Geldern Der junge Jagger aus dem Nachbarland

Geldern · Im ausverkauften Muddy-Waters-Saal gastierte Ralph de Jongh mit seiner Band. Die Stimme des Niederländers ließ viele im Publikum an den Rolling-Stones-Boss in dessen Anfangszeit denken. Viel Beifall für schweißtreibende Show.

Während der Pause gab es ein großes Gesprächsthema. "Der singt doch wie Mick Jagger", so beschrieben viele ihre Höreindrücke im ausverkauften Muddy-Waters-Saal. Dort hatte soeben Ralph de Jongh mit seiner Band den ersten Teil seines Gelderner Gastspiels abgeliefert. Und schon da war klar, dass der Culturkreis Gelderland einmal mehr tolle Musiker in den Anbau der Gaststätte "Zur Niersbrücke" geholt hatte. Für den Sänger und Gitarristen aus dem Raum Utrecht war es das erste Konzert in Deutschland überhaupt, wie Sängerin Moon Anderson mitteilte.

Die schaute sich während der ersten Hälfte des Abends einen Teil des Bühnengeschehens vom Rand aus an. Direkt nach den ersten Zeilen ließ de Jonghs Stimme an die frühen Jahre des Rolling-Stones-Bosses denken. Und das Werbebanner des Culturkreis-Sponsors Volksbank mit dem dort abgebildeten Konterfei von Eric Burdon stellte die Verbindung her zu einer weiteren Klangfacette des Sängers, der in langsamen, hohen Passagen phasenweise auch an Robert Plant denken ließ.

Große Blaupausen, die der "Bluesman" aus dem Nachbarland indes zu einem eigenständigen charakteristischen Klangerlebnis verwob. Ähnliches lässt sich über das instrumentale Gefüge sagen. Aus de Jonghs Feder stammen die Songs. Viele, die im Muddy-Waters-Saal zu hören waren, sind auf seiner bald erscheinenden neuen CD "Lonesome Man/Ocean Of Love" vertreten. Oft finden sich Reminiszenzen an Blues- sowie Rhythm-and-Blues-Heroen der 60er Jahre. An Peter Greens "Fleetwood Mac" etwa, an John Mayalls "Bluesbreakers". Und, ja, manche Riffs am Samstagabend ließen "Jumpin' Jack Flash" von den Stones wieder lebendig werden.

Die Zuhörer, von denen nicht wenige einst just in jenem Jahrzehnt auf musikalische Entdeckungstour gegangen sein mögen, goutierten die Mischung. Sie erlebten einen Frontmann, der die meiste Zeit im Sitzen spielte und sang, dem die Show jedoch bald die Schweißperlen auf die Stirn trieb. Wenn er auf seinem Podest aufstand, zum Beispiel beim Bottle-Neck-Solo in "Come On In My Kitchen", dem letzten Song vor der Pause, berührte er mit seinen Haaren fast die Saaldecke.

Die Band lieferte de Jongh die verlässliche Unterlage und Umrahmung. Unerschütterlich stand die Rhythmusabteilung mit Schlagzeuger Arie Verhaar und Bassist Nico Heilijgers, der gemeinsam mit Moon Anderson und Keyboarder Roel Spanjers zudem den Chorgesang solide gestaltete. Spanjers trug mit Rhodes-, Hammond- und Piano-Sounds sowohl begleitend als auch solistisch vielfältig zum Klangspektrum bei. Nicht zu vergessen Gitarrist Maarten Ouweneel, der für seine wilden Ritte über die sechs Saiten ein ums andere Mal Ovationen einheimste.

Zum Beispiel beim brandneuen Song "Love Is Not A Friend", der langsam mit de Jonghs Gitarren-Intro begann, um dann in Ouweneels Tempoläufen zu enden. Der Shuffle "I Believe I'll Go Back Home" brachte den ganzen Saal in Bewegung. "Ready For Change" erinnerte an Marleys "No Woman, No Cry". Das psychedelisch angehauchte "Dreams" brachte einige dazu, rhythmisch die Köpfe zu schütteln. Beim letzten Stück "Worm", das in die immer leiser werdende Textzeile "skin to skin" auslief, griff de Jongh sogar zur Blues-Harp.

Erst nach zwei Zugaben, darunter Chuck Berrys "Little Queenie", durften die sechs Musiker endgültig von der Bühne. Wie gut de Jongh und seine Mitstreiter angekommen waren, zeigte sich beim Plattenverkauf. Der Frontmann brachte reichlich CD- und Vinyl-Scheiben unters Volk.

(RP)
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