Goch/Kevelaer Erben: Wenn Stiefkinder leer ausgehen

Goch/Kevelaer · Wie komplex das Erbrecht gerade in "Patchworkfamilien" ist, zeigt ein Fall aus Kevelaer. Nicht leibliche Kinder haben weniger Rechte als leibliche. Ein Betroffener fordert daher eine Änderung der Gesetzgebung.

 Vom Inhalt eines Testaments können die Angehören später überrascht sein.

Vom Inhalt eines Testaments können die Angehören später überrascht sein.

Foto: Guido Vrola

Hans-Jakob Pauwen betont, dass es ihm nicht um seinen konkreten Fall geht. "Mir geht es vielmehr um ein grundsätzliches Problem, das sicher auch viele andere betreffen könnte", sagt er. Er fordert, dass Betroffene informiert werden müssen, wenn ein Testament oder ein Erbvertrag geändert werden. Hier sei der Gesetzgeber gefordert, daher hat er bereits alle Parteien, die im Bundestag vertreten sind, angeschrieben.

Der konkrete Fall, um den es geht, ist sehr komplex. Verkürzt gesagt geht es darum, dass Pauwens Mutter nach dem Tod ihres Mannes neu heiratete und mit diesem einen Erbvertrag aufsetzte. In dem setzten sich beide gegenseitig als Erben ein. Einige Jahre später stirbt die Mutter, und wieder etwas später hebt der Ehemann ohne das Wissen seiner Stiefkinder den Erbvertrag auf. Er setzte Testamente auf, nach denen sein Bruder, seine Schwester und Schwägerin die Ersparnisse erben sollen, der leibliche Sohn das Haus.

Von alledem wissen Pauwen und seine Geschwister nichts und sind daher völlig überrascht, als sie bei der Testamentseröffnung erfahren, dass sie quasi leer ausgehen. Pauwen lässt die Rechtmäßigkeit des Testaments prüfen. Der Fachanwalt bestätigt diese.

Das ist Anlass für Pauwen, an die Öffentlichkeit zu gehen. "Mein Fall zeigt, dass Stiefkinder rechtlos sind", meint er. Es gebe auch keine Pflichtanteile. Daher ärgert es ihn auch, dass es keine Information an die Betroffenen gebe, wenn ein Testament oder ein Erbvertrag geändert werde.

Das neue Testament verfügt auch, dass das Mietverhältnis im Haus des Stiefvaters nach dem Tod gekündigt werden soll. Dort wohnt die Stieftochter, die den Mann jahrelang gepflegt hatte.

Um diese Pflege leisten zu können, sei sie beruflich kürzer getreten. Jetzt drohe ihr Armut, weil sie aus ihrer Wohnung ausziehen muss. Die Schwester sei aufgefordert worden, das Haus zu verlassen, das werde bereits zum Verkauf angeboten. Der Erbe wollte sich zu der Sache auf RP-Anfrage nicht äußern.

"Mir zeigt der Fall, dass Personen, die andere Menschen pflegen, nicht geschützt sind. So etwas kann sich jederzeit wiederholen", sagt Pauwen.

Er hat auch alle Parteien im Bundestag angeschrieben und auf das Problem hingewiesen. Von der Resonanz ist er enttäuscht. Es habe nur zögernd Antworten gegeben. Von Seiten der CDU wurde darauf verwiesen, dass die Testierfreiheit ein hohes Gut sei. Die SPD dagegen verwies auf die laufende Diskussion zur Erbschaftssteuer, was allerdings mit dem Problem nichts zu tun hat.

Pauwen findet, dass der Gesetzgeber gefragt ist. Er fordert eine Informationspflicht an die Betroffenen, wenn ein Testament geändert wird. Bis 2013 hätte er nämlich noch seinen Pflichtanteil geltend machen können. Die Frist ließ Pauwen verstreichen, weil er ja gar nichts von der Änderung des Erbvertrags und dem neuen Testament wusste.

(RP)
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