Erkelenz Zweckverband am Tagebaurand

Erkelenz · Noch arbeiten Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz als informeller Planungsverband zusammen, um ihre Interessen bei Tagebauthemen gemeinsam zu vertreten. Vorgeschlagen wird, dazu einen Zweckverband zu gründen.

 Ideen der Stadtplaner für die Zukunft nach dem Tagebau.

Ideen der Stadtplaner für die Zukunft nach dem Tagebau.

Foto: Plan B

Die Zusammenarbeit in Fragen der Gegenwart und Zukunft am Tagebau Garzweiler, welche Erkelenz, Jüchen, Mönchengladbach und Titz seit zwei Jahren pflegen, soll auf ein neues Niveau gehoben werden. Angeregt wurde am Mittwochabend in Erkelenz bei einer gemeinsamen Sitzung der vier kommunalen Fachausschüsse, einen Zweckverband zu gründen. Schon im Dezember könnten die Räte ihre Verwaltungen beauftragen, gemeinsam ein Konzept mit dem Ziel zu erarbeiten, 2017 aus dem bislang informellen Planungsverband eine formelle Institution zu entwickeln. Gesprochen wurde von einer "echten Umkehr der Vorzeichen", sollten die Tagebauanrainer diesen Schritt gehen.

Vier renommierte Planungsbüros hatten im September in Mönchengladbach eine Woche lang an Ideen gearbeitet, wie während und nach dem Braunkohlenabbau mit der Fläche zwischen Titz, Mönchengladbach, Jüchen, Grevenbroich und Erkelenz umgegangen werden könnte. Zu ihren Vorschlägen gehörte ein grüner Gürtel um das Gebiet, in dem heute bereits ein 70 Kilometer langer Radschnellweg angelegt werden sollte. Die Planer erhoffen sich, dass sich die Dörfer am Tagebaurand von diesem Grüngürtel geschützt fortentwickeln, trotz des vorbeiziehenden Tagebaus. Erarbeitet wurden auch Ideen wie Platz im Herzen des Tagebaugebiets für innovatives Wohnen, Forschen und Arbeiten, eine Seilbahn als zukunftsweisendes Verkehrsmittel im ÖPNV oder schwimmende Inseln auf dem Restsee.

All diese Ideen wurden am Mittwochabend den Fachpolitikern der vier Kommunen des informellen Planungsverbands vorgestellt - mit dem Verweis, dass es sich um kein ausgearbeitetes Konzept bis 2035 oder gar 2080 handele, sondern um erste Skizzen für ein Drehbuch, das es nun politisch auszuarbeiten gelte. Schnell kam daraufhin der Vorschlag aus den Reihen der Politiker, dass es dazu nötig sei, die informelle Zusammenarbeit der Kommunen rasch in eine neue, rechtsverbindliche Form zu bringen.

"Wir werden als informeller Planungsverband inzwischen auf Ebene der Bezirks- und Landesregierung wahr- und ernstgenommen", berichtete Peter Jansen, der Bürgermeister von Erkelenz. Allerdings sei es nicht vorgeschrieben, gehe es um Fragen rund um den Tagebau Garzweiler, ihn anzuhören: "Um sprachfähig zu sein, müssen wir uns institutionalisieren." Erreicht werden könne beispielsweise durch einen Zweckverband, "dass der Fokus des Landes NRW verstärkt auf unsere Region gerichtet wird", sagte Harald Zillikens, Bürgermeister von Jüchen. Dazu zähle auch die Möglichkeit, an Fördergelder zu gelangen. In einer Entwicklung, "für die es keine Blaupause gibt", wie Bürgermeister Jürgen Franzen aus Titz erklärte, solle die Politik in den vier Kommunen nun zu überlegen beginnen, wie die Zusammenarbeit künftig gestaltet, welche Aufgaben einem Zweckverband übertragen, wie dessen Zuständigkeit aussehen und wie dessen Besetzung erfolgen könnte, baten die vier Stadtspitzen. "Das wird etwas kosten, ist aber gut angelegtes Geld, weil in der Region in Zukunft Milliarden Euro umzusetzen sein werden", erklärte Hans Wilhelm Reiners, Oberbürgermeister von Mönchengladbach. Dass die Kommunen Finanzmittel vorgesehen haben, um - sollten es die Stadträte im Laufe der nächsten Monate beschließen - 2017 mit einem Zweckverband starten zu können, bestätigte der Erkelenzer Bürgermeister.

Politisch wird sich in den nächsten Monaten nicht nur mit dieser formellen Frage zu beschäftigen sein, sondern auch mit den ersten Ideen aus der Planungswerkstatt im September. Dass dabei die Landwirtschaft nicht zu kurz kommen dürfe, wurde am Mittwoch beim gemeinsamen Fachausschuss bereits eingewandt. Dass über all diese Ideen der Tagebaubetreiber nicht aus der Pflicht der Rekultivierung entlassen werden dürfe, wurde angemerkt. Und dass eine Entwicklung anzustreben sei, die über die "bunten Bildchen" der Planungswerkstatt hinausgehe und die für die Zukunft aller vier Kommunen etwas biete, wurde gefordert.

Wie sinnvoll ein Zweckverband für alle anstehenden Überlegungen sein kann, erklärte Dr. Reimar Molitor, Geschäftsführer des Zweckverbands Köln/Bonn und bisher Begleiter des informellen Planungsverbands am Tagebau Garzweiler, am Rande der Sitzung in Erkelenz: "Bisher hat der Raum mit dem ihn belastenden Tagebau auf Dritte reagiert. Nun könnte der Modus der vier Kommunen auf Aktion verändert werden - das wäre eine echte Umkehr der Vorzeichen. Künftig müssten Dritte auf die Region, vertreten durch einen eigenen Zweckverband, reagieren."

(spe)
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