Geldern Schul-Entscheidung gegen den Protest

Geldern · Hunderte Eltern und Kinder haben gestern Abend gegen die Planung der Stadt Geldern zur Gründung einer Gesamtschule demonstriert. Die Politiker wehrten sich erbost gegen den Vorwurf, sie hätten die Kritiker nicht angehört.

 Vor dem Rathaus fordern Sekundarschüler die "Gesamtschule durch Umwandlung". Fleuth-Realschüler tragen Mundschutze, halten bunte Plakate.

Vor dem Rathaus fordern Sekundarschüler die "Gesamtschule durch Umwandlung". Fleuth-Realschüler tragen Mundschutze, halten bunte Plakate.

Foto: Seybert

Sätze wie "Unsere Schule darf nicht sterben" standen auf den Bannern und Transparenten der Kinder: "Die Fleuth nicht an den Westwall zwingen, gemeinsam um bessere Lösungen ringen", und: "Standortwechsel nein danke". Sekundarschüler hatten Papiertüten mit dem Wort "Versuchsobjekt" beschriftet und über die Köpfe gezogen. Das sollte verdeutlichen, dass ihre individuellen Schicksale nicht gesehen würden. Realschüler trugen weiße Mundschutze. "Wir lassen uns nicht den Mund verbieten", erklärte ein Mädchen, was das zu bedeuten hatte.

Vor dem Rathaus formierten sich gestern Abend Erwachsene und Kinder zu einer Demonstration vor der Sondersitzung des Schulausschusses, in der es um die Gründung der Gesamtschule ging. Im Sitzungssaal und vor den Fensterwänden drängten sich später etwa 400 bis 500 Menschen, jeder Winkel war besetzt, Kinder durften an den Ratstischen Platz nehmen.

In angespannt-unzufriedener Stimmung votierten die Politiker einstimmig für die Schulgründung und das gesamte angedachte Maßnahmen-Paket, das sie begleiten soll. Das sind wie berichtet: die Verkleinerung der Realschule an der Fleuth auf künftig zwei Klassen pro Jahrgang, ihr schrittweiser Umzug in die Gebäude am Westwall, die Beschränkung der Aufnahme-Zahlen an den Gymnasien, die Auflösung der Sekundarschule.

 Vorm Start der Ausschuss-Sitzung: Menschenmenge vor den Fensterwänden, Kinder sitzen an Ratstischen.

Vorm Start der Ausschuss-Sitzung: Menschenmenge vor den Fensterwänden, Kinder sitzen an Ratstischen.

Foto: Zehrfeld

Einen Zusatz brachten die Politiker noch ein: Der Bau am Westwall soll so saniert werden, dass er "weitestgehend dem Stand eines Neubaus" entspricht.

Die Politiker bemühten sich zu vermitteln, wie schwer sie es sich mit dieser Entscheidung gemacht hätten. Man habe alle Möglichkeiten abgewogen, und es gebe nun mal ein "enges Korsett" für die Schulentwicklung, sagte Fred Backus (CDU). Er hoffe, dass mit der angepeilten Strategie alle Schulen "leben können".

Es sei "sicher eine der schwierigsten Entscheidungen, die dieser Ausschuss zu treffen hat", ergänzte Lucas van Stephoudt (FDP). Eine ideale Lösung bleibe Geldern verwehrt, Kompromisse seien schmerzlich.

Andreas van Bebber (SPD) räumte ein, der Weg werde nicht leicht, und er werde "einigen etwas mehr abverlangen".

Zugleich wehrten die Politiker sich vehement gegen Unverständnis und Vorwürfe. Es sei eine "Unverschämtheit" und "nicht hinnehmbar", ihnen zu unterstellen, sie seien nicht gesprächsbereit, ärgerte sich Lucas van Stephoudt. Prompt tönten Buh-Rufe aus dem Publikum, und van Stephoudt reagierte: "Damit kann ich gut leben." Auch Fred Backus betonte vergeblich: "Jeder hatte die Möglichkeit, sich einzubringen."

Zu den Bürgern im Saal drangen die Ausschussmitglieder mit ihrer Botschaft nicht durch. Nach der Beratung folgten viele Fragen von Erwachsenen und noch mehr von Kindern, die immer wieder eines deutlich machten: Sie verstehen weder, noch glauben sie, dass dies der beste Weg sein soll, der für ihre Interessen zu erreichen war.

Der Schulausschuss des Stadtrates ist für die Entscheidung federführend zuständig. Der Rat muss den Beschluss aber noch verabschieden.

(RP)
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