Geldern Jeder 14. Schüler geht ohne Abschluss ab

Geldern · Der Kreis Kleve ist das Schlusslicht bei einer Bildungsstudie der Caritas. Besonders viele Schüler stehen hier nach den Pflichtschuljahren ohne Abschlusszeugnis da. Die Caritas mahnt, der Kreis relativiert.

Die Caritas hat eine neue Bildungsstudie veröffentlicht. In der wird beschrieben, wie viele Jugendliche ohne Schulabschluss von der Schule abgehen. Trauriges Fazit: Der Kreis Kleve ist Spitzenreiter im Bistum Münster. Mit 6,6 Prozent ist die Quote der Schulabgänger ohne Abschluss im Kreis Kleve am höchsten. Damit bleibt jeder 14. Schulabgänger ohne Abschluss. Die Studie bezieht sich auf das Jahr 2015.

"Jugendliche, die ohne Abschluss die Schule verlassen, haben deutlich weniger Chancen auf einen Ausbildungsplatz, schlechte berufliche Perspektiven und weniger Aussicht auf ein Leben unabhängig von staatlichen Leistungen", so Andreas Becker, Vorstand des Caritasverbandes Geldern-Kevelaer. "Wir dürfen diese Schülerinnen und Schüler nicht alleine lassen", appelliert Becker.

Allerdings befinde sich die Studie noch am Anfang und ist rein beschreibend, gibt Karl Döring zu bedenken, ebenfalls vom Vorstand des Caritasverbandes Geldern-Kevelaer. Das heißt: Die Untersuchung zeigt zwar, wo es überdurchschnittlich viele junge Menschen ohne Abschluss gibt. Aber sie klärt nicht direkt auf, warum das der Fall ist.

An der finanziellen Situation des Kreises Kleve liegt die hohe Quote der Schulabbrecher schon mal nicht, erläutert Harald Westbeld vom Caritasverband für die Diözese Münster. Generell sei eher der politische Wille entscheidend, etwas gegen die Situation zu tun. Und die Schulen seien gefragt: Sie müssten Infrastruktur und Lernatmosphäre verbessern.

"Ein Miteinander von Politik, Schule, Jugendamt, Arbeitsamt, Wohlfahrtspflege und Wirtschaft kann dazu führen, dass mehr Jugendliche einen Abschluss schaffen", meint auch Caritas-Präsident Peter Neher. Der Caritasverband habe das Ziel, der Politik mit seiner Studie das Problem aufzuzeigen.

Wenn es nach dem Kreis Kleve geht, dann bedeuten die Zahlen der Caritas-Studie allerdings gar nicht, dass es in der Region besonders schlecht aussieht. Denn die Untersuchung erfasse all jene Schüler nicht, die ihre Schullaufzeit auf Antrag verlängert haben und somit später ihren Schulabschluss erlangen. Auch Schüler, die über eine externe Prüfung einen Abschluss bekommen, sowie Schüler, die das zehnte Pflichtschuljahr an einem Berufskolleg absolviert haben, seien nicht miteinbezogen.

Für den höheren Anteil an Schülern ohne Abschluss im Kreis gebe es darüber hinaus verschiedene Gründe. Einfluss habe zum Beispiel die höhere Zahl an Förderschulen als in anderen Regionen und auch ein höherer Anteil an ausländischen Schülern.

Solche Faktoren hat man auch beim Caritasverband vor Augen: einen höheren Anteil an Förderschulen, und auch die Arbeitslosenquote könne einen Einfluss haben. Eine leicht positive Tendenz bei den Zahlen mit 6,6 Prozent im Vergleich zu 6,8 Prozent in 2014 wertet er als "statistisches Rauschen", nicht als aussagekräftige Entwicklung. 2012 lag die Quote der Schulabgänger ohne Abschluss im Kreis Kleve noch bei 4,8 Prozent und kletterte binnen drei Jahren auf 6,6 Prozent.

Um die allgemeinen Rahmenbedingungen für das Lernen zu verbessern hat der Kreis Kleve in Kooperation mit dem Land 2012 ein regionales Bildungsnetzwerk errichtet. Das Ziel sei es, Kooperations- und Vernetzungsstrukturen mit allen Bildungsakteuren auszubauen und damit die Schul- und Unterrichtsentwicklung im Sinne einer individuellen Förderung zu verbessern, erklärt der Kreis.

Seit Beginn des Schuljahres 2016 macht der Kreis mit allen Schulen der Sekundarstufe I beim Landes-Programm "Kein Abschluss ohne Anschluss" mit. Das beinhaltet intensive Berufsorientierung. So sollen nicht nur Schüler unterstützt werden: Die Sache soll auch die Motivation erhöhen, einen Schulabschluss zu erlangen - durch einen klaren Berufswunsch und einen gesicherten Ausbildungsplatz.

Die Studie ist einzusehen unter www.caritas.de/bildungschancen

(RP)
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