Geldern Stadt: Größeres Asylheim - weniger Ärger

Geldern · An der Flüchtlingseinrichtung an der Walbecker Straße wird weiter gebaut. Anwohner sind verärgert: Sie wussten nichts von der Erweiterung. Die Stadt will Bedenken entkräften und verspricht: Probleme, die es gibt, werden weniger.

Die Flüchtlingskoordinatorin Melanie Lattek, Hans Bollen vom Ordnungsamt und Bürgermeister Sven Kaiser (v.l.) an der Einrichtung. Der graue Neubau ist links zu sehen, hinten die alte Gaststätte, die derzeit ausgebaut wird.

Die Flüchtlingskoordinatorin Melanie Lattek, Hans Bollen vom Ordnungsamt und Bürgermeister Sven Kaiser (v.l.) an der Einrichtung. Der graue Neubau ist links zu sehen, hinten die alte Gaststätte, die derzeit ausgebaut wird.

Foto: Gerhard seybert

Der Neubau neben den beiden vorhandenen Häusern für Flüchtlinge an der Walbecker Straße ist so gut wie bezugsfertig. 116 Menschen leben derzeit in der Unterkunft, sehr beengt vom Keller bis unters Dach. 27 von ihnen sollen bald in den Neubau umziehen. "Wir sind so voll belegt - wir wollen das entzerren", erklärt Hans Bollen vom Gelderner Ordnungsamt.

Mitte des Jahres hat die Stadt gleich nebenan ein weiteres Haus, eine ehemalige Gaststätte, dazugekauft. Auch dieses wird ausgebaut und erweitert.

Bei Nachbarn löst das Ärger aus, denn sie waren nicht informiert worden. "Was soll da entstehen?", fragt Anwohner Hans-Günter Heckmann. "Warum spricht keiner mit uns? Da wird einfach gebaut." Und seine Ehefrau Petra ist besorgt: "Wir wollen doch keine Ghettos! Und jetzt bauen sie da weiter?" Und das auch noch "still und heimlich", beklagt sie. Wie viele Leute sollten denn am Standort in Zukunft noch unterkommen?

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Foto: Dieter Weber

Bürgermeister Sven Kaiser will den Nachbarn ihre Bedenken nehmen: Tatsächlich solle für alle Beteiligten vieles besser werden. "Wahrscheinlich dachten die Leute, dass durch das neue Haus weitere Personen hier hinkommen. Aber das ist nicht der Fall: Die Gesamtzahl der Personen ändert sich nicht", betont er. Auch in die ehemalige Gaststätte sollen nicht zusätzliche Bewohner ein-, sondern 20 bis 30 Bewohner aus den bestehenden Gebäuden umziehen. Allenfalls rasch unterzubringende Schutzsuchende sollen die Gesamtzahl von etwa 116 Personen in Zukunft kurzfristig verändern können.

Die Verantwortlichen legen darauf großen Wert. Denn rund um die Unterkunft an der Walbecker Straße gibt es zwar nur eine Handvoll Anwohner, aber die machen klar, dass sie durch die Einrichtung durchaus Nachteile haben. Im Sommer sei es bis spät in die Nacht laut: "Inakzeptabel", sagt eine Nachbarin, "katastrophal", findet eine andere. Und es fliege leider auch immer wieder Müll herum, gelegentlich bis in Gärten. Man wolle den Menschen nichts Böses, macht Hans-Günter Heckmann deutlich. "Aber wir möchten auch nicht, dass bis zwei Uhr nachts Palaver ist."

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Foto: dpa, awe

Gerade das Problem mit der Lautstärke kennt man bei der Stadtverwaltung gut: Angesichts der Enge drinnen spielt sich das Leben draußen ab, wenn es warm ist. Das Ordnungsamt musste in der Vergangenheit oft ausrücken. Aber durch mehr Platz in den neuen Häusern könnte sich die Lage schon entspannen, meint Hans Bollen. Und: "Wir haben jetzt Hausmeister im Schichtdienst, die bis 22 Uhr da sind." Das wurde im Spätsommer eingeführt, "und seit August haben wir keinen Einsatz mehr hier gehabt".

Probleme gibt es auch, weil der Wendehammer der Anwohnerstraße derzeit für Kinder der komfortabelste Bereich ist, um zu spielen, Tretautos zu fahren und Bälle zu kicken. Abhilfe soll ein großer, gepflasterter Hof schaffen, der hinter dem Neubau, also von den Nachbarn durch die Gebäude abgeschirmt, entstanden ist. "Das Leben soll sich von den Anwohnern weg auf die andere Seite verlagern", sagt Markus Grönheim vom Sozialamt. Auch ein kleiner Spielplatz ist da geplant. Und nicht zuletzt werde in Zukunft vor Ort Sozialarbeit stattfinden; für Anwohner und Flüchtlinge eine Anlaufstelle.

Was herumfliegenden Müll betrifft: Dieses Problem hält die Stadt für weniger dramatisch. Man habe einen Behälter für Sperrmüll aufgestellt. Und unter den Bewohnern gebe es Helfer, die gegen eine Aufwandsentschädigung für Ordnung sorgten - eigentlich sollte die Sache im Griff sein, meint die Stadt.

Nachbarn wie den Eheleuten Heckmann ist es wichtig, dass ihre Anliegen ernstgenommen werden. "Die Leute kommen, und die müssen untergebracht werden" - das sei klar, sagt Hans-Günter Heckmann. Seine Frau und er sind betroffen von der Flüchtlingsnot der vergangenen Monate, sie wollen keine schlechte Stimmung gegen die Menschen machen, betonen sie. "Das sind arme Leute", so Petra Heckmann. "Aber warum versteht uns keiner?"

Die Stadt wiederum will signalisieren, dass sie durchaus verstanden hat und dass man etwas tut. "Wir möchten an die Leute appellieren, dem neuen Konzept eine Chance zu geben", so Stadt-Sprecher Herbert van Stephoudt. Bürgermeister Kaiser kündigte an, die Anwohner einzuladen, wenn alles fertig ist, "um Fragen im Dialog zu beantworten".

(RP)
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