Erkelenz Mensch als Sklave der "abstrakten Maschine"

Erkelenz · Prof. Dr. Dr. Franz-Josef Radermacher vom Lehrstuhl für Informatik der Uni in Ulm referierte in der Kreissparkasse über digitale Revolution.

 Prof. Dr. Dr. Franz-Josef Radermacher referierte zum Thema "Der Mensch und die abstrakte Maschine - was kommt auf uns zu?".

Prof. Dr. Dr. Franz-Josef Radermacher referierte zum Thema "Der Mensch und die abstrakte Maschine - was kommt auf uns zu?".

Foto: Jürgen Laaser

Da spickt einer eine Versammlung fast anderthalb Stunden mit mathematischen Formeln und Schlussfolgerungen, mit globalen Fakten und Entwicklungen - und es ist mucksmäuschenstill. Besonders still ist es, als der Referent in der Erkelenzer Kreissparkassen-Zentrale vom Lehrstuhl für Informatik an der Universität Ulm, Professor Dr. Dr. Franz Josef Radermacher, die dringende Frage aufwirft, ob der Mensch sich als solcher in seiner rasenden Informationsgewinnung und -technikentwicklung selbst überflüssig macht. Zum Sklaven einer globalen, perfekten, "abstrakten Maschine" macht, an deren Steuerung einige wenige Eigentümer sitzen, die die Menschheit unterjocht.

Sparkassen-Vorstandschef Thomas Pennartz hatte den aus Würselen stammenden und an der RWTH in Aachen ausgebildeten Mathematiker, der später auch noch in Volkswirtschaft zum Dr. promoviert wurde, begrüßt, zum zweiten Mal in diesem Jahr im Rahmen der Vortragsreihe "Digitale Revolution - Nutzen und Risiken". Thema nun: "Der Mensch und die abstrakte Maschine - was kommt auf uns zu?"

Nur wenige der 230 Sitzplätze im Gebäude der Kreissparkasse waren nicht besetzt, als der Vorsitzende des "Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung" an der Uni Ulm zunächst die Geschichte der Mathematik und der sich daraus entwickelnden Informatik aufzeigte, die ungeheure Wissensprünge leiste.

Professor Radermacher sieht derzeit zwei grundlegende Transformations-Themen als entscheidend für die Zukunft der Menschheit: die "große" Transformation, die sich u.a. mit Klima- und Ernährungsfragen befasst, die "digitale" Transformation, die den Menschen als zu vernetzendes Wesen betrachte. 40 Jahre digitaler Transformation hätten die heutige Erdbewohnerzahl von 7,5 Milliarden (MRD) möglich gemacht, aber auch die riesigen Flüchtlingsströme derzeit, deren Logistik über Handys laufe.

Es sei abzusehen, so der in vielen ökosozialen Bereichen und Gremien tätige Wissenschaftler, dass im Jahr 2035 nur noch ein Prozent des Informationsaustauschs auf der Welt direkt von Mensch zu Mensch ablaufe. Es sei ein von den Menschen selbst initiiertes Wettrennen zwischen ihm und der digitalen Maschine im Gang, die schon jetzt viel mehr könne als der Homo sapiens. Der Mensch werde immer stärker an die Maschine angepasst, er werde in Fragen von Konsum, Gesundheit, Arbeit immer transparenter - es müsse aber verhindert werden, dass Marktprozesse über Menschen entscheiden. Und daraus folge der ganz zentrale Punkt der Zukunft der Wissensgesellschaft: Die Marktprozesse führen zu einer Zwei-Klassengesellschaft von Herrschern und Beherrschten, die es abzuwehren gelte - die Chancen dazu aber schätzte der Vertreter einer "Ökosozialen Marktwirtschaft mit globalem Government" allerdings nur auf 50 zu 50 ein.

(isp)
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