Erkelenz Smartphone in Kinderhänden?

Erkelenz · Welche Gefahren Smartphones für Kinder bergen, haben Experten bei einem Infoabend in Erkelenz erklärt. Eltern riefen sie auf, Regeln vorzugeben. Erst mit elf sollte es eigene Smartphones geben.

Als die Leonhardskapelle gebaut wurde, haben die Menschen noch Briefe geschrieben. Bis sie beim Adressaten ankamen, vergingen viele Tage. Wer in direkter Nachbarschaft wohnte, hat miteinander gesprochen. Heute ist das freilich anders. Da werden kaum noch Briefe geschrieben. Und wer Wand an Wand wohnt, spricht nicht mehr unbedingt miteinander. Kommunikation findet heute per Smartphone statt. Für Kinder sind die kleinen tragbaren Computer, die auch telefonieren können, jedoch auch mit Problemen behaftet. Das ist dann der Fall, wenn der Nachwuchs von den Geräten gar nicht mehr loszukommen scheint.

Über die Gefahren von Smartphones für Kinder und wie Eltern damit umgehen können, haben jetzt Experten der Krankenkasse BKK VBU und der Stiftung Männergesundheit in der Leonhardskapelle aufgeklärt.

"Das Smartphone kann viele Dinge, für die wir früher mehrere Geräte brauchten. Das macht für Kinder den Reiz aus", sagt Robert Seifert. Der Medienwissenschaftler der Universität Erfurt hat Probleme erkannt. "Bei falschem Umgang läuft man Gefahr, persönliche Dinge preiszugeben. Das ist vor allem in sozialen Netzwerken der Fall. Außerdem erzeugen Smartphones einen permanenten Kommunikationsdruck, weil man immer erreichbar ist", sagt Seifert. Eltern machten oft den Fehler, ihr Kind an eine digitale Hundeleine zu legen und ständig durch Anrufe oder Nachrichten zu kontrollieren, was sie gerade machen.

Eine richtige Sucht nach den Geräten ist selten. Sie tritt jedoch auf, wenn das Kind an anderen Problemen wie Depressionen leidet. Das kommt aber nur bei wenigen Nutzern vor. Viel häufiger ist ein übermäßiger Gebrauch. Das Smartphone beschäftigt jedoch inzwischen auch Ärzte.

Eine von ihnen ist Christiane Thiele. Die Kinder- und Jugendärztin spricht bei Vorsorgeuntersuchungen das Thema elektronische Medien regelmäßig an. Viele Eltern äußern sich dann kritisch über den Umgang ihrer Kinder mit den Geräten. Bei einigen Patienten, deren Umgang mit Smartphones auffällig war, diagnostizierte sie psychische Krankheiten. Manche Kinder leiden an Depressionen, andere an ADHS. Sie flüchten sich dann in digitale Welten.

Auch bei den Krankenkassen sind Smartphones ein Thema. "Der berühmte Handynacken, Rückenbeschwerden und Probleme mit den Augen sind häufige Folgen der Smartphonenutzung", sagt Claudia Lyhs, Gesundheitsökonomin der BKK VBU. Und das nicht nur bei Kindern. Auch Erwachsene leiden an diesen Folgen.

Die Expertin rät zu einer regelrechten Smartphone-Diät. "Ersetzen Sie das Smartphone am Bett durch einen Wecker und im Alltag durch eine Armbanduhr. Beim Essen sollte man das Gerät ausschalten und ansonsten lieber telefonieren statt tippen", schlägt Claudia Lyhs vor. Eine aktive Freizeitgestaltung, zum Beispiel durch Sport oder gemeinsame Unternehmungen, wirkt einem übermäßigen Gebrauch entgegen. Eltern sind aufgerufen, den Kindern ein gutes Vorbild zu sein. Das sieht auch Dr. Iren Schulz von der Universität Erfurt so: "Kinder sollten frühestens mit elf Jahren ein Smartphone bekommen. Die Eltern müssen Regeln vorgeben." Kommt es einmal zu Mobbing per Smartphone, sollten die Schulleitungen und notfalls die Polizei eingeschaltet werden.

(cli)
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