und Chrissi I. enterten die Bühne und ließen keinen Zweifel daran, dass sie die Regentschaft schon so gut wie übernommen hatten.

 Eine echte Feuersbrunst half den Narren - Widerstand war zwecklos.

Eine echte Feuersbrunst half den Narren - Widerstand war zwecklos.

Foto: Evers Gottfried

Noch tat der Bürgermeister siegessicher, schmähte "das bisschen Tatü-Tata" und erinnerte daran, dass er und seine Ratsleute der Feuerwehr schließlich all' ihr schönes Gerät zur Verfügung gestellt hätten. Da würden sie doch wohl nicht...? Knickrehm: "Dat mit dem Schlüssel wird nix. Gocher zu sein ist geil, aber Bürgermeister in diesem Rathaus zu sein ist noch viel besser!" Da seine Charme-Offensive nichts brachte, rief der Prinz schließlich per Funk die Feuerwehrkameraden um Hilfe. Die zogen zunächst einen Wagen mit sechs starken Belüftern vor die Rathaus-Bühne und verteilten Schutzbrillen. Truppweise führten die Aktiven vor, was von der Feuerwehr zu erwarten ist: Leute mit Atem-, Voll- oder gar mit ABC-Schutzausstattung, mit Absturzsicherung oder riesigen Scheren. Mannshohe Flammen zischten hier und da empor, die Windmaschinen ließen Haare, Mützen und das Kleid der Prinzessin flattern, das Publikum jubelte im Chor mit dem Kinderprinzenpaar und allen anderen, die endlich durchstarten wollten. Und als sich dann von hinten über das Rathaus-Dach hinweg die Drehleiter in den wolkenvergangenen Himmel streckte und weiß-blauen Rauch versprühte, während vorne die Flammen loderten, da sah der Bürgermeister ein, dass er verloren hatte. Da war es, das Flammenmeer, das die Gocher Feuerwehr in ihrem karnevalistischen Motto trägt. "Wir brennen die Hütte nieder", rief Casi, der, als Knickrehm endlich den Schlüssel rausrückte, das Rathaus dann doch verschonte. "Wir ziehen jetzt in Dein Büro", erklärte er dem heimatlosen Bürgermeister, der sich bald mit hunderten Gefolgsleuten Richtung Festzelt auf den Weg machte.

(RP)
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