Geldern Wahlsieg für Kaiser nach großer Debatte

Geldern · Sven Kaiser ist Bürgermeisterkandidat der Gelderner CDU. 71 Stimmen gab es für ihn, 45 gegen ihn, vier Enthaltungen - so das Votum der Mitgliederversammlung gestern Abend. Zeitweise sah es nicht unbedingt nach diesem Ergebnis aus.

 Sven Kaiser bei der CDU-Mitgliederversammlung gestern Abend in Veert. Die Anspannung ist ihm anzusehen.

Sven Kaiser bei der CDU-Mitgliederversammlung gestern Abend in Veert. Die Anspannung ist ihm anzusehen.

Foto: Binn

Beinahe genüsslich zählte Hein Lemmen, ehemaliger Gelderner CDU-Fraktionsvorsitzender, vor großem Publikum im brechend vollen Saal der Gaststätte Alt Veert die mangelnde Erfahrung auf, die Sven Kaiser im Verwaltungsgeschäft habe. In seinem Beruf leite er derzeit 13 Mitarbeiter, die Verwaltung habe 430, "das ist ein Schüppken mehr", sagte Lemmen. Und dann noch der Ratsvorsitz, all die weiteren Posten des Bürgermeisters, juristische Fachthemen: "Wie stellst du dir das vor?"

Offene Ablehnung wurde laut. Bei der Bürgermeisterwahl im September werde Kaiser gegen Amtsinhaber Ulrich Janssen stehen. Dann würden die CDU-Stimmen auf die beiden verteilt, und dann würden die Konkurrenten Jörg Grahl oder Hanneke Hellmann gewinnen, malte ein Sprecher aus. Es solle nur für Kaiser votieren, "wer das sehenden Auges erleben will".

Ein anderer schlug in die gleiche Kerbe. Sven Kaiser sei sicher ein guter Kandidat, aber er würde mit Janssen verglichen. "Das ist die Frage: Wer ist der besser Geeignete?"

Dabei sollte es bei der CDU-Mitgliederversammlung gestern Abend eigentlich nur darum gehen, ob Sven Kaiser von der Parteibasis als CDU-Bürgermeisterkandidat bestätigt wird oder nicht. Doch die "Fragestunde" an ihn geriet zur breiten Diskussion über seine Person und die Vorgeschichte der Kandidatur. Wann er auf die Idee gekommen sei, anzutreten, wurde da mit spitzem Unterton erfragt. Und was er denn Neues in die Wege zu leiten gedenke. Befeuert wurde das durch eine Reihe von Parteimitgliedern, die klar mit Bürgermeister Ulrich Janssen sympathisierten. Der saß als Zuhörer im Saal.

Der Druck der Situation war Sven Kaiser deutlich anzusehen, seiner Ehefrau Michaela am Tisch hinter ihm nicht weniger. Dass er die Zuhörer bei dieser Feuertaufe auf dem parteipolitischen Parkett mit Überzeugungskraft und Eloquenz von den Stühlen gerissen hätte, wäre zu viel gesagt. Treffender wäre: Er schlug sich tapfer.

Er verwies darauf, dass er durchaus Verwaltungserfahrung habe, "und die Ausbildung zum Bürgermeister gibt es ja nun mal nicht". Man brauche keinen Juristen als Rathaus-Chef - jede Stadt kaufe sich juristischen Rat ein. Was seine "neuen Ziele" seien: "Dass ich einen anderen Ansatz habe, wie das Zusammenspiel zwischen Bürgern, Rat und Verwaltung funktioniert." Mängel auf diesem Feld seien ja vielleicht ein Grund, warum man überhaupt einen neuen Kandidaten brauche. Und natürlich wisse er, "dass das eine wahnsinnige Arbeit ist, die da auf mich zukommt".

Kaiser stand jedoch nicht allein da. Ein Redner hielt eine flammende Ansprache über sein Führungstalent. Ein anderer sagte, viele Bürger seien Kaiser wohlgesonnen, und mit der CDU hinter sich habe er beste Chancen bei der Bürgermeisterwahl. Schließlich fand auch Kaiser selbst zu seinem Charme zurück: "Ich weiß wirklich - wirklich! - wie schwierig die Situation ist. Ich kann Ihre Bedenken verstehen", wandte er sich an die Kritiker.

Als Parteichef Stefan Wolters nach dem Wahlgang das Ergebnis verkündete, brandete lauter Applaus auf. Er hoffe, sagte Sven Kaiser, dass die Spaltung der CDU bald ein Ende haben könnte. Noch vor diesen Worten aber hatten nicht wenige Besucher zügig den Saal verlassen.

(RP)
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