Issum Issumer Fotokunst, die Emotionen auslöst

Issum · Seit gestern ist die Ausstellung vom Sevelener Fotografen Norbert Gingter im His-Törchen zu sehen. Seine Werke zeichnen sich durch Schärfe und Detailverliebtheit aus. Der Alltag bekommt neue Züge.

 Fotograf Norbert Gingter erklärt seine Bilder Svenja Reinhold-Barnes und den beiden Kindern Nina und Nicki Barnes.

Fotograf Norbert Gingter erklärt seine Bilder Svenja Reinhold-Barnes und den beiden Kindern Nina und Nicki Barnes.

Foto: Thomas Binn

Norbert Gingter steht vor einem seiner Ausstellungsstücke. Er erzählt nicht viel, lässt das Bild lieber auf den Betrachter wirken. Auf der rechten Seite des Fotos lacht dem Zuschauer ein Model von einem Werbeplakat entgegen. Die linke Seite wird von hässlichen Hochhäusern und Wohnwagenkolonnen dominiert. "Sozialer Kontrast", sagt Norbert Gingter dazu, als er gefragt wird, was er darin sieht.

Aber lieber überlässt er es dem Besucher, sich über das Gezeigte Gedanken zu machen. Seit gestern ist seine Ausstellung mit mehr als 30 Fotos im Issumer His-Törchen eröffnet. "Egal, was der Künstler denkt, am Ende kommt das raus, was der Betrachter damit anfängt", lautet die Devise des 57-Jährigen. Das findet er nicht schlimm. "Je mehr Interpretationen es über eine Sache gibt, desto besser", sagt der Sevelener. Er betrachtet es als Ehre, so nah an seiner neuen Heimat seine Bilder zeigen zu können.

Ausschnitte aus zehn Jahren Kreativsein hat er ausgestellt, seine Frau Bettina hat die Exponate ausgesucht. Zwischen 30.000 und 40.000 Bilder kämen in zehn Jahren zusammen, schätzt Gingter. Als Premiere sind erstmals über Bildschirme im His-Törchen 750 weitere Fotos zu sehen. "Auf etwas aufmerksam machen, was ihm wichtig ist, nämlich Emotionen durch ein Kunstwerk transportieren und dadurch im Idealfall etwas auslösen", beschreibt seine Frau, worauf es dem Sevelener ankommt.

Emotionen auslösen. Da ist zum Beispiel das Foto eines Mülleimers, auf dem achtlos hingeworfen ein paar Rosen verwelken. Traurig sieht das aus. Da ist ein Bild von einem Autoreifen inmitten von klarem Wasser umspülten und mit Moos bewachsenen Steinen. Der Betrachter mag denken, da passt was nicht. Wer vor den Fotos steht, kommt ins Gespräch. Manchmal ist es auch ein Raten, weil das Foto nur einen Ausschnitt zeigt oder Gingter die Welt auf den Kopf gestellt hat.

Gingter bleibt vor einem Bild stehen, das in Berlin entstanden ist. "Ohne Kamera durch Berlin oder München zu gehen, ist wie nackt sein", sagt der Fotokünstler. Zu sehen ist in großen Lettern der Schriftzug "Catwalk", im Hintergrund spazieren tatsächlich Leute durchs Bild, Unbeteiligte, die nur schemenhaft zu erkennen sind. "Es ist durch Zufall entstanden, wie alle meine Bilder", erklärt Gingter. Nichts wird arrangiert. Und er stellt eines klar: "Halten wir fest, nicht jedes Foto ist ein Kunstwerk."

Und wie seine Frau betont, komme es bei den Bildern nicht immer auf die Schönheit an. "Zu schön, zu akkurat ist langweilig und eignet sich nur selten als Nachrichtenträger", so Bettina Gingter. Den Unterschied zwischen Kunst und Alltagsfotografie macht Bürgermeister Clemens Brüx in seiner Eröffnungsrede deutlich. "Fotografieren ist für mich simpel. Ich nehme mein Handy, drücke auf Kamera, suche mir ein Motiv, fertig." Dann zählt er auf, worauf es Gingter beim Festhalten der Realität ankommt. "Sehen, begreifen, beobachten, Inspiration, Fokus, Präzision", nennt er nur einige Faktoren. "Vergleichen Sie diese Vorgehensweise, wird jedem schnell klar: Das, was Gingter macht, ist Kunst." Wer sich davon ein eigenes Bild verschaffen möchte, kann noch bis zum 1. Mai die Ausstellung im Issumer His-Törchen besuchen.

(RP)
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