Straelen Straelen zeichnet Übersetzer aus

Straelen · Preisverleihung im Atrium des Europäischen Übersetzer-Kollegiums. Hauptpreis für Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel. Förderpreis geht an Thomas Weiler. Heiterkeitsausbrüche bei den Gästen der Feierstunde.

 Fritz Behrens (2.v.r.) überreichte die Übersetzerpreise an (v.l.) Frank Heibert, Thomas Weiler und Hinrich Schmidt-Henkel.

Fritz Behrens (2.v.r.) überreichte die Übersetzerpreise an (v.l.) Frank Heibert, Thomas Weiler und Hinrich Schmidt-Henkel.

Foto: Gottfried Evers

Das Lachen nahm schier kein Ende im Atrium des Europäischen Übersetzer-Kollegiums (EÜK). Man wähnte sich auf einer Comedy-Veranstaltung. Die Quelle der Heiterkeit waren Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel. Sie zitierten aus ihrer Übersetzung von Raymond Queneaus "Exercices de style" (Stilübungen), sorgten so für den humoristischen Höhepunkt bei der Verleihung des Straelener Übersetzerpreises 2017 und werden manchen Zuhörer animiert haben, sich dieses Werk zu kaufen und in den Bücherschrank zu stellen.

Denn genau dorthin, und zwar ganz nach oben, gehört nach Meinung von EÜK-Präsident Claus Sprick nicht nur diese Veröffentlichung, sondern auch alle anderen 22 geehrten Bücher, die von der Kunststiftung NRW und dem EÜK seit 2001 den bedeutendsten Preis für literarische Übersetzer im deutschsprachigen Raum zuerkannt bekamen. In diesem Jahr geht der Hauptpreis an Heibert und Schmidt-Henkel für ihre Übertragung von Queneaus "Stilübungen" und für ihr Lebenswerk.

Den Förderpreis bekommt Thomas Weiler, der den Roman "Paranoia" von Viktor Martinowitsch aus dem Weißrussischen ins Deutsche übersetzt hat. "Die bisherigen Preisträger sind Vorbilder ihrer Zunft", sagte Sprick zur Begrüßung. Es werde eine "Wahnsinnsarbeit" mit dem Preis gewürdigt, der mit 25.000 beziehungsweise 5000 Euro erfreulich hoch dotiert sei. Und das sei gut so angesichts der nach wie vor dürftigen Honorare für Übersetzer, wie Sprick betonte.

Jurymitglied Ulrich Blumenbach würdigte Weiler und meinte, er habe im "Wettkampf der Spitzenwortler" die Latte sehr hoch gelegt. Man sei gespannt auf seine künftigen Übersetzungen. Kristof Magnusson, ebenfalls Mitglied der fünfköpfigen Jury, charakterisierte die Übersetzung von Heibert und Schmidt-Henkel als präzise und wild. "Sie feiert auf jeder Seite den Reichtum der deutschen Sprache." Und es werde die Unterschiedlichkeit der Queneau-Miniaturen deutlich. An den beiden "Starübersetzern", bemerkte später Laudatorin Rebekka Kricheldorf, komme kein literarischer Mensch vorbei.

Einen vergnüglichen Einblick in ihre Arbeit und deren Ergebnisse gaben die Hauptpreisträger in ihrem Vortrag. Mit "Oh" und "Ah" und "Mmh" zogen sie ins Atrium ein. Diese Ausrufe waren eine der Stilformen, die Queneau in seinem Werk durchspielt. Doch nicht nur mit Interjektionen riefen Heibert und Schmidt-Henkel Schmunzeln und Lachen hervor. Virtuos und ergötzend lieferten sie die Texte unter anderem mit Anagrammen (Buchstabenvertauschungen), Lipogrammen (Buchstabenverzicht), Italianismen und bäurischer Redeweise, in diesem Falle auf Bayerisch. Mit Jubel reagierten die Gäste auf die Vorführung.

Fritz Behrens, Präsident der nordrhein-westfälischen Kunststiftung, nahm die offizielle Preisverleihung an die drei Übersetzer vor. Und Laudatorin Rebekka Kricheldorf ließ keinen Zweifel daran, wen sie auf eine einsame Insel mitnehmen würde: den Autor oder den Übersetzer. "Ein Autor ist ein Egomane. Ein Übersetzer widmet seine Aufmerksamkeit einem fremden Werk. Das ist ein empathischer Prozess."

(RP)
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