Erkrath Hans Frühauf hat den längsten Atem

Erkrath · Das Glück hat es gefügt, dass der 90. Geburtstag von Hans Frühauf auf einen Mittwoch fallen sollte. An diesem Wochentag geht der Bruchhausener regelmäßig zu den Proben des Hochdahler Männergesangvereins 1909 ins Franziskushaus nach Trills.

 Hans Frühauf bekam als 18-jähriger Kriegsgefangener den Tipp, sich auf einem Bauernhof in Gruiten zu melden. Später zog er nach Hochdahl und gründete dort eine Familie. Im Chor hat er immer gerne gesungen.

Hans Frühauf bekam als 18-jähriger Kriegsgefangener den Tipp, sich auf einem Bauernhof in Gruiten zu melden. Später zog er nach Hochdahl und gründete dort eine Familie. Im Chor hat er immer gerne gesungen.

Foto: Achim Blazy

Ihrem treusten Stimmbruder zu Ehren ließen die Sänger die Probe sausen und probten stattdessen eine große Sause. Gut Hundert Gratulanten hatten sich am Eingang aufgereiht, denn Frühauf ließ es sich nicht nehmen, jeden per Handschlag zu begrüßen. Die enorme Anzahl an Gästen kam zustande, weil Frühauf nicht nur im Männerchor aktiv ist, sondern ebenso basskräftig den gemischten Kirchenchor St. Cäcilia unterstützt. Als Dank gab es einige Ständchen, die Frühauf ohne Blick aufs Notenblatt textsicher mitsingen konnte.

Auch Sängerinnen des Frauenchores Hochdahl 1942 ließen den Chorsenior hochleben. Mit über siebzig aktiven Chorjahren kann man Frühauf Hochdahls erfahrensten Sänger nennen. Dass der in Reinschdorf an der Oder geborene Oberschlesier hier im Niederbergischen gesungen hat, ist eine schicksalsstarke Geschichte. Seine Schwestern hatten in der alten Heimat im Kirchenchor gesungen, doch von seiner eigenen musischen Gabe wusste er damals nichts, erzählt Frühauf: "Aber es muss ja wohl in der Familie gelegen haben." Nach Kriegsende lernte der 18-jährige Soldat im französischen Gefangenenlager in Montabaur einen Kölner Kameraden kennen. Dieser empfahl Frühauf, sich doch auf einem Gruitener Bauernhof zu melden, in dessen Nähe er stationiert gewesen war. Dass Frühauf diesen Rat befolgte, erwies sich als absolut richtig. Dort fand er nicht nur Arbeit, Unterkunft und Verpflegung, sondern auch Anschluss an den Kirchenchor, der neben dem Bauernhof probte. Auch lernte er in Gruiten seine Ehefrau kennen, die später selbst das Singen für sich entdeckte. Als die Frühaufs eine Siedlungsstelle am Nelkenweg erhielten, zogen sie nach Hochdahl, bauten ein Haus und bekamen fünf Kinder. Der gelernte Maschinenschlosser sah sich zu Arbeitszeiten auch mit den damals gebräuchlichen Werkstoffgiften ausgesetzt. Doch irgendwie scheint der schier unverwüstliche Frühauf überaus widerstandsfähig zu sein. Die Vorsitzende des Chorverbandes Düsseldorf, Christel Paschke-Sander, vermutet den Einfluss der Musik: "Herr Frühauf ist sicherlich das beste Beispiel dafür, was Singen mit uns macht. Es hält geistig und körperlich fit." Im vergangenen Jahr hatte sie ihn im Düsseldorfer Rathaus für seine siebzig Jahre Sangesengagement ausgezeichnet und geehrt. "Musik wäscht den Staub von der Seele", wandelte Erkraths Erste stellvertretende Bürgermeisterin Regina Wedding einen Ausspruch des Schriftstellers Berthold Auerbach auf die positive Lebenshaltung des Jubilars ab. Im Namen der Mitsänger gratulierte der Vorsitzende der Hochdahler Chöre, Detmar von Foerster, voll Respekt und Humor: "Du bist uns allen ein Vorbild. Wir wünschen Dir weiterhin ein pünktliches Proben. Wenn alle immer so pünktlich wären wie der Hans, dann wäre ich schon zufrieden."

Auch stimmlich ist Frühauf gereift. Vom höheren ersten Bass wechselte er in das Fundament der tiefen zweiten Bassstimme. Gerne erinnert Frühauf die Abenteuer auf Chorreisen von Kapstadt bis ins westkanadische Vancouver. Ebenso unvergessen blieben ihm die Begegnungen mit dem erst zu Jahresbeginn verstorbenen Weltklasse-Tenor Nicolai Gedda. Bei einem Konzert mit dem Männergesangverein mischte sich der Star unter die Hochdahler und sang als einer von ihnen einfach mit.

(lard)
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