Erkelenz Zum ersten Mal "Anders glauben"

Erkelenz · Die Uraufführung von "Anders glauben" begeisterte am Donnerstag das Publikum. Das Reformationsschauspiel mit Lokalkolorit verbindet als Großprojekt über Generationen und Glauben hinweg.

 Szene aus "Anders glauben", dem Reformationstheater der evangelischen Kirche Schwanenberg.

Szene aus "Anders glauben", dem Reformationstheater der evangelischen Kirche Schwanenberg.

Foto: Jürgen Laaser

Wer an den letzten beiden Abenden die Evangelische Kirche in Schwanenberg betrat, dem bot sich ein ungewohntes Bild. Das Interieur des Gotteshauses wurde umgekrempelt, ausgerichtet auf die ausgeklügelte Bühnenkonstruktion im Mittelpunkt des Geschehens - fast schon wie eine subtile Unterstreichung der von Konflikten, Gewalt und Umbrüchen geprägten Zeit, die als historische Kulisse für das diesjährige Stück des Schwanenberger Theaterprojekts dient. "Anders glauben" wurde anlässlich des 500. Reformationsjubiläums eigens vom bekannten Autor Peter Schanz nach wochenlanger Recherchearbeit verfasst. Unzählige lange Probentage, Planungen und Herzblut kulminierten am Donnerstag in der Uraufführung des lokalhistorischen Schauspiels.

Mit ihrem hiesigen Ruf als Garant für ausgesprochen gutes Theater liegt die Messlatte für die Schauspieler weit oben, die Erwartungshaltung des Publikums ist hoch. Als "All Stars"-Team aus den Aufführungen der bisherigen Jahre ist den 43 jungen Talenten das Theater nicht fremd - doch "Anders glauben" ist in vielen Aspekten anders als alles, was die Jugendlichen und jungen Erwachsenen rund um Regisseur und Pfarrer Robin Banerjee schon erfolgreich auf die Beine gestellt haben. Den hohen Anforderungen und der Nervosität zum Trotz glänzten die Akteure. Besonders zu erwähnen ist die Glaubwürdigkeit, mit der die Schlüsselszenen vor das Publikum getragen wurden. Bei den verbalen Duellen in einer von Glaubensfragen zerrissenen Familie kochen die Gemüter hoch, die Missionierungslust von Campanus und seinen Anhängern ist greifbar. Es ist faszinierend anzusehen, wie auf der Bühne mit den verschiedenen Zeitebenen des Stückes jongliert wird und 500 Jahre alte Geschichte mit aktuellen Fragen und Gedanken zur Religion Hand in Hand geht. Die richtigen Szenen werden leidenschaftlich gespielt, immer wieder wird für Schmunzeln und Lachen gesorgt. An anderen Stellen wiederum wirkt die Beklemmung, die Angst vor kriegerischen Ausuferungen spürbar und echt. Verstärkt wird die Atmosphäre dabei vom Schwanenberger Kirchenchor unter der Leitung von Luis Andres Castellanos Jiménez. Die Verbindung aus Schauspiel und Gesang harmoniert wunderbar - so beispielsweise, wenn der Chor "For everything there is a season" anstimmt und die Schauspieler in der Gegenwartsebene über Zeit und Stunde für die Facetten von Leben und Glauben philosophieren. So wird zeitgleich ein Bogen zur historischen Ebene geschlagen: Vor 500 Jahren kam in Schwanenberg die Zeit für Veränderung.

Nach dem Ende der gelungenen Premiere stellte Banerjee unter lautem Applaus seine "Schützlinge" vor und sprach den Helfern hinter den Kulissen seinen Dank aus, unter anderem den Eltern der Schauspieler, die viele Requisiten stellten und die Probenabläufe auf jede erdenkliche Weise unterstützten, sowie Dieter Brunn von der Firma "image construction", der das ausgefeilte Bühnenkonzept von Schanz und Banerjee in die Tat umsetzte. Letzterer war als Leiter des Projektes sichtlich begeistert von der positiven Resonanz. "Ich bin außerordentlich zufrieden und stolz, schließlich arbeiten die meisten der Beteiligten und haben nicht mehr so viel Zeit. Dennoch stecken sie so viel Arbeit und Mühe in das Gelingen des Stücks", sagte Banerjee.

Was bleibt nach "Anders glauben"? Das Stück hat das Potenzial, noch lange nachzuwirken, wenn der Zuschauer sich vor Augen führt, wie weit wir gekommen sind, seit sich Christenmenschen, Nachbarn und Familien im Namen Gottes untereinander bekriegten. Denn so sehr das konfliktbeladene Stück sich mit dem Zwist dieser Zeit beschäftigt, so wird die gute Beziehung zwischen Katholiken und Protestanten vor allem mit dem symbolischen Brückenbau am Schluss des Stückes gestärkt - es ist verbindend, dass wir aus dieser schwierigen Zeit gemeinsam hervorgegangen sind.

(kasc)
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