Issum Arabisch für Anfänger

Issum · Die Syrerin Mawadda Al Nashawatie hat gemeinsam mit der Sevelenerin Gabriela Rosenwald ein Bilderbuch konzipiert. Geplant ist es für Grundschulkinder. Aber auch Erwachsene können profitieren. Ein Plädoyer für Wertschätzung.

 Die Syrerin Mawadda Al Nashawatie und die Sevelenerin Gabriela Rosenwald arbeiten konzentriert und mit viel Freude an ihrem gemeinsamen arabisch-deutschen Lehrbuch.

Die Syrerin Mawadda Al Nashawatie und die Sevelenerin Gabriela Rosenwald arbeiten konzentriert und mit viel Freude an ihrem gemeinsamen arabisch-deutschen Lehrbuch.

Foto: Markus van Offern

Einfach mal laut aussprechen. "Ma hua essmk?" Prima, das war Arabisch. Mawadda Al Nashawatie klatscht begeistert in die Hände, als sie ihre Heimatsprache hört. "Ma hua essmk?" bedeutet "Wie heißt du?" und ist Teil ihres Bilderbuches.

Natürlich wird arabisch anders geschrieben. "Wie ein Gemälde", beschreibt Gabriela Rosenwald das Aussehen der aneinandergereihten geschwungenen Buchstaben, die dem europäischen Auge so fremd erscheinen. Einmal in der Woche treffen sich die beiden Frauen und arbeiten an dem Buch. Die Hälfte ist schon geschafft. Mawadda Al Nashawatie blättert die fertigen Seiten durch. Auf einer stehen Zahlen, geschrieben in Arabisch, daneben in Lautschrift, zum Sprechen. "Das ist ein einfaches Buch für Kinder", erklärt die Syrerin. "Wenn ein Kind aus einem arabisch sprechenden Land kommt, versteht es gar nichts, noch nicht einmal die Buchstaben", erklärt sie die Schwierigkeit in ein Land zu kommen, in dem nicht nur anders gesprochen wird, sondern auch die Schrift anders ist.

 Am Rechner gibt Mawadda Al Nashawatie ihren Figuren den Feinschliff. Die ersten Zeichnungen entstehen per Hand.

Am Rechner gibt Mawadda Al Nashawatie ihren Figuren den Feinschliff. Die ersten Zeichnungen entstehen per Hand.

Foto: van Offern, Markus (mvo)

Bilderbücher, die hat Mawadda Al Nashawatie nicht immer schon geschrieben. In ihrer Heimat Syrien musste sie irgendwann von zu Hause arbeiten. Warum? Ihr Mann Mohannad Sheikh Elard schüttelt ungläubig den Kopf über so eine Frage. Aber er erklärt es trotzdem noch einmal. "Weil Krieg ist", sagt er. "Es gibt Raketen", ergänzt seine Frau. Das Zeichnen hat sie sich dann selbst beigebracht. Erst entstehen die Zeichnungen per Hand, die Weiterbearbeitung erfolgt am Computer.

Seit fünf Monaten lebt die junge Frau in Deutschland. In ihrer Heimat hat sie BWL studiert, im Studium lernte sie ihren Mann kennen. Dann kam der Krieg und alle Zukunftsideen wurden über den Haufen geworfen.

Für das Lehr-Bilderbuch "Syrien trifft Deutschland" hat sie zwei Charaktere entwickelt, einen Jungen mit braunen Haaren und braunen Augen, Karim aus Syrien, und ein Mädchen mit blonden Haaren und blauen Augen, Julia aus Deutschland. Die Idee ist, dass beide zusammen Deutsch lernen, so wie es im echten Leben hoffentlich auch funktioniert. Als Hintergrundbild ist die zerstörte Stadt Damaskus zu sehen. Das war die Idee von Mit-Autorin Gabriela Rosenwald. Sie wollte deutlich machen, dass es einen Grund für die Flucht gab. "Die Menschen kommen nicht, weil ihnen langweilig ist, sondern weil da nichts mehr ist", sagt die Sevelenerin.

Einen Verlag gibt es auch schon, der das Buch herausbringen will. Ulrike Stolz, Redaktionsleitung des Kohl-Verlags, spricht von einem glücklichen Zufall. "Es ist ein Lehrbuch, was es so noch nicht gibt", sagt Stolz. Durch die aktuelle Flüchtlingswelle sei das Buch aktueller denn je. Und wer könnte so ein Buch besser konzipieren, als jemand, der beide Seiten kennt, die arabische und die des Deutschlernens. "Ich denke, dass bei der Autorin auch jede Menge Herzblut im Buch steckt." Die Autorin, Mawadda Al Nashawatie, schaut auf die Seiten, die schon vor ihr liegen. 48 Seiten sollen es werden. Ein bis zwei Mal in der Woche setzt sie sich an den Rechner, zeichnet und übersetzt. "Jeden Tag ist unmöglich", sagt die 28-Jährige. Dafür ist keine Zeit. Sie geht fünf Mal in der Woche zum Sprachkursus. Deutschlernen hat absolute Priorität. Viel Neues gab es zu entdecken. Die Buchstaben und Laute "ü", "ö" und "ä" sind völlig ungewohnt. "Arabisch ist schwieriger", sagt ihr Mann Mohannad Sheikh Elard. Auch dort lauern jede Menge, für deutsche Ohren, ungewohnte Laute. "Das heißt aber nicht, dass Deutsch eine einfache Sprache ist", fügt er lächelnd an. "Gesprochen wird Arabisch übrigens in 22 Ländern", sagt Mohannad Sheikh Elard. Die Sprache zu lernen, lohnt sich also. Für die Issumerin Irina Stachel ist das Bilderbuch auch der ideale Einstieg für Erwachsene. Sie kümmert sich um das syrische Ehepaar. "Arabisch-Kurse sind momentan ziemlich ausgebucht, weil die Helfer alle die Sprache lernen wollen, um zu helfen." Das deutsch-syrische Bilderbuch kann ein guter Anfang sein.

(RP)
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