Erkrath Vorlesepaten sind Entertainer mit Buch

Erkrath · Seit zehn Jahren gibt es über die Stadtbücherei organisierte Vorleser für Kinder. So unterschiedlich sie sind, eint sie doch eins, nämlich die Liebe zum Wort.

 Ursula Schulte (l.) und Karin Osswald sind zwei von rund 20 Vorlesepaten in Erkrath.

Ursula Schulte (l.) und Karin Osswald sind zwei von rund 20 Vorlesepaten in Erkrath.

Foto: Dietrich Janicki

Almut Keller ist eine von ihnen. Früh verwitwet, suchte die vormalige Museumsmitarbeiterin nach einer sinnstiftenden Beschäftigung. Als sie den Aufruf von Bibliothekschefin Michaele Gincel-Reinhardt las, die wieder mal Vorleser suchte, meldete sie sich prompt. Das war vor fünf Jahren. Heute liest sie in der Sechseck-Schule.

"Irrsinnigen Spaß" macht ihr diese Aufgabe. Auf die sie sich "gerne und gut" vorbereitet. Dass die Stimme dabei funktioniert, ist wichtig. "Damit lassen sich entscheidende Akzente setzen." Noch wichtiger ist die "Geduld haben, sich auf Kinderwünsche einzulassen". Lässt deren Konzentration beim Zuhören nach, macht sie schon mal Buchstabenspiele oder setzt auf Kreativarbeit wie Malen.

"Man lernt als Vorlesepate immer wieder dazu", bestätigt auch Karin Osswald. Zum Beispiel, dass zu lange Lesepassagen nicht funktionieren. "Der Bewegungsdrang der Kinder ist einfach zu groß." Sie muss es wissen, 40 Jahre unterrichtete die Lehrerin aus Hochdahl Englisch und Deutsch. Unter anderem in Kalifornien und am schwedischen Goethe-Institut. Dann wurde sie pensioniert und "mir fehlten die Kinder". Die haben sie immer fasziniert, weshalb sie sich für das Ehrenamt als Vorlesepatin an der Willbecker Grundschule entschied.

Um den Wert großer Worte geht es ihr selten. Wenngleich sie damit zu punkten weiß, das kindliche Interesse durch unbekannte Begriffe zu wecken. Vor allem nimmt sie es nicht persönlich, wenn die Lektüre, die sie ausgewählt hat, mal nicht ankommt. "Es ist immer besser, noch was in petto zu haben", verweist sie auf das stets parat liegende Ersatzbuch.

Was geht und was nicht, darüber tauschen sich die insgesamt mehr als 20 Vorlesepaten, darunter zwei Quotenmänner, regelmäßig in großer Runde aus. Die Bibliothek ist dabei eine wichtige Fundgrube, Neuanschaffungen und Bestseller stehen hier bereit. Ebenso machen Raritäten die Runde. Entdeckt einer der Paten ein besonders hübsches oder exotisches Märchen, wird es für die anderen kopiert. Oder einer erinnert die anderen an längst nicht mehr auf den Bestenlisten verzeichnete Glanzstücke. Wie das von James Krüss verfasste Nonsens-Gedicht "Wenn die Möpse Schnäpse trinken".

"Der Spaß an der Sache ist wichtig", sagt Ursula Schulte. Die studierte Bio-Chemikerin, seit sieben Jahren mit von der Partie, sieht die Vorleserei als so etwas wie die Fortsetzung der Vortragestunden mit ihren eigenen Kindern. Vorlesen ist ein vergleichsweise kleines zeitliches Investment mit hoher Rendite für die kindliche Entwicklung. Die es aber in so manchem Haushalt nicht gibt und die sie nun im Kindergarten nachstellt.

Rechts und links von Bücherwürmern flankiert, trägt sie vor. "Ich bin ein Service-Unternehmen und lese, was gefragt ist." Stimme und Vortrag sind auch bei ihr nicht alles. Zur Untermalung von Tiergeschichten hat sie quasi eine ganze Menagerie dabei. Auf Flohmärkten guckt sie grundsätzlich nach interessanten Accessoires für ihre Lesestunden. "Und wenn es richtig schön pladdert, beobachten wir Regentropfen an den Fenstern und denken uns Geschichten aus."

Letztlich, auch darüber herrscht unter den Paten Einigkeit, sind Geschichten mehr als Wörter und Vorlesen der Einstieg in die Förderung sprachlicher Kompetenzen. Und: "Ich lese einfach gerne", wie Almut Keller sagt.

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