Geldern Zum Arbeiterkampf berufen

Geldern · Der Klever Rolf Wennekers ist Vorsitzender des DGB-Kreisverbandes. Seit vier Jahrzehnten setzt er sich für die Rechte der Arbeiter ein - ob als Betriebsratschef oder Gewerkschaftsvertreter. Meist hat sich das Engagement gelohnt.

 Fackel-Demo am 5. Dezember 2001 gegen die drohende Schließung vor dem Union-Verwaltungsgebäude, die von Betriebsratschef Wennekers mitinitiiert wurde.

Fackel-Demo am 5. Dezember 2001 gegen die drohende Schließung vor dem Union-Verwaltungsgebäude, die von Betriebsratschef Wennekers mitinitiiert wurde.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Rolf Wennekers (66) schüttelt den Kopf. Es gibt keinen Grund, an der Bedeutung dieses Tages zu zweifeln. Seit 125 Jahren wird am 1. Mai der "Tag der Arbeit" begangen. Für den Klever ist es ein Feiertag, der seine Berechtigung heute noch genauso hat wie 1890, als die deutschen Schaffenden den Weltarbeitertag erstmals ausriefen. Nur müsse er, so Wennekers, immer wieder mit neuen Inhalten gefüllt werden. "Es gibt ständig etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt", sagt der 66-Jährige.

Rolf Wennekers ist heute Kreisverbandsvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Er hat sein Leben damit verbracht, für die Rechte von Arbeitern zu kämpfen. Ob als Vertreter der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) oder als Betriebsratsmitglied. Mehr als 20 Jahre war er Mitglied des Betriebsrats in einem der größten Werke Kleves. Ab 2000 führte er das Gremium. Für Wennekers gab es reichlich "Tage der Arbeit", an denen es nicht darum ging, Parolen auszugeben, sondern handfeste Ergebnisse zu erzielen. Rückblickend stellt er fest, dass der Kampf sich in den meisten Fällen gelohnt hat. Leicht war er nie. Auch in einer Zeit nicht, in der die wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik nur einen Weg kannte: von links unten nach rechts oben.

13 Jahre war Wennekers alt, als er seinen Arbeitsvertrag unterschrieb. 1962 begann er die Lehre zum Elektriker im Kellener Werk des Unilever-Konzerns, das 1888 als Margarinefabrik Van den Bergh gegründet worden war. 1800 Mitarbeiter hatte der Produktionsstandort damals, in den 60er Jahren. "Bis ich 14 Jahre wurde, waren meine Pausenzeiten länger als die meiner Kollegen", erinnert sich Wennekers an Rechte, die bereits damals durchgesetzt waren. Sein Weg hin zum Gewerkschaftsmitglied verlief ohne Umwege. Vor dem Ende seiner Lehre kam der damalige Betriebsratsvorsitzende zu Wennekers und fragte ihn, ob er denn schon eine feste Zusage habe, übernommen zu werden. Habe er nicht, so die Antwort. Der Betriebsratschef legte ihm daraufhin zwei Zettel vor. Die Anmeldung für die Gewerkschaft und für die Beroliner Pensionskasse. "Unterschreiben", lautete die Anweisung des Arbeitnehmervertreters. Wennekers tat es. "Alles klar. Du musst dir jetzt keine Gedanken mehr darüber machen, ob du übernommen wirst."

Die Zeiten zwischen den 60er und 80er Jahren waren für Arbeitskämpfe nicht die schlechtesten. "Knapp 90 Prozent der Arbeiter waren damals organisiert. Da konnte man dicke Backen machen", sagt Wennekers. Zudem gab es damals viel zu verteilen. Es seien goldene Zeiten gewesen, so der 66-Jährige. In den 70er Jahren steigen die Entgelte nach Verhandlungen um elf bis zwölf Prozent. Den höchsten Abschluss, der in seiner Zeit als Betriebsratsvorsitzender erzielt wurde, lag bei 6,5 Prozent. "Die schwammen damals im Geld", sagt Wennekers. Trotzdem sei jede Tarifauseinandersetzung ein Kampf gewesen. Umsonst gab es nichts. Pfennige wurden bei Verhandlungen auf dem Tisch hin- und hergeschoben, bevor der Abschluss perfekt war. Das Hin- und Herschieben lohnte sich für die Arbeiter bei Unilever. 200 Prozent Feiertagszuschlag, 100 Prozent mehr am Sonntag, 25 und 7,5 Prozent obendrauf bei Nacht- und Mittagsschicht. Die Tarife bei der Union konnten sich sehen lassen. Als die Mauer fiel, musste die Woche durchgearbeitet werden. Da gab es für jeden eine Antrittsprämie: 100 Mark netto wurden allein fürs Kommen überwiesen.

2001 schloss der Unilever-Konzern das Werk, der Klever Unternehmer Bernd Zevens übernahm es. Unter dem Namen "Clever Stolz" wurde weiter produziert. 2005 musste dennoch Insolvenz angemeldet werden. "Ich habe immer gedacht, das würde hier nie zu Ende gehen", sagt der Klever. Unilever hatte vor dem Verkauf mehrere Millionen Euro für die Arbeitnehmer zurückgestellt, um den mit der Übernahme angekündigten Lohnabbau abzufedern. Bei seinem vorletzten Duell, dem Kampf gegen die drohende Insolvenz, gab's für Wennekers nichts zu gewinnen. Der Insolvenzverwalter wollte anschließend die Unilever-Gelder in die Konkursmasse einfließen lassen. "Da sind wir mit den Arbeitnehmern bis vors Bundesarbeitsgericht gezogen und haben alle Verfahren gewonnen", blickt der 66-Jährige zurück, der 2006 in den Vorruhestand wechselte. Doch geht sein Kampf weiter. Denn, so Wennekers, Arbeitnehmer, die Unterstützung brauchen, wird es immer geben.

(RP)
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