Wachtendonk Verlorene Orte im alten Wasserwerk

Wachtendonk · Thomas Jorissen zeigt in Wachtendonk Fotografien von Gebäuden und Landschaften. Wie die Natur sich Räume zurückerobert und welche Rolle Emotionen spielen. Der Hauptberuf des Künstlers hat einen Einfluss.

 Thomas Jorissen hat mit seinen Fotografien verlassenen Orten und Landschaften neues Leben eingehaucht.

Thomas Jorissen hat mit seinen Fotografien verlassenen Orten und Landschaften neues Leben eingehaucht.

Foto: gerhard Seybert

Das alte Wasserwerk in Wachtendonk ist umgeben von schöner und wilder Natur. Wenn es die Gruppe "Aqua" nicht gäbe, wäre das alte Wasserwerk vielleicht auch schon ein sogenannter "Lost Place" geworden. Das sind Orte, an denen mal das Leben pulsierte, die dann aber verlassen wurden. Stück für Stück werden diese Orte von der Natur zurückerobert. Sie werden erst von außen überwachsen, und dann wird auch der Innenbereich eines Gebäudes zum Beispiel durch kaputte Fenster immer mehr von der Natur in Beschlag genommen.

Thomas Jorissen hat schon vor vielen Jahren damit begonnen, solche Orte aufzusuchen. Er fotografiert sie nicht nur, sondern er nimmt auch ortsspezifische Materialien mit: kleine Hölzer, Gips, Steinmehl, Staub, Asche oder Erde. Diese Materialien arbeitet er in seine Bilder ein. Auch wenn dann im Laufe der Jahre diese Bauten nicht mehr existieren, so bleiben Teile davon in seinen Bildern erhalten. Er zeigt sie im alten Wasserwerk in zwei Abteilungen: "Raumbilder" und "Landschaftsräume".

Viel wichtiger noch als das Erhalten von Erinnerungen sind Jorissen jedoch die Emotionen und die Kraft, die von derartigen Räumen ausgehen. Wenn er einen solchen Raum betritt, ganz egal, wie verfallen und verlassen dieser Ort auch sein mag, dann spürt er immer noch diese Kraft und Schönheit des Raumes. Es ist die bauliche Qualität, die auch mit zunehmendem Verfall nicht abnimmt. Vielleicht mag es auch der Tatsache geschuldet sein, dass Jorissen hauptberuflicher Architekt ist. Doch auch bei Landschaften empfindet er es ähnlich. Betrachtet er Landschaften, so entstehen Emotionen, Formen und Dinge, die sich zu einem Gesamtkunstwerk zusammenfügen.

In einem Film zeigte Jorissen dem Publikum Fotografien, die er sowohl von Landschaften als auch von Gebäuden gemacht hat. Dazu wurde das Lied von John Cage "Imaginary landscape Nr. 1" abgespielt. Es wirkte schwer und bedrohlich. Teilweise wie ein heftiges Gewitter. Auf den Bildern waren kahle Baumkronen zu sehen, die sich wie dünne Ärmchen in den Himmel reckten. Dazu kamen Bilder aus dem Gebäudeinneren, in denen sich freigelegte Eisen ebenso andächtig nach oben zu strecken schienen. Bei den Bildern der Innenräume wie auch bei den Landschaften haben die Motive jeweils einen realen Bezug. Doch es werden nie so große Teile des Ganzen gezeigt, dass man sofort sieht, worum es geht. Man muss sich vor die Leinwand stellen, die Strukturen erfühlen, sich auf die Reise begeben, um diesen Orten nachspüren zu können.

So vereint Jorissen mehrere Dimensionen in einem Bild. Und als ob es ein Zeichen der Natur an den Künstler sein sollte, haben sich während der Ausstellungseröffnung zwei kleine Vögel ins alte Wasserwerk verirrt. Aufgeregt lauschten sie den Klängen des Liedes von John Cage.

(sina)
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