Geldern Alter Atombunker schützt die Kunst

Geldern · Auf dem Gelände des Airport Weeze gibt es noch Gebäude aus der Zeit des Kalten Krieges. Zum Beispiel einen Bunker, in dem einst Teile für Düsenjäger mit größtmöglicher Sicherheit bewacht wurden. Niederländer haben ihn umgewidmet.

 Die Schleuse, durch die jeder muss, der den "Atomic Grade Art Storage" des Unternehmers Roel van Dycke besucht.

Die Schleuse, durch die jeder muss, der den "Atomic Grade Art Storage" des Unternehmers Roel van Dycke besucht.

Foto: Gottfried Evers

Einem Lagerort, dem selbst eine Atombombe nichts hätte anhaben können (so die Erwartung), dürfte ein gewöhnlicher Dieb kaum gefährlich werden. Deshalb hat die Versicherung, die mal angefragt wurde, schnell abgewinkt, als sie ein Angebot erstellen sollte: Die Gemälde und anderen wertvollen Kunstwerke, die an diesem ungewöhnlichen Ort untergebracht werden, sind so gut gesichert, dass eine Versicherung überflüssig ist. Der "Atomic Grade Art Storage" von Jan und Roel van Dycke ist ein Bunker mit drei bis neun Meter dicken Wänden. Vater und Sohn bieten Privatmenschen, Geschäftsleuten und Museen an, dort ihre großformatigen Wertsachen aufzubewahren.

 Ein unzerstörbarer Klotz aus Beton mit vielen Metern dicken Wänden und einem Dach, das selbst Atombomben standhalten sollte.

Ein unzerstörbarer Klotz aus Beton mit vielen Metern dicken Wänden und einem Dach, das selbst Atombomben standhalten sollte.

Foto: Evers Gottfried

Soviel darf mitgeteilt werden: Der atomsichere Bunker befindet sich auf dem Gelände des Airport Weeze und lässt von außen nicht erahnen, dass darin Kostbarkeiten aufbewahrt werden. Riesig, braun, unwirklich, drum herum wuchert das Unkraut. Noch handelt es sich auch eher um ein Vorhaben, aber um eines, das in der Umsetzung ist. Jan und Roel van Dycke betreiben in Boxmeer noch ein anderes Lager - vorwiegend für Archivarien - und suchen nun Aufträge. "Wir sind als Umzugsunternehmen von Geschäftspartnern auf Lagermöglichkeiten angesprochen worden und haben eines Tages den Immobilien-Manager des Flughafens kennengelernt", berichtet Roel. Eine Führung mit dem ehemaligen Laarbruch-Mitarbeiter Hal Palmer brachte dann ein konkretes Ergebnis: ein leerstehender Bunker der Briten, der auf eine Nutzung wartete. "Eine Disco hätten wir auch als gute Idee empfunden, aber dafür war keine Genehmigung zu bekommen."

Da inzwischen die Digitalisierung dafür sorgt, dass "Akten" nur noch wenig Platz benötigen, überlegten sich die findigen Niederländer, was sie sonst im Bunker sicher unterbringen könnten. Und kamen auf Kunst. Viele wohlhabende Unternehmer haben ihre Bilder und Skulpturen, die sie nicht unbedingt jeden Tag sehen müssen, in Den Haag oder Amsterdam untergebracht. Für viele sei der Weg nach Weeze aber kürzer - für deutsche Kunden sowieso.

Der Showroom ist bereits ansprechend ausgestattet, dort kann man bequem sitzen und einen Kaffee oder ein Glas Champagner trinken. Die Sicherheitstechnik von damals wurde um neuzeitige Details verbessert. "Wir haben auf 1500 Quadratmetern 20 Räume, alle mit perfekt zu regulierender Temperatur und Luftfeuchtigkeit", erklärt der Junior. Wo einst Teile für Düsenjäger lagerten, ist nun Platz für alles andere, was keinen Schaden nehmen soll. 20 Grad Celsius, 52 Prozent Luftfeuchtigkeit - dieses Raumklima bekommt Papier, Holz oder Metallen gut. Je nach individuellem Bedarf lässt sich das Raumklima auch einzeln steuern. "Wir lagern alles, was durch die Tür passt", sagt Vater Jan. Eher nicht Gold, Silber oder Platin, das sei zu leicht zu verkaufen, und die Männer wollen ja nicht versehentlich mit Hehlern Geschäfte machen.

Zwei Schleusen sind zu überwinden, um zunächst in den Bereich für die Mitarbeiter, später ins Herz der Anlage zu gelangen. Einen anderen Zugang gibt es nicht - so geht Sicherheit. Kein Handyempfang, wer zu Besuch kommt, muss sich anmelden und am ersten Tor abholen lassen. Von jeglichem Naturlicht ist man abgeschottet, kein Geräusch dringt von außen durch die gewaltigen Mauern. Die Betreiber betonen, dass weder Feuer noch Wasser dem Bunker etwas anhaben kann; eine "Box-in-Box"-Architektur mache Erschütterungen selbst bei Erdbeben unmöglich.

Beim Termin mit der Rheinischen Post sind die noch leeren Räume alle zu besichtigen. Viel mehr als Holzkisten und Regale gibt es an Ausstattung nicht zu sehen, allerdings Technik, die etwas antiquiert wirkt, deshalb aber nicht weniger imposant ist. "Der Bunker wurde 1985 in der Endphase des Kalten Kriegs gebaut und vor 20 Jahren schon wieder aufgegeben", weiß Roel. Die Hardware aus Motoren, Pumpen, Luftfiltern, Überdruck-System, Notstrom-Aggregat und was sonst noch alles damals nötig schien, funktioniert noch heute. Beeindruckend sind auch die mächtigen tresorartigen Stahltüren. "Im wesentlichen konnten wir die immer gut gewartete Technik nach 20 Jahren einfach wieder anschalten", freut sich der Unternehmer. Hochmodernes wurde hinzugefügt: Kameratechnik, die sogar biometrische Daten auswertet.

(RP)
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