Rp-Serie Wegekreuze Und Heiligenhäuschen (41) Alle zwei Jahre eine "Kreuzfahrt" in Sevelen

Geldern · Mit frischer Farbe kümmert sich Malermeister Theo Deckers um drei Glaubenszeugnisse in seiner Heimat. Er kennt die Geschichte des "Büllenkreuzes", das von den Eheleuten Lendemans aufgestellt wurde.

 Theo Deckers schaut regelmäßig auch nach dem "Büllenkreuz in der Ortschaft Sevelen.

Theo Deckers schaut regelmäßig auch nach dem "Büllenkreuz in der Ortschaft Sevelen.

Foto: Olaf Ostermann

Sevelen Spätestens alle zwei Jahre macht Theo Deckers eine "Kreuzfahrt". Wer allerdings an große Schiffe und das weite Meer denkt, der irrt in diesem Fall. Die Kreuzfahrt begeht der Sevelener Malermeister mit dem Fahrrad, sein "Meer" ist die Ortschaft Sevelen.

Seinen "Anker" wirft er an den Wegekreuzen am Bühner-Park, am Friedhof und am Autohaus Ullrich an der Dorfstraße in Sevelen aus. Mit dem Autohaus hat das Wegekreuz eigentlich nichts gemein. Einige kennen es auch als "Büllenkreuz", benannt nach den Eigentümern des Bauernhofs. Das Kreuz gehört heute noch Margret Büllen-Hollands. Sie ist die Tochter von Adelgunde Büllen und wohnt in Borken. Sie hat schon von ihren Eltern die Geschichte des Wegekreuzes gehört.

Verschonung vor schwerer Krankheit war der Grund, warum das Ehepaar Lendemans das Kreuz an der Stelle errichteten. Lendemans waren die Vorbesitzer des Büllenhofes. Theo Deckers vermutet, dass es damals die Ruhrkrankheit war, die in Sevelen die Bürger heimsuchte. Das Kreuz ist also ein Dankkreuz, ein Dank dafür, gesund geblieben zu sein.

Jürgen Kwiatkowski vom Issumer Gemeindearchiv weiß noch mehr. Geheiratet hat das Ehepaar Lendemans am 9. September 1846. Gerhard Lendemans war Schmied und damals 35 Jahre alt. Seine Frau Maria Anna Catharina ist eine geborene Berten und stammte aus Lobberich. Sie war die Schwester vom Pfarrer Heinrich Berten und zur Zeit der Heirat 31 Jahre alt.

Dass das Kreuz 1856, zehn Jahren nach ihrer Hochzeit, errichtet wurde, lässt sich auf dem Stein unter dem Holzkreuz nachlesen. Allerdings hat sich ein Fehler eingeschlichen. Wie der Gemeindearchivar vermerkt, hat die Braut mit einem sehr "G"-ähnlichem Buchstaben unterschrieben. Deswegen ist auf dem Stein zu lesen "Errichtet durch Eheleute G. Lendemans und M.A.G. Berten". Dass "C" von "Catharina" ist damit völlig verschwunden und die Geschichte ein bisschen verschoben.

Geschichte erhalten, darum geht es Deckers bei seiner "Kreuzfahrt". Wenn er nach den Wegekreuzen schaut, ist auch immer ein Eimer Farbe im Spiel. Beim "Büllenkreuz" musste es diesmal aber nicht nur zum Pinsel, sondern auch zum Holzleim greifen. Der Arm des Jesus-Corpus' baumelte herunter. "Da habe ich gedacht, das muss ich wieder in Ordnung bringen", sagt der Senior. Auch der Stein ist neu hergerichtet worden. Verändert hat sich im Laufe der Jahre ein bisschen die Vegetation. Die Linden, die sonst am Wegekreuz standen, kamen aus Platzmangel weg. Die Gemeinde pflanzte stattdessen eine Dornenhecke. Wer will, den erinnert sie an die biblische Historie, die Dornenkrone, die Jesus Christus bei seiner Kreuzigung trug.

Wenn Deckers mit dem Fahrrad am Wegekreuz vorbeifährt, schaut er dort nach dem Rechten. Er erinnert sich daran, dass sein Vater seinen Hut oder seine Mütze lupfte, wenn er am Kreuz vorbeikam, zum Gruß, aus Respekt. "Das ist heute vorbei, diese Ehrfurcht vor solchen Sachen. Irgendwie ist es die Ehrfurcht, die fehlt", sagt der Sevelener nachdenklich. Schon seinem Vater hat er versprochen, beim Kreuz am Friedhof mit der Aufschrift "Heiliges Marienland" regelmäßig für einen frischen Anstrich zu sorgen. Er wiederum hat es seinem Sohn als Aufgabe übergeben.

"Das sind Dinge, die muss man erhalten, sonst tut es keiner mehr. Man muss es weitererzählen, den Kindern", sagt Theo Deckers. Aber so lange er es noch kann, kümmert er sich selbst um das Kreuz und macht regelmäßig seine "Kreuzfahrten", ohne Schiff.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort