Erkrath Stadtwerke verlieren 700 Kunden

Erkrath · Weil Strom anderswo günstiger ist, haben in sechs Monaten etwa 700 Erkrather Haushalte den Anbieter gewechselt. Geldprämien oder Handys und iPads verführen zum Wechsel. Doch es gibt auch illegale Methoden.

 Stadtwerke-Geschäftsführer Gregor Jeken

Stadtwerke-Geschäftsführer Gregor Jeken

Foto: dj

Wer sich im Internet auf dem Vergleichsportal Verivox umsieht, merkt schnell: Beim Strom kann man viel Geld sparen, wenn man den Anbieter wechselt. Das Portal bietet eine Beispielrechnung für eine Familie mit einem Kind, die in Erkrath wohnt und etwa 3500 Kilowattstunden im Jahr verbraucht. Preis laut Verivox bei den Stadtwerken Erkrath: 1135 Euro. Preis beim günstigsten Anbieter: 788 Euro. Macht pro Jahr eine Ersparnis von 346 Euro.

Das lohnt sich - denken sich offenbar immer mehr Erkrather. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres haben bereits etwa 700 Haushalte den Stromanbieter gewechselt. Das sind doppelt so viele wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Diese Zahlen gab Stadtwerke-Geschäftsführer Gregor Jeken jetzt bei der Sitzung des Aufsichtsrats bekannt. Bei den Politikern sorgte er mit diesen Zahlen für durchaus erstaunte Gesichter.

Jeken weiß, dass die Stadtwerke Erkrath in den Anbieter-Vergleichportalen nicht unter den ersten 20 Plätzen landen. "Können wir auch gar nicht, weil wir nicht bereit sind, pro Kunde bis zu 150 Euro Wechselprämie einzukalkulieren", sagte Jeken jetzt im Aufsichtsrat. Allein um diese 150 Euro wieder hereinzuholen, müsse der Kunde drei oder vier Jahre bei dem Anbieter bleiben. Jeken setzt statt dessen auf die lokale Kompetenz der Stadtwerke vor Ort. Man wolle den Vertrieb der Stadtwerke stärken und die Kundenbindung erhöhen. Dazu gehöre etwa eine neue Zeitschrift, die an die Kunden der Stadtwerke herausgegeben wird. Darüber hinaus setzen sich die Stadtwerke für soziale und Sport-Projekte in der Stadt ein. Nicht zuletzt seien die Stadtwerke Erkrath der Betreiber des beliebten Neanderbads, das eine lokale Identität schaffe. Die Stadtwerke lassen sich das Neanderbad jedes Jahr eine Million Euro kosten. Seit der Strommarkt vor einigen Jahren geöffnet worden ist, werde der Wettbewerb eben immer härter, sagt Jeken. Der Geschäftsführer weiß: Zum Teil werde auch mit unlauteren Mitteln um jeden Kunden gekämpft. So werden offenbar verstärkt Kunden in Erkrath angerufen, um Stromkunden zum Wechsel zu überreden, so Jeken. "Das ist verboten, aber dahinter stecken Call-Center, die eine Provision für jeden abgeschlossenen Vertrag erhalten", sagt Jeken. Nur in den wenigsten Fällen erhalten die Stadtwerke davon Kenntnis. Viel machen könne man dann nicht mehr. Es sei auch schwer herauszufinden, wer dahinter stecke.

Jeken hofft, dass es zu einer Marktbereinigung kommt und einige Anbieter auch wieder verschwinden. Schlagzeilen machte im Jahr 2013 die Insolvenz von Flexstrom, die jahrelang um Kunden geworben hatten. Am Ende übrig blieb ein Schuldenberg von rund 569 Millionen Euro. Darunter auch viele Endverbraucher, die Vorauszahlungen geleistet hatten. Die Schulden des Unternehmens Flexstrom verteilten sich auf 835.000 Gläubiger, rund 594.000 von ihnen haben bislang Forderungen angemeldet. Es war eines der größten Insolvenzverfahren, dass die Bundesrepublik bis dahin erlebt hat. Dennoch: Etwa 90 Prozent aller Erkather Haushalte beziehen ihren Strom von den Stadtwerken. Zehn Prozent haben den Anbieter gewechselt. Weil unter diesen Wechslern auch einige Großkunden sind, ist die Menge des gelieferten Stroms deutlich zurück gegangen. Die Zahlen wurden in der Sitzung des Aufsichtsrats bekanntgegeben. Weil man auch noch einen Großkunden aus der Industrie als Abnehmer verloren hat, lieferten die Stadtwerke in den ersten sechs Monaten dieses Jahres etwa 4,5 Millionen Kilowattstunden weniger als noch vor einem Jahr.

Bei Gas gab es ebenfalls Einbußen. Dort wurden etwa zwei Millionen Kilowattstunden weniger geliefert, als noch vor einem Jahr. Auch hier sind es fast zehn Prozent der Erkrather Haushalte, die den Anbieter gewechselt haben.

(RP)
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