Geldern Früher Flüchtling, heute Helferin

Geldern · Die 24-jährige Syrerin Donia Basal ist im vergangenen April nach lebensgefährlicher Reise in Geldern angekommen. Jetzt hat sie eine Stelle bei der Caritas: Als "Sprach- und Kulturmittlerin" arbeitet sie selbst in der Flüchtlingshilfe.

 Donia Basal (links) kennt die Situation der Menschen, die sich in einem fremden Land zurechtfinden müssen. Sie hilft als Übersetzerin, erklärt deutsche Verhältnisse und bietet Orientierung in der schwierigen Zeit.

Donia Basal (links) kennt die Situation der Menschen, die sich in einem fremden Land zurechtfinden müssen. Sie hilft als Übersetzerin, erklärt deutsche Verhältnisse und bietet Orientierung in der schwierigen Zeit.

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Große Pläne für die Zukunft hat Donia Basal nicht. Dafür hat die junge Syrerin schon zu viele Stationen in ihrem Leben mitgemacht. Nach Jahren voller Umbrüche, Krieg und Flucht kam sie im April 2015 nach Geldern und hat nun endlich das Gefühl, irgendwie angekommen zu sein. Nicht zuletzt dadurch, dass sie Arbeit hat.

Seit Jahresbeginn ist sie beim Caritasverband als Übersetzerin angestellt. Sie habe nicht nur eine Aufgabe, sie werde auch ganz anders wahrgenommen, sagt Donia Basal: "Seitdem ich diese Arbeitsstelle habe, habe ich aufgehört, ein Flüchtling zu sein."

Die 24-Jährige spricht fließend Arabisch und Englisch und auch immer besser Deutsch. In Syrien hatte sie an der Universität in Aleppo englische Literatur studiert, später arbeitete sie als Lehrerin. "Wir hatten dort ein wirklich schönes Leben", sagt sie. Dann musste sie unter Lebensgefahr aus ihrer Heimat fliehen. Erst nach Dubai, von dort wieder zurück nach Syrien, später nach Algerien, schließlich gemeinsam mit ihrer Mutter nach Europa, letztendlich nach Geldern.

Ihre Aufgabe im Caritas-Centrum ist die einer so genannten "Sprach- und Kulturmittlerin". Hauptsächlich übersetzt sie für die Flüchtlinge Dokumente oder Gespräche. Gleichzeitig erklärt sie ihnen die deutsche Kultur und die Abläufe bei Behörden, begleitet sie zu Ämtern, Ärzten oder Kindergarten. Dabei arbeitet sie eng mit den Kollegen in der Migrationsberatung und der Ehrenamtskoordination zusammen. Gefördert wird ihre Stelle durch den Asyl- und Migrationsfonds der Europäischen Union.

"Unser Ziel ist es, die Aufnahmesituation für die Flüchtlinge zu verbessern, die hier nach Geldern kommen", sagt Gerrit Hermans vom Fachdienst für Integration und Migration beim Caritasverband. Gerade die Sprachbarriere sei für viele Flüchtlinge, die nur Arabisch sprechen, eine hohe Hürde. "Da ist Donia als Sprachmittlerin gerade für die Arbeit mit dieser Zielgruppe ein großer Gewinn."

Schon zuvor hatte sich Donia Basal ehrenamtlich für andere Flüchtlinge engagiert - unter anderem bei der Tafel (RP berichtete), bei der Stadt und in verschiedenen Unterkünften. Immer wieder waren ihre Sprachkenntnisse unbezahlbar. Einmal rief eine Flüchtlingsfamilie sie mitten in der Nacht an, weil bei einer hochschwangeren Frau die Wehen eingesetzt hatten und ohne Deutschkenntnisse niemand einen Krankenwagen rufen konnte. Donia Basal sorgte dafür, begleitete die Frau sogar bis in den Kreißsaal und war anschließend auf Bitten der Ärzte noch bei einer weiteren Geburt dabei, weil eine andere geflüchtete Frau ebenfalls kein Deutsch sprach.

Ob sie langfristig in Deutschland bleiben will, weiß Donia Basal nicht. Das hänge auch davon ab, ob in Syrien irgendwann wieder ein Leben in Frieden möglich sein wird. Bis dahin begleitet sie immer auch die Sorge um ihre drei Brüder, die nach wie vor in Syrien wohnen. Sie sind es auch, die sie in Deutschland am meisten vermisst.

Natürlich gibt es auch Dinge, die sie nicht mag an Deutschland: "Den Genitiv und den Dativ", sagt sie lächelnd und erzählt, dass sie mehrmals pro Woche einen Deutschkursus besucht und vor allem mit der Grammatik noch Mühe hat. Aber auch viele schöne Seiten ihrer neuen Heimat hat sie schon kennen gelernt. Auf die Frage, was sie am liebsten mag an Deutschland, überlegt sie nicht lange: Käsebrötchen.

(RP)
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