Erkrath Wege aus der Trauer finden

Erkrath · Carola Engel begleitet als Seelsorgerin Besucher des Trauercafés im Hochdahler Franziskus-Hospiz. Sie weiß: Vor allem Sensibilität und Einfühlungsvermögen bei den Trauernden nahen Menschen sind gefragt - und Geduld.

 Der regelmäßige Besuch am Grab kann helfen, die Trauer besser zu bewältigen.

Der regelmäßige Besuch am Grab kann helfen, die Trauer besser zu bewältigen.

Foto: dpa-tmn

Es ist ein wunderbares Buch über das Sterben. Wolf Erlbruchs "Ente, Tod und Tulpe", in dem der Wuppertaler Grafikdesigner und Kinderbuchautor vom Abschiednehmen erzählt, kann auch jenen helfen, auf deren Leben der Tod eines Menschen einen dunklen Schatten geworfen hat. Bei Erlbruch kommt er in einem Kittelchen daher, um sich mit freundlicher Kühle an die Ente zu schmiegen, die ihm noch das Gründeln im Teich zeigt. Als sie zum ersten Mal im Leben friert, wärmt sie der Tod, um kurz darauf eine schwarze Tulpe auf sie zu legen.

Womöglich fällt es leichter, einen Menschen gehenzulassen, wenn man ihn in guten Händen weiß. Was dennoch bleibt, ist die Lücke. Sie breitet sich vor denen aus, die zurückbleiben mussten. Und manchmal scheint es so, als würde auch die Zeit keine Wunden heilen. Experten sprechen dann von komplizierter Trauer. Ein unterkühlter Begriff für einen Seelenzustand, von dem wohl niemand so genau weiß, ob der Mensch einfach noch Zeit braucht, um den Verlust zu verarbeiten. Oder ob man sich Sorgen um sein Seelenheil machen muss, weil all das schon so lange andauert.

"Jeder Mensch hat ein Recht auf seine eigene Trauerzeit", glaubt Carola Engel. Als Seelsorgerin begleitet sie das Trauercafé im Hochdahler Franziskus-Hospiz und weiß: "Oft sind die Menschen drumherum, die irgendwann denken, jetzt müsse es langsam mal gut sein mit der Trauer." Spricht sie über ihre Erfahrungen mit Trauernden, so wird schnell klar: Manchmal fehlt einfach die Kraft, um aus der selbst gewählten Isolation herauszutreten. Dann seien vor allem Sensibilität und Einfühlungsvermögen der nahen Menschen gefragt - und Geduld. Denn schnell geht in Trauerzeiten schon mal gar nichts. Wer seinen Partner, seine Eltern oder gar sein Kind verliert, fühlt sich oft wie aus der Zeit gefallen. Das Alltägliche wird unbedeutend, das Denken kreist um den Verlust. Wie lange das so ist, lässt sich nicht sagen. "Da geht jeder seinen eigenen Weg", weiß Carola Engel.

Derweil können Freunde oder Angehörige immer wieder Angebote machen - für ein Gespräch, für gemeinsam verbrachte Zeit oder einfach nur als Zuhörer. Den Schmerz des Anderen aushalten, seine Tränen hinnehmen und dennoch irgendwann gemeinsam zu neuen Ufern aufzubrechen - all das kann eine heilsame Erfahrung sein. Es mag paradox klingen, und dennoch scheint es so zu sein: Der Weg aus dem Schmerz führt durch ihn hindurch.

Inmitten einer Welt des stetigen Funktionierenwollens haben wir es verlernt, Krisen auszuhalten. Wegtherapieren, mit Medikamenten behandeln oder mit genügend Entspannung in den Griff bekommen: Was gelegentlich hilft, um aus dem Krisenmodus zu kommen, scheint bei tiefer Trauer kaum angebracht zu sein. Stattdessen können so simple Dinge, wie dem Verzweifelten eine warme Suppe zu kochen, über die erste Zeit im Schockzustand hinweghelfen. Später sollte es gelingen, sich der eigenen Angst vor Tod und Verlust zuzuwenden, um sich bei Gesprächen darüber nicht selbst abwenden zu müssen. In dieser Zugewandtheit wird irgendwann am ehesten spürbar, ob ein Trauernder nicht mehr selbst herausfindet aus dem dunklen Tal.

Im Hospizcafé gibt es seit einigen Wochen übrigens auch einen "Sonntagstreff" für Trauernde. Denn oft ist es der ruhige Sonntag, an dem die Lücke nach dem Tod eines Menschen besonders schmerzlich spürbar wird. "Manchmal rate ich nach intensiven Gesprächen aber auch zu therapeutischer Hilfe", sagt Carola Engel.

(magu)
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