Geldern Kunst, die Lust auf mehr macht im "PR8"

Geldern · Wer sich jetzt in diese Veerter Galerie wagt, der erlebt Werke mit einer spielerischen, magischen, lustvollen Aura - handwerklich hervorragend gemacht. Heute Abend ist die Vernissage einer Ausstellung, deren Besuch sich lohnt.

 Zwischen Kunstwerken: Galerist Peter Rademacher (vorne) im Garten der Galerie mit Bildhauer "Mo" (links) und Christoph Heek. Es fehlt "Hathi".

Zwischen Kunstwerken: Galerist Peter Rademacher (vorne) im Garten der Galerie mit Bildhauer "Mo" (links) und Christoph Heek. Es fehlt "Hathi".

Foto: Th. Binn

Der Künstler "Hathi" (Bürgerlicher Name: Heinz Thissen) trägt bei seinen Werken, sowohl Bildern als auch Skulpturen, nicht etwa Farbe auf, um zu malen, er trägt sie ab. Seine Technik: Er legt zahllose Schichten Farbe übereinander, lässt sie aushärten und schleift dann Bereiche unterschiedlich tief herunter. Was sich so aus den Farblagen herausschält - Landschaften, Figuren - hat etwas Magisches. Da gleitet der Blick des Betrachters über eine glattpolierte Oberfläche und reicht zugleich durch weiche Wölbungen und Dellen immer in die Tiefe des Objektes.

Vier Männer entführen in der neuen Ausstellung unter dem Titel "2+2+2=4" in der Galerie "PR8" in Veert mit unterschiedlichen, aber jeder für sich lustvoll-experimentellen Ansätzen in ihre künstlerische Welt. Es sind "Hathi", Christoph Heek, "Mo" (Uwe Richnow) und der Galerist selbst, Peter Rademacher.

"Hathi" erlaubt es seinen Werken, in ihrer Vielschichtigkeit ein Eigenleben zu entwickeln. Sie haben einen organischen Touch, oft sind Naturmaterialien die Basis - dürres Geäst, das durch Farbschichten und Schliff zur schlacksigen Statue eines Menschen wird. Impressionistisch anmutende Landschaften, von afrikanischen Stilen inspirierte Figuren in schlenkernder Bewegung. "Er war sehr mobil, war eine Weile in Marokko", erklärt der Galerist Rademacher dazu: "Man kann sehen, wo das Land Einfluss genommen hat."

Christoph Heek präsentiert auf der Empore der Galerie Fotografie, die ebenfalls in die Tiefe geht. Er hat Bücher eingescannt: "Seite für Seite für Seite, immer das ganze Buch" erklärt er. Bildbände, "Die Entdeckung der Langsamkeit" oder ein Telefon-Vorwahlbuch. Die Bilder der Seiten hat er per Computer transparent übereinander gelegt, "so dass man wie bei einer Röntgenaufnahme durch das ganze Buch sehen kann". Was herauskommt, sind mal tausendfach gestapelte, weichgezeichnete Zeilen, mal wolkige Schatten, in die sich Bilder hineinsehen lassen. "Diese Formen sind in den Büchern drin, und keiner sieht sie", sagt Heek. Die Exponate gehören zu seiner Serie "The secret life of books". Heeks jüngere Arbeiten sind ungegenständliche Zeichnungen von Tusche und Graphit. Sie leben von der Spannung zwischen Schwärze und freier Fläche.

Die Werke des Bildhauers "Mo" sind im Außengelände zu finden. Und "Finden" ist das Stichwort für seine Arbeitsweise. "Ich bin eher ein Suchender", sagt er. "Kunst ist für mich immer ein Experiment, ist Neues entdecken." Er lässt sich durch die Ausgangsform seiner Materialien inspirieren - Stein, Holz oder Metall, und spielt ungezwungen mit allem, was in seiner Fantasie darin steckt und hinauswill.

Wie der "Ferrolit-Falter" zum Beispiel: Ein fantastischer Schmetterling, dessen Flügel aus dem Blatt einer rostigen Pflugschar und zartem Onyx bestehen. Das Tier schwebt über einer gierig hochgereckten Blüte aus Stein. In der Nähe wölbt ein buckliges, reptilartiges Fabelwesen seinen steinernen Rücken über dem Gras der Wiese und schaut mit trüben Augen selbstzufrieden in die Welt. Und ein irgendwie gefährlich wirkender Tausendfüßer krabbelt ehrgeizig einen Ast empor; aus Messern und Gabeln ist der Metallwurm zusammengelötet.

Peter Rademacher zeigt Metallarbeiten. Bei seinen Skulpturen im Freien geht es vielfach um "Durchbrüche": glatte Stahlkörper, die rostige Eisenelemente durchstoßen, ergänzen oder in sich aufnehmen. Geometrische Formen, die zweigeteilt sind oder eingeschnitten. Im Inneren der Galerie ziehen zwischen den Bildern an den Wänden glänzend polierte, bauchige und gewölbte Stahlstelen die Blicke auf sich. Sie fangen das Spiegelbild des Betrachters ein und geben es verzerrt wieder. "Das ist das Spiel mit der Realität", erklärt Peter Radermacher. Der Spiegel erzeugt ein "falsches" Bild der Wirklichkeit, andererseits schafft er seine eigene: "Real ist ja auch das, was ich sehe."

(RP)
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