Geldern Entscheidung: Ausbildung statt Studium

Geldern · Wer das Abitur macht, denkt meist ans Studieren. Das geht aber nicht jedem so: Vier Azubis erklären, warum sie sich stattdessen für die Ausbildung entschieden haben. Meist wollten sie erstmal weg von der Theorie, rein in die Praxis.

 Bastian Lange hat 2014 am Klever Freiherr-vom-Stein-Gymnasium das Abitur gemacht. Jetzt arbeitet er bei der Volksbank in Emmerich. Für ihn stand lange fest, dass er die Ausbildung dem Studium vorziehen würde: Er wollte "praxisbezogener lernen".

Bastian Lange hat 2014 am Klever Freiherr-vom-Stein-Gymnasium das Abitur gemacht. Jetzt arbeitet er bei der Volksbank in Emmerich. Für ihn stand lange fest, dass er die Ausbildung dem Studium vorziehen würde: Er wollte "praxisbezogener lernen".

Foto: Klaus-Dieter STade

Kleve Julia Hartmann hat ihr Abitur am Freiherr-vom-Stein Gymnasium in Kleve gemacht. Jetzt sitzt sie in einem hellen Büro hinter einem großen Schreibtisch mit Ausblick auf den Park nebenan und kümmert sich um Akten und um wichtige Papiere. Für sie ist schon lange klar gewesen, dass sie nach dem Abitur eine Ausbildung und vorerst kein Studium machen möchte: "Ich will nach der langen Lernphase jetzt mal praktische Erfahrung sammeln und das Berufsleben kennenlernen. Ein Studium wäre ja wieder nur theoretisches Lernen gewesen. Ich überlege aber, trotzdem nach meiner Ausbildung noch zu studieren."

Für andere spielt es auch eine Rolle, dass es längst nicht mehr so einfach ist, überhaupt einen Studienplatz zu bekommen. Der Numerus Clausus im Fach Betriebswirtschaftslehre an der Universität Köln beispielsweise war 2015 so hoch, dass viele Abiturienten mit mehreren Wartesemestern rechnen mussten. Universitäten und Fachhochschulen bekommen immer zahlreiche Bewerbungen, und das Angebot ist oft zu klein.

Julian Drewes hat sein Abitur seinerzeit am Berufskolleg Kleve für Wirtschaft und Verwaltung gemacht. Er hat sich für eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei der Firma Mühlhoff in Uedem entschieden. "Nach der Ausbildung habe ich immer noch Zeit, ein Studium zu machen. Ich wollte erstmal praktische Erfahrungen sammeln, die sind sehr wichtig für das spätere Berufsleben."

Für eine Ausbildung zur Bankkauffrau bei der Volksbank Emmerich-Rees hat sich Maike Tenhaaf entschieden. "Über ein Studium nach dem Abitur habe ich eigentlich gar nicht nachgedacht", sagt sie. "Die Ausbildung war bei mir die erste Wahl."

Sie gönnt sich nach dem Schulabschluss aber erst einmal eine Pause, sie atmet durch und fängt sozusagen ein Jahr "später" an. "Ich finde, die Zeit nach dem Abitur sollte man erst einmal nutzen, um neue Eindrücke zu gewinnen, Erfahrungen zu sammeln und ein bisschen Abstand zur Schule und dem ganzen Lernstress zu bekommen", sagt sie. "Durch das G8-System hat man als Abiturient heutzutage ja noch genug Zeit."

Bastian Lange absolviert ebenfalls eine Ausbildung bei der Volksbank im Bereich Versicherung und Finanzen in Emmerich. Er hat sein Abitur 2014 am Klever Freiherr-vom-Stein-Gymnasium gemacht und weiß jetzt schon mehr über das Berufsleben: "Für mich stand eigentlich schon lange fest, dass ich nach dem Abitur eine Ausbildung machen möchte. Ich hätte damals auch gar nicht gewusst, was ich studieren soll und fand es wichtiger, praxisbezogener zu lernen."

Auch die Betriebe sind sich einig, dass eine Ausbildung nach dem Abitur viele Vorteile bereit hält. Die Personalbeauftragte der Firma Spectro, Merve Heynen, ist Befürworterin der Ausbildung nach dem Abitur: "Praktische Fähigkeiten sind im Beruf sehr wichtig. Deshalb ist eine Ausbildung mit anschließendem Studium eine gute Entscheidung", begründet sie. "Außerdem sind die heutigen Abiturienten alle sehr jung, daher ist der Zeitaufwand kein Nachteil."

Laut der katholischen Karl-Leisner-Trägergesellschaft für Gesundheitsberufe sind dort 85 Prozent der Auszubildenden Fachabiturienten oder Abiturienten. Ein Grund dafür ist, dass viele, die diesen Beruf wählen, vorher auf einem Berufskolleg für den Bereich Gesundheit waren und daher mindestens das Fachabitur besitzen.

Der Kreis Kleve bietet eine breite Auswahl an Ausbildungsgängen. Pressesprecherin Ruth Keuken sagt: "Eine vorherige praktische Erfahrung ist für ein weniger praxisbezogenes Studium sinnvoll und erleichtert die bessere Auswahl des Wunschstudienganges." Und Ludger Braam, Sprecher der Sparkasse Kleve, sagt, dass 75 bis 80 Prozent der Azubis bei der Sparkasse Fachabitur oder Abitur haben. Die Sparkasse biete viele Möglichkeiten zur Fortbildung nach der Ausbildung, aber auch währenddessen. "Eine solide kaufmännische Ausbildung macht viele Dinge einfacher, in Bezug auf das zukünftige Berufsleben", meint Braam.

(RP)
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