Tim Van Hees-Clanzett Online-Handel nicht pauschal verteufeln

Geldern · Er tritt mit 35 Jahren die Nachfolge von Ute Stehlmann an: Tim van Hees-Clanzett. Er sieht Geldern auf einem guten Weg, wenn Händler, Eigentümer, Politik und Verwaltung enger zusammenarbeiten. Von H & M verspricht er sich ein Plus an Kaufkraft.

Er tritt mit 35 Jahren die Nachfolge von Ute Stehlmann an: Tim van Hees-Clanzett. Er sieht Geldern auf einem guten Weg, wenn Händler, Eigentümer, Politik und Verwaltung enger zusammenarbeiten. Von H & M verspricht er sich ein Plus an Kaufkraft.

Gelderns Rat hat in seiner jüngsten Sitzung nicht lange gebraucht, um Sie zum neuen Wirtschaftsförderer zu wählen. Glückwunsch.

Tim van Hees-Clanzett Danke. Das hat mich sehr gefreut. In den vergangenen Jahren habe ich schon intensiv mit Ute Stehlmann zusammengearbeitet. Wir haben uns fachlich immer eng ausgetauscht, und ich konnte viel von ihr lernen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Wo sollen denn die Schwerpunkte Ihrer künftigen Arbeit liegen?

van Hees-Clanzett Im Prinzip müssen wir da über einen ganzen Strauß an unterschiedlichen Maßnahmen sprechen. Die ersten Projekte des Integrierten Handlungskonzeptes laufen, wo rund acht Millionen Euro in eine attraktivere Innenstadt zum Wohlfühlen gesteckt werden. Wir müssen uns weiterhin über das Leerstandsmanagement Gedanken machen. Hier stehen wir nicht so eng in Kontakt zu Eigentümern und Maklern, wie wir es idealerweise sein sollten. Wir müssen uns da gegenseitig früher austauschen, wovon beide Seiten profitieren würden.

Wie sollen weitere Maßnahmen aussehen?

van Hees-Clanzett Wir müssen Inhaber-geführte Geschäfte stärken, um Geldern ein eigenes Gesicht zu geben und uns von den umliegenden Kommunen abzuheben. Ich könnte mir da, ohne jetzt schon allzu sehr ins Detail gehen zu können, beispielsweise einen Einzelhandelsgründungs-Wettbewerb vorstellen, der die Scheu vor finanziellen Risiken nimmt und Hilfe bei der Realisierung des Online-Handels anbietet.

Sie sprechen gerade den Online-Handel an: Amazon & Co nehmen mittlerweile vielen Einzelhändlern doch Einiges an Umsatz weg.

van Hees-Clanzett Wer ein Spezialprodukt anbietet, zu dem werden auch weiterhin die Kunden direkt kommen. Doch man darf auch den Online-Handel nicht pauschal verteufeln, weil er auch Chancen bietet. Ein Beispiel aus Mönchengladbach: Dort haben sich nach einer gewissen Vorlaufzeit circa 80 bis 85 Einzelhändler auf einer lokalen E-bay-Plattform zusammengeschlossen und ihre Waren präsentiert. Im Endeffekt hat das dann eine Million Euro zusätzlichen Online-Umsatz gebracht.

Wäre ein solches Beispiel auf Geldern übertragbar?

van Hees-Clanzett Eins zu eins ganz sicher nicht. Aber es zeigt, dass es auch für Einzelhändler einen zweiten Weg gibt, bei dem wir oder die IHK oder sogar beide helfen sollten.

Was erwarten Sie sich von der Eröffnung von H & M?

van Hees-Clanzett Davon verspreche ich mir schon einiges. So bräuchte beispielsweise ein Kevelaerer künftig nicht mehr nach Venlo oder Kleve zu fahren, um dort einkaufen zu gehen. Diese Ware kann er dann auch in Geldern haben. Insofern verspreche ich mir davon schon eine zusätzliche Kaufkraft.

Zumal ja auch beim Kapuziner-Tor irgendwann ja mal Baubeginn sein sollte. Wann eigentlich?

van Hees-Clanzett Derzeit prüfen die zuständigen Behörden noch die Bodenfunde. Da müssen wir noch etwas abwarten. Aber aus meiner Sicht kann es natürlich nicht früh genug losgehen. Durch H & M sowie das Kapuziner-Tor wird die untere Marktlage enorm aufgewertet, was natürlich auch zu veränderten Kundenströmen führen wird.

Geldern also vor dem Comeback als Einkaufsstadt?

van Hees-Clanzett Die Tendenz bei den sogenannten Mittelzentren wie Geldern sieht leider anders aus. Der Pro-Kopf-Umsatz im dortigen Einzelhandel ist rückläufig. Aber genau deshalb ist es ja so wichtig, mit verschiedenen Maßnahmen dagegenzuhalten. Zumal der Leerstand in Geldern noch nicht so ausgeprägt ist wie in vergleichbaren Kommunen.

Trotzdem wird in Geldern vieles schlecht geredet.

van Hees-Clanzett Das scheint mir aber nicht nur in Geldern der Fall zu sein. Auch andere Kommunen machen die Erfahrung, dass Touristen die Städte wesentlich attraktiver finden als die Einheimischen. Aber vielleicht ändert das sich ja etwas, wenn die Maßnahmen des Integrierten Handlungskonzeptes abgeschlossen sind. Das wäre doch ein schöner Anfang.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE LUTZ KÜPPERS.

(RP)
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