Anekdoten aus 100 Jahren

Einige Mitglieder des SV Herongen aus der Neugründungszeit des Vereins nach dem Zweiten Weltkrieg ließen mit netten Geschichten die Vergangenheit wieder lebendig werden.

"100 Jahre. Mein Verein." Unter diesem Motto feiert der SV Herongen in diesem Jahr sein großes Jubiläum. An einer Festschrift wird derzeit fleißig gearbeitet. Deswegen trafen sich Willy Köhler und Stefan Driesch vom Festschrift-Team jüngst mit den langjährigsten Mitgliedern des Vereins. "Wir wollten einmal sehen, welche alten Geschichte auf diese Weise wieder ans Tageslicht kommen. Vieles ist ja mittlerweile in Vergessenheit geraten", erläuterte Köhler das Unterfangen.

Viele Mitglieder aus der Stunde der Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg waren gekommen. So sind Helmut Crienen, Wilhelm Voges und Jakob Stiels bereits seit 1946 im Verein, ein Jahr später stieß Heinz Köster hinzu. "Ich sollte mich im Ruhrgebiet auf der Zeche melden. Das wollte ich nicht und bin deshalb zu meinem Bruder nach Broekhuysen abgehauen", erinnerte sich Köster. Nachdem unter den Nationalsozialisten im Zuge der sogenannten Gleichschaltung lange kein Vereinsleben außerhalb der NS-Organisationen erlaubt war, war man sich in Herongen schon bald nach Kriegsende einig und wollte wieder Fußball spielen.

Doch aller Anfang ist schwer. So wurde also, nachdem es in der Vorkriegszeit mit der DJK und Germania Herongen wahrscheinlich noch zwei Vereine gegeben hatte, so genau weiß man das nicht mehr, kurzerhand der SV Herongen aus der Taufe gehoben. Ein neuer Sportplatz musste dazu gebaut werden. Und so krempelten die Mitglieder selbst die Ärmel hoch und errichteten am heutigen Standort erstmals ein Fußballfeld.

Noch bevor dieses fertiggestellt war, fand in Herongen auf dem Buschberg das erste Fußballspiel nach dem Krieg statt. "Wir haben gegen eine Polizeiauswahl aus Köln gespielt, die in der Nähe auf Fortbildung waren und zwar mit einem ganz besonderen Ball", grinste Helmut Crienen. Diesen hatte er persönlich von den englischen Besatzungstruppen stibitzt. Selbst als der neue Sportplatz 1947 endlich fertig war, blieben die Verhältnisse bescheiden. "Wir haben uns draußen umgezogen und hatten einen einzigen Wasserkran für alle", berichtete Jakob Stiels. Weitere schöne Geschichten aus der Vergangenheit folgten. So war das Grundstück von einem hiesigen Landwirt gepachtet, und als der Verein einmal mit der Pacht in Rückstand war, fackelte Bauer Dickhoff nicht lange und pflügte einmal quer über das Spielfeld. "Danach haben wir die Furche notdürftig selbst mit Hand und Spaten geschlossen, und es wurde gespielt", lachten die ehemaligen Fußballer.

Am 6. Juni 1949 schließlich, die Bundesrepublik war gerade wenige Wochen alt, ereignete sich ein weiteres prägnantes Ereignis. Eine Gruppe von Kirmesboxern hatte sich angekündigt und kurzerhand einen Boxring auf dem Sportplatz errichtet. Vor Hunderten von Zuschauern zeigten sie ihr Können. Dass es danach Ärger mit dem Amateurboxverband gab, macht diese Episode aus heutiger Sicht noch interessanter."

Noch lange saß die Runde der älteren Vereinsmitglieder an diesem Tag zusammen. Vieles von dem, was sie sich zu erzählen hatten, wird auch in der Festschrift enthalten sein.

(RP)
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