Geldern Johann geht ins "Hexendorf" in Ghana

Geldern · Für ein Jahr geht Johann Verhoeven als "Missionar auf Zeit" nach Afrika. Der 18-Jährige ist im Auftrag der Steyler Mission unterwegs. Er wird Frauen zur Seite stehen, die in ihren Heimatorten wegen Aberglaubens verstoßen wurden.

 Johann Verhoeven lässt das heimische Kervenheim hinter sich und wird "Missionar auf Zeit". Sein Ziel: Ghana.

Johann Verhoeven lässt das heimische Kervenheim hinter sich und wird "Missionar auf Zeit". Sein Ziel: Ghana.

Foto: Gerhard Seybert

Eigentlich stehen die Zukunftspläne für Johann Verhoeven ziemlich fest. Der 18-Jährige möchte Philosophie, Theologie und Geschichte studieren. "Das hat sich im Laufe der Schulzeit so herauskristallisiert", sagt der Abiturient. Dazwischen liegen noch etwas mehr als 365 Tage. Die verbringt er nicht in Kervenheim auf dem heimisch-heimeligen Rouenhof, sondern als "Missionar auf Zeit" in Ghana - in einem "Hexendorf".

Auf die Idee, ein Jahr "MaZ" zu sein, also Missionar auf Zeit, hat ihn seine Mutter gebracht. "Leute missionieren, darum geht es gar nicht", stellt er klar. "Es ist ein Miteinanderleben." Seinen Alltag wird er mit Frauen verbringen, die aus ihrem Dorf ausgestoßen worden sind.

"Es gibt in den Dörfern tief verwurzelten Naturglauben. Wenn es eine Missernte gibt oder jemand plötzlich im Dorf stirbt, dann wird nach einem Schuldigen gesucht", erklärt Johann. Um von der Dorfgemeinschaft gemieden oder sogar ausgestoßen zu werden, reiche oft schon ein Verdacht. Zum Beispiel, wenn eine Frau an einem Feld gesehen wurde und sich das Gerücht herumspreche, sie könnte dort Gift verteilt haben.

Die Steyler Mission unterstützt die Frauen mit Geld und Lebensmitteln. Sein Job sei es, ihnen zuzuhören. Weil er einer der wenigen ist, mit denen sie reden können. Familie haben sie nicht mehr.

Wie ist das denn mit dem Zuhören, wenn man die Sprache nicht versteht? Sorgen macht sich der Kervenheimer darüber keine. "Die Amtssprache ist Englisch, die kann ich schon." Dazu gebe es in Ghana sehr viele Sprachen, die von Dorf zu Dorf unterschiedlich sind. "Ich werde die Sprachenvielfalt von Ghana nie ganz durchdringen können", zeigt Johann sich realistisch. Das werde von ihm auch nicht erwartet.

Auf die Steyler Missionare sei er gekommen, weil der Niederrhein "ja quasi Steyler Einzugsgebiet" sei. Außerdem habe der Gründer der Steyler Mission, Arnold Janssen, auf der Gaesdonck sein Abitur gemacht, so wie er. Und seine Oma hat Zeitschriften der Steyler Mission abonniert. Irgendwie gehört das also schon lange zu seinem Leben.

Er ist gläubig. "So richtig, mit zur Kirche gehen", sagt Johann. Das sei aber nicht das Entscheidende: "Für mich ist wichtig, meinen Glauben im Alltag zu leben." Der Einsatz in Ghana ist so eine Sache für ihn - er wird nachdenklich: "In dem Jahr kann sich viel verändern." Ein Jahr Zeit, um über seine Zukunft nachzudenken. Sein Vorgänger, der vor zwei Jahren nach Ghana ging, beschloss danach, in den Steyler Orden einzutreten. Ob das auch für ihn etwas sein könnte? "Es ist kein schlechter Job", sagt Johann. Aber zum jetzigen Zeitpunkt kann er sich das für sich nicht vorstellen.

Jetzt stehen erst einmal die Vorbereitungen für die Reise an. Dazu gehört, sich alle paar Tage Spritzen beim Arzt setzen zu lassen, Impfungen gegen Gelbfieber und Hepatitis. In sein Reisegepäck gehören auch Malariatabletten. Angst, sich anzustecken, hat er aber nicht wirklich. "Wovor ich am meisten Angst hätte ist, dass hier im Land etwas passiert, in der Verwandtschaft oder im Freundeskreis, und ich bin nicht da. Dann würde ich mich fragen, ob ich in Ghana an der richtigen Stelle bin", sagt Johann.

Bis im August sein Flugzeug Richtung Ghana startet, sammelt er noch fleißig Spenden. 10.000 Euro kostet so ein Jahr. Das Projekt "Weltwärts" übernimmt 8000 Euro, den Rest soll er selbst zusammenbekommen. "Ich versuche, mehr als 2000 Euro zu schaffen", lautet sein Ziel. Denn in seiner Gruppe ist auch eine Niederländerin, die keinen Zuschuss vom Bund bekommt: "Das ist doch eine Frage der Gemeinschaft, ihr zu helfen." Das ist auch sein Appell an mögliche Spender: "Wir haben in Deutschland einen hohen Lebensstandard." Es sei Sache der Weltgemeinschaft, den Menschen in Ghana zu helfen.

(RP)
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