Gelderland Ein Hasennest voll Glück

Gelderland · Johannes (8) hat zwei Langohren als Haustiere geschenkt bekommen, um die er sich liebevoll kümmert. Auch seine Eltern sind vom tierischen Zuwachs begeistert. Dann sorgte ein Wochenend-Ausflug für eine große Überraschung.

Ein Kind sollte ein Haustier haben. Findet das Kind und streiten die Eltern nicht grundsätzlich ab. Festgehalten wurde: Für einen Hund hat die Familie neben Beruf und Schule keine Zeit, aus einem Pony wächst der achtjährige Sohn zu schnell heraus, und eine Katze würde vermutlich bald überfahren. Und ein Kaninchen, so ein kuscheliges, ruhiges, genügsames Tierchen?

Es wäre hartherzig, dagegen Argumente zu suchen. Klar war nur: Wenn schon Langohr, dann zwei. Man ist ja kein Unmensch, und Kaninchen gelten als gesellig.

Welcher Zufall: Gleich in der Nachbarschaft wohnt eine Züchterin, denn Häschen aus einem Tier-Discounter sollen es nicht sein. Ebenso klar: Die Neuzugänge sollen so tiergerecht wie möglich gehalten werden, also im Außenstall, aber geschützt, mit genügend Platz zum Laufen, Verstecken, Löcher graben. Der Handel bietet fast alles, den Rest erledigt der handwerklich ambitionierte Papa.

Und weil die Familie, die sich ins Thema eingelesen hat, ein weibliches und ein männliches Kaninchen gekauft hat - die sollen sich am besten verstehen - ist logisch, dass zum genau richtigen Zeitpunkt der Tierarzt den kleinen Bock mit einem unproblematischen Eingriff zum ungefährlichen Partner für die junge Dame macht.

Die beiden wurden ein Pärchen, das sich ohne sichtbare Leidenschaft freundlich zugetan war. Genau so hatte sich die Familie das vorgestellt.

Bis das anstand, was die Anschaffung des Hundes ausgeschlossen hatte: eine Reise. Nicht einmal eine große, bloß so ein paar Tage über Karneval. Der Sohn hat eine Freundin, die auch ein Kaninchen hat - nahe liegend, das Angebot der Mutter, unsere beiden so lange zu sich zu nehmen, anzunehmen. Dass Joschi als alleinstehender Hasenmann nie kastriert worden war, wussten alle Beteiligten. Sicherheitshalber erinnerten wir dennoch daran, dass wir einen Kastraten, aber auch eine vermutlich fortpflanzungsfähige Häsin haben. So lange sich das Pärchen und der Junggeselle nur durch die Gitterstäbe beäugen würden, konnte ja nichts passieren.

Wenn wir heute zurückrechnen, muss es der Rosenmontag gewesen sein, als unsere liebe Kaninchenbetreuerin den Aussetzer ihres Lebens hatte und befand, die Tiere könnten ruhig ein wenig gemeinsam durch den Garten hoppeln.

"Die haben sich so gut verstanden, es wäre gemein gewesen, sie an den ersten milden Tagen des Jahres im Käfig zu lassen", sagte die Bekannte, übrigens medizinisch gebildet. Aber woher die kleinen Kinder kommen, hat die Mutter zweier Töchter offenbar nicht gelernt. Wir jedoch rechneten mit dem Schlimmsten, denn wenn Kaninchen für irgendetwas berühmt sind, dann dafür, nicht Tage, sondern eher Minuten für das zu brauchen, was wir unbedingt verhindern wollten.

Fast schien es, als wären die bösen Vorahnungen doch verfrüht gewesen, denn mindestens drei Wochen lang passierte nichts. Außer, dass ich Bücher besorgte und im Internet in allen Kaninchen-Foren unterwegs war, um auf eine eventuelle Kaninchengeburt vorbereitet zu sein. Mit solchem Weiberkram beschäftigte sich der Sohn übrigens nicht, versteht sich. Im Schnitt 30 Tage trägt so ein Langohr, und wir Laien konnten keine Gewichtszunahme und keine Verhaltensänderung ausmachen. Bis plötzlich über Nacht ein Nest im Stall gebaut war, angefüllt mit haufenweise ausgezupftem Bauchfell. Es blieb gerade noch Zeit, unseren braven Kastraten in Einzelhaft zu setzen, und zwei Tage später bestand kein Zweifel mehr am "Erfolg" des Karnevalsausflugs.

Seitdem liegen wir nächtens wieder wach wie einst bei Klein-Jo, verwöhnen die Wöchnerin mit allem, was Felder, Wiesen und der Kühlschank hergeben, kontrollieren das Nest, opfern Kissen und Decken gegen die nächtliche Kälte und sind froh, dass es nur drei Kleine sind, die in ein paar Wochen in die Welt hinaus dürfen. Zugegeben: Derzeit sind sie entzückend und dürfen bei uns ein schönes Frühjahr erleben. Abnehmer haben wir schon, und denen erklären wir dann ganz genau, was zu tun und was zu lassen ist.

Vera, wie wir die Betreuerin unserer damals noch zwei Kaninchen nennen wollen, um sie vor dem Spott ihrer Umwelt zu verschonen, ist uns jetzt lebenslange Freundschaft schuldig. Sie wird unsere Hasen immer wieder gerne versorgen, hat sie versprochen. Zumal Joschi jetzt auch einen Tierarzt-Termin hat, um künftig wieder so nett und diesmal ohne Folgen mit unseren durch den Garten hoppeln zu dürfen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort