Geldern Eigenes Heim dank Siemes-Erbe

Geldern · Zehn Familien mit 22 Kindern werden zum Ende des Jahres in die umgebauten Häuser aus dem Nachlass einziehen. Die Rheinische Post war "In der Schanz" unterwegs, um von drei Hauseigentümern zu erfahren, wie es vorangeht.

 Benedikt Brauer testet schon mal die zukünftige Terasse mit seiner Frau Diana. Die beiden ziehen mit Jamie in das Haus mit der Nummer 49 ein.

Benedikt Brauer testet schon mal die zukünftige Terasse mit seiner Frau Diana. Die beiden ziehen mit Jamie in das Haus mit der Nummer 49 ein.

Foto: Thomas Binn

Aus den offenen Fenstern und Türen dringt eine Geräuschkulisse, die von Baulärm, Kindergeschrei und lachenden Erwachsenen bestimmt wird. Auf Anhieb hat man das Gefühl, hier ist gute Stimmung.

Geldern: Eigenes Heim dank Siemes-Erbe
Foto: Thomas Binn

Das bestätigt sich auch beim Betreten des Hauses mit der Nummer 39. Hier renoviert gerade Sascha Singendonk. Der 34-jährige Lohnunternehmer, der derzeit in Veert wohnt, hat eines der zehn Häuser in der Stichstraße "In der Schanz" aus dem Siemes-Erbe kaufen können. Seit einigen Wochen baut er das Haus für sich und seine Familie mit viel Eigenleistung um. Er ist in der sogenannten "langen Schanz" in Veert groß geworden, kennt die Häuser seit seiner Kindheit und hat im Frühjahr durch die Zeitung erfahren, dass die katholische Kirche die Immobilien der verstorbenen Christel Siemes verkaufen möchte.

 Sascha und Simone Singendonk mit den beiden Kindern Katherina und Franziska freuen sich über das neue Zuhause.

Sascha und Simone Singendonk mit den beiden Kindern Katherina und Franziska freuen sich über das neue Zuhause.

Foto: Binn

Ein Haus zu kaufen oder sogar zu bauen, war zu diesem Zeitpunkt eigentlich überhaupt kein Thema, erzählt Singendonk. "Die Kosten waren für meine Familie einfach unüberschaubar. Die Grundstückspreise in Geldern und die Baukosten sind für uns viel zu hoch." Um so mehr hat er sich darüber gefreut, dass die Kirche in diesem Fall mit viel Fingerspitzengefühl vorgegangen ist und potentiellen Käufern mit Kindern den Vorzug gab, Hauseigentümer für kleines Geld zu werden.

"Jeder Interessent wurde eingeladen und konnte ein Gebot für zwei bis drei Häuser abgeben. Dann hat ein Gutachter die Häuser bewertet, und danach hat der Kirchenvorstand entschieden, wer ein Haus bekommt." Singendonk bescheinigt der Kirche große Fairness und freut sich, dass nicht direkt ein Investor gesucht wurde, der aus dem Erbe die höchstmöglichen Gewinne herausschlägt.

"Wir konnten ein Haus mit Grundstück für 67.000 Euro kaufen und rechnen mit Umbaukosten in gleicher Höhe. Diese Investitionsbeträge können auch Arbeitnehmer stemmen, die kein Riesengehalt nach Hause bringen." Der einzige Wehmutstropfen ist, dass am Dach seines Hauses eine größere Reparatur ansteht. Die Isolierung und die darüber liegende Folie müssen erneuert werden. Der Schaden war zu dem Zeitpunkt, als die Gutachten erstellt wurden, nicht erkennbar.

Die vorbildliche Vorgehensweise der Kirche bestätigt auch Benedikt Brauer. Der 25-jährige Tischler baut gegenüber um und berichtet begeistert von der Gemeinschaft in der Straße. "Wir helfen uns gegenseitig. Die Leute, die hier bauen, haben keine Furcht vor handwerklichen Arbeiten, und so schaffen wir uns gemeinsam ein neues Zuhause. Für zehn Familien mit 22 Kindern." Das Haus, in dem Brauer mit Frau und Kind einziehen wird, war in etwas besserem Zustand als das seines Nachbarn. Familie Brauer investierte 82.000 Euro. Er erzählt, wie erstaunt er über den guten Zustand der Immobilien war. "Schließlich haben die Häuser teilweise 20 Jahre leer gestanden."

Im Juni begannen die Arbeiten in der Straße. Die ersten Tage haben die neuen Eigenheimbesitzer mit dem Roden der Bäume zugebracht. Mit schwerem Gerät wurden über 60 Tannen aus den verwilderten Gärten gezogen und die Häuser freigelegt. Auch im Garten von Marcus Dams. Der 45-jährige Offsetdrucker baut das Haus am Anfang der Stichstraße um, zieht hier mit seiner Frau und dem zwölfjährigen Leon ein. "Alle Familien planen den Umzug für Mitte Dezember. Weihnachten soll alles fertig sein." Auch sein Haus hat 20 Jahre leer gestanden. Er war sehr skeptisch, ob es nicht irgendwo versteckte Mängel gibt. Nach einigen Beratungen durch seinen Bruder, der als Architekt arbeitet und sich mit der Renovierung alter Häuser auskennt, kam aber grünes Licht. Die Substanz ist gut. Für 81.000 Euro konnte er die Immobilie erwerben.

"Über das Siemes-Erbe wurde im Ort viel erzählt, und die Leute haben sich den Mund sprichwörtlich zerrissen", erzählt Marcus Dams, der sich verständlicherweise freut, auf diesem Weg zu einem eigenen Häuschen gekommen zu sein. "Frau Siemes bekommt dafür von mir einen Strauß Blumen."

(binn)
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