Geldern Neuer Stoff für die Steprather Mühle

Geldern · Die schokobraunen Segel sind gesetzt. Der Westwind drückt das zehn Meter lange Kunststofftuch gegen die Holzsparren. Kaum hat Müller Jan Schönmackers die Metallkette am Boden gelöst, kommt Schwung in die 16 Meter langen Flügel der ältesten voll funktionierenden Windmühle Deutschlands in Walbeck.

Zum Auftakt der Sommersaison und zum Start in das Jubiläumsjahr der Steprather Mühle kam jetzt die Neuanfertigung aus den Niederlanden. Der Vorsitzende des Fördervereins, Jürgen Arntz, hatte den niederländischen Segeltuchmacher Marc Crins mit der Maßanfertigung beauftragt. "Das Reparieren des alten Tuchs wäre teurer geworden als das neue", begründet Arntz die Entscheidung, nach dem Neuanstrich des Denkmals weitere 2700 Euro zu investieren. "Der alte Stoff dürfte mindestens 15 Jahre lang gehalten haben, aber jetzt war das Gewebe derart morsch, dass wir mit jedem Handgriff befürchten mussten, dass es einreisst."

Im Gegensatz zu früher, als das Segeltuch aus einem Baumwoll-Leinengemisch mit Leinöl eingerieben und mit Eichenlohe eingefärbt wurde, bediente sich der Segeltuchmacher einer witterungsfesten Kunstfaser. Marc Crins ließ es sich nicht nehmen, sein Handwerksstück persönlich zu verknoten. Mit der Begründung: "Ich habe keine anderen Schuhe dabei", kletterte er in Holzschuhen die Flügel bis zur obersten Sprosse hinauf, das Ende der Seilbespannung um die Brust gespannt. In luftiger Höhe angelangt, verknotete der 34-Jährige das Ende des braunen Tuchs, so dass der Müller und sein Lehrling künftig nur noch von unten das Segel wie einen Vorhang zusammenfalten müssen. Mehr als zehn Stunden hat Marc Crins pro Segel mit Spezialgarn genäht, bis es mit einem fingerdick gedrechselten Seilrand zum Abtransport bereit lag.

Jan Schönmackers zieht die Stirn kraus: "Hoffentlich picken die Krähen und Dohlen nicht bald an den Seilen wie an den alten. Die brauchen jetzt nämlich Nistmaterial." Doch bis dahin dürfte der 78-jährige Müller noch einige Male Läufer- und Bodenstein in Bewegung gebracht haben. "Je nach Windstärke rechnen wird mit 14 bis 17 Flügelumdrehungen pro Minute. Bei einer Übersetzung von eins zu sieben haben die Mühlsteine sich dann rund 100 bis 120 um die eigene Achse gedreht."

(RP)
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