Geldern Mit Turban kein Zutritt in die JVA Pont

Geldern · Enttäuschung bei Narinder Singh Ghotra und Kewal Singh: Die Sikhs wollten einen Verwandten im Gefängnis in Pont besuchen. Dafür sind sie aus Frankfurt an den Niederrhein gefahren. An den Gefängnistoren endete ihr Vorhaben.

 Narinder Singh Ghotra (r.) und sein Schwager Kewal Singh vor der Justizvollzugsanstalt in Geldern-Pont. Da sie ihre Turbane aus religiöser Überzeugung nicht ablegen konnten, erhielten die beiden keinen Zutritt ins Gefängnis.

Narinder Singh Ghotra (r.) und sein Schwager Kewal Singh vor der Justizvollzugsanstalt in Geldern-Pont. Da sie ihre Turbane aus religiöser Überzeugung nicht ablegen konnten, erhielten die beiden keinen Zutritt ins Gefängnis.

Foto: see

Ziemlich fassungslos stehen Narinder Singh Ghotra und sein Schwager Kewal Singh vor der JVA in Pont. Mehr als drei Stunden Autofahrt haben sie hinter sich, Kewal Singh ist sogar extra aus New York über Frankfurt am Main nach Geldern gekommen, um seinen Cousin im Gefängnis zu besuchen. Zehn Jahre haben sie sich nicht gesehen.

Doch ein Wiedersehen gibt es an diesem Tag letztendlich nicht. "Wir sollten unseren Turban abnehmen. Aber das geht nicht. Ein Sikh ohne Turban - das geht nicht", erklärt Ghotra die Situation. Der Turban sei nicht einfach so abzunehmen, wie einen Hut: "Ich müsste den komplett auseinander nehmen. Wie soll ich das wieder binden? Ich brauche einen Spiegel, ich muss das nass machen, das ist ein meterlanges Tuch." Ghotra lebt seit 30 Jahren in Deutschland, ist deutscher Staatsbürger und gehört der Sikh-Religion an. Die kommt ursprünglich aus Indien und hat schätzungsweise 25 bis 27 Millionen Anhänger. Die meisten von ihnen leben in Indien. Zum Selbstverständnis der Sikh gehört auch der kunstvoll gebundene Turban.

Andere Sicherheitskontrollen, zum Beispiel am Flughafen, seien für Ghotra nie ein Problem gewesen. Auch auf dem Foto seines Personalausweises trägt er den Turban. Noch nie sei er aufgefordert worden, den abzunehmen: "Wir sind ja dazu bereit, dass das kontrolliert wird. Gucken, fühlen, das ist alles kein Problem. Es ist gut, dass es Sicherheitskontrollen gibt - für uns alle."

Auch sein Schwager ist überrascht von den Sicherheitsvorschriften im Ponter Gefängnis: "In New York hatte ich noch nie Probleme wegen meines Turbans. Auch bei Besuchen im Gefängnis nicht", erzählt Singh auf Englisch. Von den Mitarbeitern der JVA fühle er sich außerdem unhöflich behandelt. Ghotra ist sichtlich sauer: "Wir sind mit allen Kontrollen einverstanden. Aber den Turban wegtun können wir nicht. Wir sind mehr als 300 Kilometer weit gefahren und werden jetzt einfach weggeschickt."

Auch Gefängnis-Leiter Karl Schwers kann die Situation nicht aufklären. Als er auf dem Parkplatz der JVA mit den beiden Sikhs spricht, kann er ihnen nicht weiterhelfen: "Wir müssen alle Besucher kontrollieren. Dazu gehört, dass sie Kopfbedeckungen abnehmen müssen. Das machen wir bei muslimischen Frauen genauso. Die gehen mit den Mitarbeitern in einen separaten Raum, wo sie vor der Öffentlichkeit geschützt sind und können das dann danach wieder aufziehen." Diese Vorschriften gelten auch für Turbane, sagt der JVA-Leiter: "Wir müssen ja gucken, ob zum Beispiel Waffen oder Rauschgift reingeschmuggelt werden."

Glücklich darüber ist Schwers allerdings auch nicht: "Das tut mir natürlich leid, wenn die Herren so lange gefahren sind, um hierher zu kommen und dann unverrichteter Dinge wieder zurück müssen." Wie er das Thema lösen soll, wisse er allerdings nicht: "Das ist die erste Situation dieser Art in meinen 40 Jahren Dienstzeit. Aber es gibt das sind die Vorschriften."

Die Vorgehensweise der JVA-Mitarbeiter bestätigt auch das nordrhein-westfälische Justizministerium. Die Justiz-Angestellten haben sich nach Aussage eines Sprechers vollkommen richtig verhalten: "Wer mit einem Turban die Anstalt betreten will, muss diesen für die erforderliche Sicherheitsprüfung ablegen."

Auch in anderen Gefängnissen wären die Männer nicht durch die Kontrollen gekommen, ohne den Turban auszuziehen. "Alle Besucher sind ohne Ausnahme darauf hin zu kontrollieren, dass sie keine unerlaubten Gegenstände, wie beispielsweise Waffen, Drogen oder Mobiltelefone in die JVA einführen. Diese könnten auch unter einem Turban verborgen sein und wären - wenn kein Metall enthalten ist - auch mit Metalldetektoren nicht aufzuspüren", heißt es dazu aus dem Justizministerium.

(RP)
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