Geldern Flüchtlinge in Schulen - zu wenig Lehrer

Geldern · Die Flüchtlingssituation macht sich in den Schulen bemerkbar. Die Lehrer machen gute Erfahrungen mit Kindern und Jugendlichen aus aller Herren Länder. Ein großes Problem: Neue Lehrerstellen können nicht besetzt werden.

Sie kommen aus Turkmenistan und Afghanistan, aus Kosovo, Mazedonien, Syrien und Algerien: 13 Flüchtlingskinder gehen derzeit in die fünfte und sechste Klasse der Gelderner "Sekundarschule Niederrhein". Hinzu kommen fünf weitere Kinder, die nicht geflüchtet sind, aber ebenfalls Deutsch als Fremdsprache sprechen. Schulleiterin Birgit Rentmeister kann über ihre Schützlinge aus aller Herren Länder nicht klagen. "Wir sind sehr zufrieden mit den Fortschritten in Deutsch", sagt sie. "Die Kinder sind so wissbegierig, dass es wirklich eine Freude ist."

Das Schulleben werde bunter und vielfältiger, und die Kinder gingen gut miteinander um, helfen einander, lernen ihre unterschiedlichen Kulturen kennen. Einzig der Kontakt zu den Eltern könne wegen der Sprachbarrieren schon mal kompliziert sein. Rentmeisters Fazit: "Wir sind da sehr positiv gestimmt."

Gezielt für den Unterricht in "Deutsch als Fremdsprache" wurde der Schule eine zusätzliche Lehrerstelle bewilligt. Die wurde Anfang Dezember auch besetzt - nur, und das ist der Wermutstropfen dabei: Es sollte eigentlich eine volle Stelle sein, doch es fand sich nur eine Teilzeitkraft. Und dabei kann die Schule froh sein, überhaupt einen Bewerber gefunden zu haben. Vielen anderen geht es nicht so.

So hatte Schulrätin Birgit Pontzen im Herbst die Freigabe, für die Grundschulen im gesamten Kreis Kleve fünf Lehrerstellen auszuschreiben. Ernüchterndes Fazit: "Keine einzige konnte ich besetzen." Vielleicht gibt es einfach nicht so viele Grundschul-Deutschlehrer, vielleicht sei der Kreis für Lehrer nicht attraktiv - wie auch immer: Es bleibt ein akuter Mangel. "Wir sollten keine Augenwischerei betreiben", sagt sie: "Wir sind unterbesetzt im Kreis Kleve."

Ganz abgesehen davon geht das Schulamt in der Aufgabe, Flüchtlingskinder auf die Schulen zu verteilen, seit dem Frühjahr schier unter. Die Zahlen seien "explodiert", so Pontzen. Eingehende Beratung mit Schulen oder Eltern über die beste Lösung fürs jeweilige Kind sei in dieser Lage absolut nicht möglich: "Ich kann nur noch zuweisen."

Das wird sich in der nächsten Zeit vermehrt an Gelderner Grundschulen bemerkbar machen. Eine Weile landeten nämlich alle Flüchtlingskinder im Grundschulalter an der Albert-Schweitzer-Schule. Die hatte von jeher einen höheren Anteil ausländischer Kinder und hatte bereits eine "Seiteneinsteigerklasse", auch "Willkommensklasse" genannt.

"Die Schule war ausreichend ausgestattet und konnte bis zu 30 Kinder aufnehmen", erklärt Birgit Pontzen. Aber diese Grenze sei jetzt erreicht: "Bei 30 ist Feierabend, die Schule ist voll." Das heißt: Weitere Neuankömmlinge werden auf andere Schulen verteilt - und zwar ohne viel Federlesens einfach dahin, wo rechnerisch noch Platz ist.

Auf dem zweiten Platz bei der Zahl der Flüchtlingskinder landet zurzeit die St.-Michael-Schule. Da gibt es nach den Zahlen von Ende Dezember zehn "Seiteneinsteiger". Seit den Sommerferien ist Extra-Deutschunterricht vorgesehen, vorerst ohne neues Personal.

Die steigenden Zahlen von zu versorgenden Kindern meldet Schulrätin Pontzen regelmäßig an die Bezirksregierung Düsseldorf und darf entsprechend Lehrerstellen ausschreiben - was natürlich nicht hilft, wenn es keine Bewerber gibt. Das erlebt das Berufskolleg Geldern: Eine ausgeschriebene Stelle liegt brach. Das Kolleg zählt jetzt 20 "Seiteneinsteiger" zwischen 16 und 19 Jahren und gründet damit gerade eine "Internationale Förderklasse". "Das ist für uns auch eine Herausforderung", sagt der stellvertretende Rektor Michael Suermann. "Wir haben das noch nie gemacht."

Trotz Lehrermangels ist er aber guten Mutes. Bei einem Kollegium von 107 Personen könne man Aufgaben gut umverteilen, und man bemühe sich, pensionierte Kollegen zu gewinnen. Fazit: "Wir kommen klar." Zudem sei es ein "gutes Arbeiten" mit den Jugendlichen, und der Fokus auf die berufliche Entwicklung sei sicher die beste Chance für Integration. Einziges Manko: "Fast niemand hat Erfahrungen damit, jungen Erwachsenen die deutsche Sprache beizubringen und sie zum Teil zu alphabetisieren."

(RP)
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