Geldern Dieser Chef schafft Raum für Kinder

Geldern · Lothar Beccu ist Chef des Instituts für Pathologie und Zytologie am Mühlenweg in Geldern. Viele seiner Mitarbeiterinnen sind junge Mütter. Damit die weniger Stress mit der Kinderbetreuung haben, hat er im Institut ein Kinderzimmer eingerichtet.

 Kurz nach dem Umzug ist noch nicht alles fertig. So sieht das Regal noch ein bisschen kahl aus, da ist Platz für mehr Spielzeug. Aber Milan (1) fühlt sich wohl bei Betreuerin Caroline Schopf. Lothar Beccu ist der Chef des Instituts.

Kurz nach dem Umzug ist noch nicht alles fertig. So sieht das Regal noch ein bisschen kahl aus, da ist Platz für mehr Spielzeug. Aber Milan (1) fühlt sich wohl bei Betreuerin Caroline Schopf. Lothar Beccu ist der Chef des Instituts.

Foto: Seybert

Ob sich sein Schritt lohnt - wirtschaftlich gesehen? Vermutlich eher nicht, überlegt Dr. Lothar Beccu, Pathologe und Chef des Instituts für Pathologie und Zytologie in Geldern. "Es ist aber trotzdem eine gute Sache", sagt er. "Nicht jede gute Sache muss sich ja lohnen." Zum Beispiel spenden Menschen auch, zieht er den Vergleich. Und er hat vor Augen, wofür er sich engagiert: "Ich habe selbst fünf Kinder. Ich weiß ja, wie das ist."

Das Institut, in dem vor allem für Krankenhäuser und Arztpraxen Gewebeproben untersucht werden, ist Anfang Oktober aus dem Gewerbegebiet in eine neue, großzügige Immobilie am Mühlenweg umgezogen. Im alten Domizil war kein Platz für ein Kinder-Betreuungszimmer. Hier gibt es nun eines, einen Raum im Büro-Trakt.

Lothar Beccu hat 21 Angestellte. Bis auf einzelne Fahrer durchweg Frauen: im Labor, in den Büros, die Sparte ist in Frauenhand. "Und die jungen Damen haben kleine Kinder", so Beccu. Sieben sind es derzeit in seiner Belegschaft im Alter von einem halben bis sieben Jahren.

Leider seien es häufig mehr die Mütter als die Väter, an denen es hängen bleibt, die eigene Arbeit irgendwie um die Bedürfnisse der Kinder herumzuplanen. Das findet Lothar Beccu zwar nicht gut, aber so sei nun mal noch die Lage. Das Spielzimmer ist ein Angebot an sie. Wenn die Kleinen ein bisschen kränkeln - natürlich nicht, wenn sie richtig krank sind - aber wenn Babys Zähne bekommen oder wenn sie an irgendeiner Lappalie laborieren oder ganz einfach, wenn die Kita Ferien macht - dann können die Mütter die Kleinen mitbringen. Sie können arbeiten, ohne sich Sorgen zu machen. "Und das Kind weiß, dass die Mutter jederzeit dazukommen könnte - da haben die Kinder auch ein Sicherheitsgefühl", so Lothar Beccu.

Damit das Modell funktioniert, hat er eigens eine Stelle geschaffen: Er hat Caroline Schopf in Vollzeit in einer "Doppelrolle" eingestellt. Sie ist selbst Mutter und hat zuvor als Aushilfe in einem Kindergarten und als Reinigungskraft gearbeitet. Jetzt ist sie in der Praxis für beides da: Sind Kinder zu betreuen, kümmert sie sich um diese, und ansonsten um die Raumpflege.

Ilona Leis zum Beispiel, Praxismanagerin im Institut, bringt zur Zeit immer Söhnchen Milan (1) mit, weil er noch nicht in die Kita kann. "Tolle Sache. Wirklich eine tolle Sache", sagt sie. "Für mich ist das ein Riesenvorteil." Ganz anders als es noch bei ihrem großen Sohn war, der heute fünf Jahre alt ist. "Ich musste meinen Sohn regelrecht rumreichen - von meinen Eltern über die Schwiegereltern bis zu Uroma und Uropa", erzählt die 29-Jährige. Angela Pires-Rito (33) ist in leitender Position im Labor. Und sie hat vierjährige Zwillinge. Um die immer unterzubringen, "da setzt man alle Hebel in Bewegung", sagt sie. Das Kinderzimmer sei eine unheimliche Erleichterung: "Das sollten viele Arbeitgeber mal in Erwägung ziehen", wünscht sie.

Chef Lothar Beccu fände das auch richtig. Und er fände es gut, wenn zumindest der Kita-Betrieb verlässlich wäre. Dass viele in Ferienzeiten einfach dichtmachen, "das finde ich eine richtige Katastrophe", sagt er. "Da sind Eltern gezwungen, Urlaub zu nehmen oder sich die Zeit aufzuteilen."

"Der weiß, was wir durchmachen", kommentiert Ilona Leis über ihren Chef. Und sie und ihre Kolleginnen sprechen davon, dass er generell familienfreundlich sei, auch bei der Einteilung von flexiblen Schichten zum Beispiel, und dass sie deshalb entspannter arbeiten.

Vielleicht "lohnt" sich das Kinderzimmer für den Betrieb also doch: durch glückliche Mitarbeiterinnen. Und: weniger Personalausfälle durch Kinderkrankheiten.

(RP)
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