Heimat genießen in Erkelenz Senf schmeckt zu mehr als nur Bratwurst

Erkelenz · Senf ist als Genussmittel etabliert und das nicht nur zu Bratwurst und Frikadelle. Familie Terhorst stellt in Erkelenz eigenen Senf her und das bereits seit 1929. Dorothea Terhorst erklärt, was Senf auch heute noch so attraktiv macht.

 Dorothea Terhorst hat die Senf- und Gewürzmühle erst vor kurzem restauriert und wieder in Betrieb genommen. Der Verkaufsrenner schlechthin ist der süß-scharfe Senf.

Dorothea Terhorst hat die Senf- und Gewürzmühle erst vor kurzem restauriert und wieder in Betrieb genommen. Der Verkaufsrenner schlechthin ist der süß-scharfe Senf.

Foto: Jörg Knappe

Im Produktionsraum ist es kühl. Doch dort, wo der Senf verkostet wird, sorgen Tische und Bänke im bayrischen Stil für eine wohlige Atmosphäre. Dazu verbreiten Gewürzmischungen exotische Gerüche in der Luft. Sie heißen Bärlauch-Senf, Chili-Senf und werden mit Feigen, Honig oder Bier verfeinert. Das alles nach traditionellen Familienrezepten. Die Senf- und Gewürzmühle Terhorst ist ein Unternehmen, welches in dritter Generation geführt wird. Terhorst bietet rund 200 Gewürzmischungen und 16 Senfsorten an.

Wichtig für den Senf sei vor allem Kälte, erklärt Dorothea Terhorst, Inhaberin der Senf- und Gewürzmühle. "Oberste Priorität bei der Senfproduktion sind niedrige Temperaturen. Bereits bei 30 Grad verschwinden die ätherischen Öle im Senf", sagt sie. Für die Produktion benötigt es nicht viele Schritte, zuerst jedoch müssen die geschroteten Senfkörner einer Maische hinzugefügt werden. Mit Wasser, Essig und, je nach Rezept, verschiedenen Gewürzen, wird diese angesetzt. Die Maische zieht eine Nacht lang, um ihren Geschmack zu entfalten, am darauffolgenden Tag durchläuft sie dann zwei Mahlgänge. Terhorst sagt, die Vermahlung sei sehr wichtig, weil der Senf so erst eindickt und seinen tatsächlichen Geschmack entwickeln kann. "Die größte unserer drei Mühlen stamm aus dem Jahr 1890 und hat ihren Originalzustand fast behalten", erklärt die Senfexpertin. Der obere Stein, der Läuferstein, dieser Mühle wiegt 490 Kilogramm.

Mittlerweile unterstützt zwar ein Motor die Mühlen bei der Kaltvermahlung, trotzdem wird in der Senfmühle noch oft mit der Hand gearbeitet. Das Abfüllen und etikettieren machen Terhorst und ihre zwei Mitarbeiter manuell. So schaffen sie pro Tag 250 Kilogramm Senf. In einem Großunternehmen sind es 20 Tonnen am Tag, doch die Produktion dort hat auch Nachteile. "Unsere Arbeitsweise ist sehr schonend für die Geschmäcker des Senfes. Bei der Produktion in Großunternehmen sind die Senfkörner Druck ausgesetzt und durch die so entstehende Hitze kann die Schärfe verloren gehen", sagt Terhorst. Damit der Senf wieder scharf wird, werde Chili hinzugefügt - das entspreche aber nicht mehr der natürlichen Schärfe des Senfes. Nach der Vermahlung verfeinert Terhorst einige ihrer Senfsorten mit zusätzlichen Zutaten, zum Beispiel mit groben Pfefferkörnern. Eine Woche sollte der Senf dann ruhen.

Dorothea Terhorst hat die Mühlen erst vor kurzem restauriert und wieder in Betrieb genommen. Nachdem ihr Großvater Alfred die "Mostertmühle" 1929 in Mönchengladbach gegründet hatte, lernte er seinen Sohn Walter an. Aufgrund der industriellen Massenproduktion musste dieser den Senfbetrieb aber 1974 aufgeben und zog mit seiner Gewürzmühle nach Kuckum. Gut 30 Jahre später hatte die Enkelin des Gründers Freude an der Produktion von Senf gefunden. "Für unseren Eigenbedarf und als Geschenk für unsere Freunde sollte es sein, ein Hobby also", sagt sie. Das Gewürzgeschäft zog nach Erkelenz und brachte die alten Senfmühlen dorthin. Nach einer Restaurierungsphase konnten die Maschinen 2003 wieder in Betrieb genommen werden. Zwei Jahre später musste angebaut werden - aus dem Hobby war doch eine Vollbeschäftigung geworden.

Drei Mal die Woche produziert die Senfmühle nun. Vier Sorten darunter sind Originalrezepte des Großvaters. Der Verkaufsrenner schlechthin ist der süß-scharfe Senf, der ebenfalls zu den vier Rezepten gehört. "Er ist vielseitig, denn er schmeckt zuerst süß und danach scharf", erklärt die Feinschmeckerin. Um die Frische ihrer Produkte zu garantieren, bezieht die Senfmühle ihre Zutaten aus der Region. Das Bier für den Bier-Senf beispielsweise kommt aus der Bolten Brauerei in Korschenbroich.

Verkauft wird der Senf in der regionalen Schiene von Supermärkten wie Edeka und Rewe, genauso wie auf Bauernmärkten, Hofläden und Feinkostgeschäften in der Region. Terhorst probiert immer wieder neue Rezepte aus, um die Produktpalette zu erweitern. Sie selbst kocht oder isst kaum noch ohne Senf. "Senf ist schon lange nicht mehr ausschließlich für Bratwurst und Frikadelle bestimmt. Mit Senf kann man vieles verfeinern wie Salatsoßen, Käse, Fisch oder einfach als Brotaufstrich. Ich verwende Senf eigentlich für alles", lacht sie, "außer Schwarzwälder Kirschtorte."

(jpk)
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