Erkelenz Pier: Gutachter streiten vor Gericht

Erkelenz · Im Gerichtsprozess gegen Arnold Pier stritten zwei Sachverständige am Donnerstag über die Behandlungsmethoden des früheren Chefarztes des Wegberger Krankenhauses. Wurde die 76-jährige Patientin Anna S. unnötig operiert?

Prozess gegen Ex-Chefarzt Dr. Arnold Pier
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WEGBERG/MÖNCHENGLADBACH Mit einem Gutachterstreit wurde vor dem Landgericht Mönchengladbach der Prozess gegen den früheren Chefarzt des Wegberger Krankenhauses, Dr. Arnold Pier (53), fortgesetzt. Bei der Beurteilung im Fall der 76-jährigen Patientin Anna S., die im Oktober 2006 nach der Behandlung in der Sankt Antonius Klinik gestorben war, waren sich die beiden Sachverständigen nur in einem Punkt einig: Die Behandlung der offenen Wunde am rechten Bein der Patientin mit Zitronensaft bezeichneten beide als Außenseitermethode, die mit medizinischen Standards nichts zu tun hat.

Seit September steht Pier vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach macht den Chirurgen für den Tod von sechs Patienten verantwortlich. Der frühere Chefarzt, der die Vorwürfe bestreitet, soll seinen Patienten unnötig Organe entnommen und mit frisch gepresstem Zitronensaft statt steriler Lösung behandelt haben — womöglich aus Profitstreben, wie die Staatsanwaltschaft mutmaßt.

Ulrich: OPs nicht notwendig

Der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Gutachter Prof. Dr. Bernward Ulrich kritisierte die Behandlung von Anna S.: "Die häufigen Narkosen kann ich nicht nachvollziehen", sagte er. Auffällige Laborwerte seien nicht registriert worden. Außerdem habe keine schriftliche Einwilligung der Patientin zu den Behandlungsmethoden vorgelegen. Mehrfach sei die 76-Jährige, die bei der Aufnahme in das 93-Betten-Haus schon sehr krank gewesen sei, operiert worden.

Zwingend notwendig waren diese Operationen nach Meinung von Prof. Dr. Bernward Ulrich nicht. Zwar seien die Eingriffe nicht als ursächlich für das Leber- und Nierenversagen, das zum Tod der Patientin geführt haben soll, zu bezeichnen. Allerdings hätte Anna S. nach Meinung des Gutachters ohne die belastenden Operationen möglicherweise länger leben können.

Der von Pier beauftragte Gutachter Dr. Thomas Jungbluth widersprach Ulrich. Die von Pier vorgenommene diagnostische Laparoskopie sei angemessen gewesen. Sehe man vom Einsatz des frisch gepressten Zitronensafts ab, sei die Behandlung eindeutig nach medizinischen Standards erfolgt.

Im einem ersten Gerichtsverfahren war Pier im Fall der Patientin Margarethe W. wegen Körperverletzung mit Todesfolge in einem minderschweren Fall zu 15 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Gegen das Urteil legten Piers Verteidiger Rechtsmittel ein. Das Gericht prüft nun in einem zweiten Verfahren, ob die Vorwürfe aus der Anklageschrift in 17 weiteren Fällen zutreffen. Erst am Ende wird ein Urteil gesprochen.

(RP)
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