Christian Olding Des Hasen letztes Stündlein

Geldern · Kaplan Christian Olding wehrt sich gegen "hohle Ostern". Grundlage für das Fest sei immer noch die Auferstehung Christi. Der Gottesdienst geht über drei Tage. Ohne Leiden keine Auferstehung. Das hat Auswirkungen aufs Hier und Heute.

 Kaplan Christian Olding zerschlägt mit einem Hammer einen Schoko-Osterhasen. Mit dieser Aktion weist er auf die wahre Bedeutung des Osterfestes hin.

Kaplan Christian Olding zerschlägt mit einem Hammer einen Schoko-Osterhasen. Mit dieser Aktion weist er auf die wahre Bedeutung des Osterfestes hin.

Foto: Markus van Offern

In einem Gottesdienst haben Sie tatsächlich einmal einen Schokoladenosterhasen zertrümmert. Warum?

Christian Olding Um klar zu machen, dass der Osterkitsch hohl und zerbrechlich ist und die eigentliche Botschaft des Osterfestes nicht anerkennt. So ein Schoko-Osterhase hält nicht viel aus.

Wie waren die Reaktionen auf die Aktion?

Olding Ich wusste nicht, wie sehr es in der Kirche hallt, wenn so ein Schoko-Osterhase zertrümmert wird. Nicht nur die Leute waren überrascht, sondern ich auch, als der Hase beim Wurf laut zerbrach. Die Frage ist aber eher, was die ganze Aktion sollte, denn so ein Osterhase ist ja eigentlich ganz süß, auch im eigentlichen Sinne, und kann ja nichts Schlimmes bedeuten. Ich finde ihn aber nicht angemessen.

Warum?

Olding Weil das Symbol für Ostern das Kreuz ist, weil es um die Auferstehung Jesus Christi geht. Nicht umsonst ist das Kreuz das Symbol des Christentums. Wenn man sich überlegt, wofür das Kreuz steht, beißt sich das ziemlich mit dem süßen Osterhasen. Am Kreuz hängt der halbnackte, dahinsiechende Gottessohn, als Beweis dafür, was Gott bereit ist für uns Menschen zu tun. Sein Sohn hängt dort und erleidet all das, was Menschen tagtäglich zugemutet wird: abgrundtiefer Hass, brachiale Gewalt und Schuld. Es geht um eine Tatsache, die Leben verändert. Auf der anderen Seite ist da der putzige Osterhase, der bei übermäßigem Genuss zu Cholesterin und Zuckerkrankheit führt und auch noch schlecht für die Zähne ist.

Macht Sie das also wütend, wenn Sie aktuell durch den Supermarkt schlendern und überall den Osterkitsch sehen?

Olding Wütend macht mich das überhaupt nicht, weil ich das nicht kaufen oder toll finden muss. Wir Menschen sind frei und sollten uns diese Freiheit auch nicht nehmen lassen. Bezeichnend finde ich aber, dass die Kirchen an den Ostergottesdiensten nie so voll sind wie zu Weihnachten. Dabei ist Ostern das Fest für die Christenheit. Paulus drückt es in der Bibel so aus: Wenn Christus nicht von den Toten auferstanden ist, dann ist unser Glaube sinnlos. Und genau diese Auferstehung feiern wir an Ostern, drei Tage lang.

Warum drei Tage?

Olding Gründonnerstag geht es um das Abendmahl, das, was wir zu seinem Gedächtnis tun sollen. Gründonnerstag wird an das letzte Abendmahl Jesus Christi mit seinen Freunden erinnert. Der Gottesdienst endet an diesem Tag nicht, es gibt keinen Schlusssegen. Der Karfreitagsgottesdienst hat keinen Anfang und kein Ende, sondern geht dann in die Osternacht über. Erst dann gibt es den Schlusssegen und den Gruß "Gehet hin in Frieden".

Was ist denn so falsch, nur in einen Gottesdienst innerhalb der drei Tage zu gehen?

Olding Gründonnerstag, Karfreitag und Ostersonntag sind die drei entscheidenden Tage der Christenheit. Einen Film schaue ich mir ja auch nicht erst ab der Mitte an. Ich lese ja auch nicht bei einem Roman nur den Anfang und das Ende.

Was verpasst man denn, wenn man nur in den Ostersonntagsgottesdienst geht?

Olding Wer nur am Ostersonntag kommt, der verpasst letztendlich die Lebensrealität. Erst kommt das Leiden (an Karfreitag), dann die Auferstehung (an Ostersonntag). Ein leidfreies Leben ist Illusion. Immerhin wird Karfreitag die quälendste Frage der Menschheit ziemlich eindeutig beantwortet, nämlich der Umgang mit dem Elend und Leid dieser Welt.

Und die lautet?

Olding Dafür sollen die Menschen in den Gottesdienst kommen.

Was bedeutet denn Ostern nun für mich persönlich?

Olding Ostern bedeutet, dass Gott aus dem größten Nichts, was wir uns vorstellen können, dem Tod, etwas machen kann. Es bedeutet einen Neuanfang im Hier und Jetzt. Auferstehung ist nicht nur etwas, was uns am Ende unseres Lebens erwartet, sondern was mitten im Leben stattfindet, dort, wo etwa eine Beziehung zu Ende ging, wo es zerplatzte Lebensträume gibt, da kann etwas Neues beginnen.

Kann, und vor allem wie kann Kirche dabei helfen?

Olding Es gibt genug Phasen im Leben, in denen meine Hoffnung nicht mehr ausreicht. Da brauche ich Menschen, die mir helfen, einen Schritt vor den anderen zu setzen. Die Christen verstehe ich als Gemeinschaft. Wir können niemandem das Leid abnehmen, aber es mittragen helfen. Dafür ist Kirche da.

Wie ist das denn nun: Darf ich nie wieder einen Osterhasen aus Schokolade kaufen?

Olding Wenn trotzdem klar ist, worum es eigentlich bei Ostern geht, habe ich nichts dagegen, wenn sich jemand mit Schokolade vollstopfen möchte. Es darf nur nicht vergessen werden, es geht um das Leiden und die Auferstehung Christi.

BIANCA MOKWA FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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