Straelen "Der Tod ist nicht das Ende der Reise"

Straelen · Marita Derkx lässt sich zur Sterbeamme ausbilden. Ein Blick auf einen Beruf, fern von religiösen Festlegungen. In der Praxis helfen Zuversicht und ein positives Weltbild, um Sterbende und Angehörige zu begleiten.

 Marita Derkx arbeitet als Floristin. Sie lässt sich zusätzlich auch noch als Sterbeamme ausbilden.

Marita Derkx arbeitet als Floristin. Sie lässt sich zusätzlich auch noch als Sterbeamme ausbilden.

Foto: Gerhard Seybert

Mit dem scharfen Messer in der Hand steht Marita Derkx mitten in einem Blumenmeer, setzt zum Schnitt an und hält eine Blume in der Hand. Diese Tätigkeit verbindet gleich beides, die Blume steht voller Lebenssaft, spätestens mit dem Schnitt wird ihre Vergänglichkeit deutlich.

Marita Derkx ist Floristin. Sie lässt sich aber auch zur Sterbeamme ausbilden. Wenn darauf das Gespräch kommt, dann überkommt das Gegenüber oft eine Mischung aus Neugier und ungutem Gefühl. "Wir sind ja ein bisschen als Fun-Gesellschaft unterwegs", versucht die Straelenerin und angehende Sterbeamme einen Erklärungsversuch, warum sich mit dem Thema Sterben nicht so wirklich viele beschäftigen wollen. Oft bekommt sie ein "Lass' uns über was Schönes reden" zu hören.

Gleichzeitig werde mit derartigen Äußerungen ausgedrückt, dass der Tod etwas Schreckliches sei. Sie habe das nie so extrem empfunden. "Ich habe nach Möglichkeiten gesucht, das dumpfe, dunkle Bild zu wandeln", sagt Marita Derkx. Dabei habe ihr zum einen die Ausbildung zur Sterbeamme geholfen. Die gebe verschiedene "Werkzeuge" an die Hand, wie man mit dem Tod umgehen kann. Das kann das Schreiben eines Abschiedsbriefes an den Verstorbenen sein.

Das andere sind die persönlichen Erfahrungen, die sie in der Begleitung Sterbender gemacht hat. Ein Schlüsselerlebnis war der Sterbeprozess von Tante Liesel, der Tante ihres Mannes. Am Anfang stand die Trauer. "Wir waren sehr traurig, als Tante Liesel die Diagnose bekam, dass sie Krebs hat und sterben würde", erinnert sich Marita Derkx. "Sie hat ihr Leben dann Revue passieren lassen, und wir sind mit auf diesem Weg gegangen."

Nach wenigen Monaten zu Hause folgte eine Woche Hospiz. "Wenn ihr bei mir seid, ist alles gut" waren die Worte, als Tante Liesel ins Hospiz umzog und Marita Derkx und ihr Mann sie begleiteten. "Dieser Blick nach vorne, diese Gelassenheit, die fand ich beispielhaft", sagt die Straelenerin in der Rückschau. "Die letzten Stunden, die haben mich dann unheimlich an die Geburt meiner Kinder erinnert", sagt sie. Es ist dieses gespannte Warten, unbeschreiblich. Damit erklärt sich auch der Begriff Sterbeamme.

Marita Derkx weiß, dass es nicht immer so friedlich zugeht wie bei Tante Liesel. Aber sie ist überzeugt: "Dieses Schreckensbild ist wandelbar." Sie weiß auch, dass jemand, der erst gestern erfahren hat, dass er sterben wird, dem nicht ohne Weiteres etwas Gutes abringen kann. "Aber bei meiner Ausbildung und im späteren Beruf geht es genau darum: Menschen in Krisensituationen zu begleiten." Jeder Mensch ist da verschieden, ein Patentrezept gebe es nicht. Ihr Leitspruch lautet: "Der mir gegenübersteht, ist der Experte für seine Situation und weiß, was er braucht."

In ihrer Ausbildung ging es zunächst darum, sich selber zu positionieren. "Wir sind nicht nur Sterbeammen, sondern auch Lebensammen. Es ist bei Ausübung der Tätigkeit ganz wichtig, dass man positiv dem Leben gegenübersteht", fasst es Marita Derkx in Worte. Für sie ist das Leben mit dem Tod längst nicht vorbei. Und das hat nichts mit einer bestimmten Religion zu tun. Es gibt Menschen, für die ist der Glaube der eine Weg, um Trost im Sterben zu finden. Es gebe aber immer weniger Leute, die das können, und die bräuchten auch einen Sinn, sagt Marita Derkx.

Dafür sind die Sterbeammen da. Sie begleiten den Sterbenden, aber auch die Menschen in dessen unmittelbarem Umfeld. "Kinder, Partner, Freunde, für die muss es auch weitergehen", sagt Marita Derkx. Dass die Verbindung zu den Eltern bleibt, aber auch zu den Kindern, wenn man stirbt, das sei ein sehr tröstlicher Gedanke. "Ich glaube nicht, dass der Tod diese Verbindung trennt", lautet ihre Überzeugung. "Die Reise meines Lebens schließt den Tod mit ein."

(RP)
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