Geldern Stück über Misstrauen und Miteinander

Geldern · Am 8. Mai, am Tag des Gedenkens an das Kriegsende vor 70 Jahren, wird in der Heilig-Geist-Kirche Geldern "Us and Them" von David Campton aufgeführt. Thematisiert werden dabei die Mauern im Kopf, die zum Krieg führen können.

 Generalprobe in schwarzer Kleidung und mit weißen Gesichtern in der Heilig-Geist-Kirche in Geldern. Regisseur Mark Seebürger gibt Anweisungen.

Generalprobe in schwarzer Kleidung und mit weißen Gesichtern in der Heilig-Geist-Kirche in Geldern. Regisseur Mark Seebürger gibt Anweisungen.

Foto: Olaf Ostermann

Zwei Gruppen in schwarzer Kleidung mit weiß geschminkten Gesichtern stehen sich gegenüber. Es wird getuschelt. Katrin Bosch gibt das nächste Stichwort: "Hackfleisch". Aus der einen Ecke klingt es sofort entrüstet: "Wollen wir, dass sie uns zu Hackfleisch machen?" "Es heißt sie oder wir" ruft eine andere Stimme kampfeslustig.

"Sie", das ist die eine Seite vom englischen Stück "Us and Them" des Autors David Campton. Gespielt wird das am Freitag, 8. Mai, in der Heilig-Geist-Kirche Geldern. Katrin Bosch ist auf den Einakter durch ihr Fairnessprojekt gestoßen. Die Diplomsportlehrerin und langjährige Trainerin und Vereinsvorsitzende beim VC Eintracht Geldern beschäftigte das soziale Miteinander von Kindern und Jugendlichen in Vereinen. Aus der Fragebogenaktion zum Thema Fairness erwuchs die Idee, gemeinsam mit Jugendlichen etwas auf die Beine zu stellen. Treibende Kraft war Michelle Wiescher, die gemeinsam mit ihrer Mutter auf der Bühne steht. Um sich professionelle Unterstützung zu holen, wurde der Düsseldorfer Theaterregisseur Mark Seebürger mit ins Boot geholt.

Der sah sich gleich zwei Herausforderungen gegenüber: ein für ihn bisher unbekanntes Stück und Schauspieler ohne Erfahrung. Im Schnelldurchlauf brachte er den 14 Nachwuchsschauspielern das nötige Rüstzeug bei und ist kurz vor der Generalprobe voll des Lobes. Noch lebendiger sei die Umsetzung geworden. "Wahnsinnig spannend" findet der Regisseur und Theaterpädagoge die Altersunterschiede der kleinen Schauspielgruppe.

Auf der Mitte der Bühne haben Kurt Rentelmann, 81 Jahre, und Helgard Jürgens, 83 Jahre, auf Stühlen Platz genommen. Sie sind der ruhende Pol im Stück und auch Zeitzeugen. Am Tag der Aufführung in der Heilig-Geist-Kirche, am Freitag, 8. Mai, wird an das Kriegsende vor 70 Jahren gedacht. Krieg und Frieden, darum geht es auch in dem Stück "Us and Them".

Allerdings hat Katrin Bosch das Stück ein bisschen umgeschrieben. "Das eigentliche Stück endet sehr negativ", sagt die Co-Regisseurin. Nachdem die beiden Gruppen auf der Bühne voller Misstrauen übereinander herfallen, wird Peter Busch als Chronist die Worte verlesen: "Die Chronik wird geführt, damit eines Tages irgendwo irgendjemand etwas daraus lernt." Bei Katrin Bosch ist das Stück aber nicht zu Ende. Es folgt ein Gänsehautmoment. Nach der Schlacht ertönt von irgendwoher Geigenmusik. Die Geschwisterkinder Willow und Linus Reichenbach treten vor die Gruppe der vom Kampf Versehrten. Sie sind die Hoffnungsträger. "Die Hoffnung sitzt immer auf den Jugendlichen. Meine Hoffnung ist, dass sie es irgendwann schaffen, dass Frieden ist oder dass sie es zumindest immer wieder versuchen", sagt Katrin Bosch. Die Mauer, die beide Gruppen übrigens in "Us" und "Them" teilt, die existiert nur in den Köpfen. Die Schauspieler verzichteten auf eine Mauer aus sichtbarem Material. Einmal mehr wird deutlich: Die Mauer aus Misstrauen erwächst in den Köpfen. Die Gruppe aus Laienschauspielern bringen mit "Us and Them" ein sehr nachdenkenswertes Stück auf die Bühne, emotional und kurzweilig. "Vielleicht sagt man in einer Stunde mehr als in drei", sagt Katrin Bosch tiefsinnig zu Camptons Werk aus dem Jahr 1972.

(bimo)
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