Volker Wassermann Das Internet, Marktplatz der Kriminalität

Geldern · Facebook, Online-Banking, ständig im Netz mit dem Smartphone: Was sollte man tun, um in der virtuellen Welt sicher unterwegs zu sein? Volker Wassermann, IT-Forensic-Analyst und EDV-Sachverständiger von bridge4IT aus Geldern, gibt Tipps.

 Experte Volker Wassermann mit Smartphones.

Experte Volker Wassermann mit Smartphones.

Foto: Seybert

Ferienzeit, Urlaubszeit: Warum ist gerade jetzt besonders Obacht geboten beim Umgang mit sozialen Netzwerken?

Volker Wassermann Freundschaftsanfragen von völlig unbekannten Personen sollten vor der Bestätigung zumindest kritisch überdacht oder hinterfragt werden. Welchen Grund sollte eine völlig unbekannte Person haben, mit mir in Kontakt zu treten? Des Weiteren sollte niemand in Internetforen verkünden, dass er in Urlaub fährt. Damit sind Einbrechern Tür und Tor geöffnet. Auch persönliche Bilder sollten nicht einfach unkritisch ins Internet gestellt werden, zumindest keine, die Rückschlüsse auf einen selbst als Privatperson zulassen.

Warum?

Wassermann Die neuesten Digital-Kameras haben GPS-Sensoren, die auch in Navigationssystemen eingebaut sind. Das bedeutet, jeder kann anhand des Fotos nicht nur sehen, mit welcher Kamera das Bild gemacht wurde, sondern auch wo. Daraus können Rückschlüsse gezogen werden. Wenn jemand auf seiner Facebook-Seite ein aktuelles Foto aus Neuseeland postet, weiß jeder, dass er in den nächsten 17, 18 Stunden sehr wahrscheinlich nicht zu Hause sein wird. Das ist die Gelegenheit für Kriminelle, in Wohnungen einzubrechen.

Passiert so etwas auch am Niederrhein?

Wassermann Wer ins Internet geht, der tritt in den Marktplatz der Kriminalität ein. Ich glaube, kriminelle Energie ist immer da, gerade Cyber-Kriminalität, zum Beispiel Kontodaten-Betrügereien oder die Gefahr von Phishing-Mails.

Wie können sich Internet-Nutzer schützen?

Wassermann Auch der private Anwender braucht eine Anti-Viren-Software, die einen E-Mail-Scanner hat. Diese scannt nach Links zu Phishing-Mails und verdächtigen Anhängen.

Reicht nicht eine Firewall?

Wassermann Eine Firewall hilft heute nicht mehr, wenn ich den Link in einer Mail geöffnet habe und es sich um eine Phishing-Mail handelt, die Daten ausspionieren will. Außerdem braucht jeder Internet-Benutzer eine aktivierte W-Lan-Verschlüsselung. WPA-2 ist der Mindest-Standard, die Stärke der Verschlüsselung. Außerdem besteht die Möglichkeit, einen MAC-Filter zu aktivieren. Dadurch kann man bestimmte Geräte im W-Lan zulassen und andere eben nicht. Zugriffe von außen sollen dadurch weitestgehend ausgeschlossen werden.

Ein Tipp für sicheres Online-Banking?

Wassermann Mehrere E-Mail-Adressen, für die Bank eine andere als für Paypal oder Ebay und so weiter. Als eine Anfrage zur Aktualisierung meiner Kontodaten kam, konnte ich auf einen Blick sehen: das kann nicht sein. Die Mail ging nämlich nicht an meine Mailadresse, die ich für alle Bankgeschäfte eingerichtet hatte.

Macht eine solches Anlegen mehrer Adressen nicht für den Normalverbraucher viel zu viel Arbeit?

Wassermann Heute müssen wir so strukturiert auch im Privaten arbeiten, man muss im Internet differenzieren können.

Was ist mit dem so genannten Identitätsklau? Was ist das und wen kann es treffen?

Wassermann Über die persönlichen Daten finde ich unheimlich viel über einen Menschen heraus. Wenn jemand den Account eines sozialen Netzwerkes, etwa Facebook, geknackt hat, kann er sich als diese Person ausgeben und zum Beispiel dessen Freunde um Geld bitten. Das kann jeden treffen, der sich nicht richtig schützt.

Was ist der beste Schutz?

Wassermann Der Schlüssel bei Facebook ist das Passwort. Das hat oft mit dem persönlichen Umfeld, Geburtsdatum oder ähnlichem zu tun. Es sollte aber so schwierig wie möglich sein, aus Groß- und Kleinschreibung, Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen bestehen und öfter auch mal gewechselt werden. Wichtig ist es auch, sich nicht überall anzumelden, nur das im Internet zu nutzen, was man wirklich braucht. Gewinnspiele, bei denen nach dem Namen, der Adresse und weiterem gefragt wird, sind große Datensammler. Auch wenn irgendwo umsonst Speicherplatz angeboten wird, sollte man sich genau überlegen, ob man das Angebot annimmt. Kein Unternehmen hat etwas zu verschenken. Die Gegenleistung des Benutzers sind oft seine Daten.

Wie sollten Daten generell gespeichert werden?

Wassermann Daten sind möglichst zu Hause auf einer externen Festplatte zu speichern, am besten zur Sicherheit noch auf einer zweiten externen. Nicht alles an einem Ort abspeichern. Geht es kaputt, sind alle Daten verloren und nur der Forensiker kann helfen, also Menschen wie ich. Daten also sichern, möglichst zu Hause behalten und nicht im Internet hochladen.

Was gehört noch zu Ihren Aufgaben?

Wassermann Wenn Daten weg sind, kann ich diese wiederherstellen. Ich berate auch Unternehmen und entwickle Strategien zur Benutzung mobiler Geräte im Unternehmen und halte Seminare zum Thema Datensicherheit. Als Forensiker kann ich ermitteln, ob und wohin ein Datenklau erfolgt ist.

Spionage, Datenklau in Unternehmen, kann das auch niederrheinische Unternehmen treffen?

Wassermann Gerade mittelständische Unternehmen haben viel Know-how. Ich gehe davon aus, das Wirtschaftsspionage auch am Niederrhein passieren kann. Unternehmen sind oft noch ungeschützt, weil sie denken, ihnen passiert so etwas nicht. Aber jeder, der schützenswerte Daten hat, kann Opfer eines IT-Angriffs werden.

Was ist mit Smartphones? Was gibt es da zu beachten?

Wassermann Nicht jede interessant aussehende App aufs Handy laden und dafür sorgen, dass bei E-Mails nicht immer automatisch Bilder und PDFs heruntergeladen werden, denn auch hier kann schadhafter Code enthalten sein. Nicht alles posten und nicht jedes Foto hochladen. Wer private Bilder hochlädt, sollte nicht vergessen, dass er bei Facebook und Whatsapp sofort die Bildrechte laut AGBs abgegeben hat.

Sind Sie bei Facebook?

Wassermann Ich war bei Facebook, aber ich habe es bewusst verlassen. Heute setze ich mich lieber ins Café und treffe Freunde real. Das ist viel schöner. Ganz wichtig: Abschalten! Freizeit genieße ich ohne Internet und Smartphone.

DIE FRAGEN STELLTE BIANCA MOKWA.

(RP)
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