Erkelenz Leitentscheidungsdebatte im Internet

Erkelenz · 451 Anregungen und neun Stellungnahmen zur Leitentscheidung, mit welcher die Landesregierung den Tagebau Garzweiler II aus energiepolitischen Gründen verkleinern will, sind in der Bürgerbeteiligung schon eingegangen.

 Über die Zukunft des Tagebaus Garzweiler II und von Holzweiler hat die nordrhein-westfälische Landesregierung ein Internetbeteiligungsverfahren zum Leitentscheidungsentwurf gestartet, das noch drei Wochen läuft.

Über die Zukunft des Tagebaus Garzweiler II und von Holzweiler hat die nordrhein-westfälische Landesregierung ein Internetbeteiligungsverfahren zum Leitentscheidungsentwurf gestartet, das noch drei Wochen läuft.

Foto: Uwe Heldens

Noch 21 Tage bleiben, um auf einer Internetseite der nordrhein-westfälischen Landesregierung den Entwurf der Leitentscheidung zu kommentieren und zu bewerten. Am 29. September war der in Erkelenz vorgestellt und sogleich war die Bürgerbeteiligung gestartet worden. Vor allem der erste der vier Leitsätze, der sich mit der grundsätzlichen energiepolitischen Haltung des Landes befasst, dass nach dem Jahr 2030 weniger Braunkohle benötigt wird, wird in dem Forum kommentiert. 299 Einträge gibt es hierzu, insgesamt sind es bislang 451 - weitere werden folgen, und alle will die Landesregierung nach dem 8. Dezember auswerten und in die finale Leitentscheidung aufnehmen, über die im Frühjahr in Düsseldorf entschieden werden soll.

Die Sicherung der Arbeitsplätze und die Abhängigkeit von anderen Energieträgern und Energiequellen aus teilweise unsicheren Herkunftsländern führen jene in die Diskussion ein, die sich gegen die Verkleinerung des Tagebaus aussprechen, mit der Holzweiler, Dackweiler und der Hauerhof vor der Umsiedlung bewahrt werden sollen. In dem Zusammenhang wird außerdem kritisiert, dass im Leitentscheidungsentwurf "an keiner Stelle nachvollziehbar belegt" wird, wie die künftige Stromerzeugung aussehen soll, und dass nicht gesagt wird, wie der geplante vorausschauende Strukturwandel bezahlt werden soll.

Teilnehmer des Bürgerforums, die für den Ausstieg aus der Braunkohle sind, treten den Befürwortern vor allem mit dem Verlust von Heimat entgegen. Einer hinterfragt, ob es sich lohne, "Häuser, Kirchen, Friedhöfe, gewachsene Gemeinschaften, kurz: unsere Heimat" zu vernichten, damit "an einer mehr als fragwürdigen Energiegewinnung noch für eine geschichtlich gesehen kurze Zeit Geld" verdient werden könne?

Mit dem künftigen Restsee haben sich bisher 23 Anregungen befasst, mit dem Strukturwandel im Rheinischen Revier 32. Gefordert wird auch für andere Orte am Tagebaurand ein größerer Abstand, sollte es diesen nicht geben, wolle man sich möglicherweise gegen die Leitentscheidung wehren. Das Abstandsthema kommt auch in vielen Kommentaren zum dritten Leitsatz vor, dem für Erkelenz konkretesten, wo es heißt: "Um eine positive Entwicklung von Holzweiler zu gewährleisten, ist der Abbaubereich des Tagebaus Garzweiler II so zu verkleinern, dass der Tagebau an Holzweiler nur von zwei Ortsseiten heranrückt und eine Insellage vermieden wird. Dabei ist eine Sicherheitslinie so festzulegen, dass ein Mindestabstand von 400 Metern zur Abbaugrenze gewährleistet wird."

Dass 100 Meter als Abstand an anderer Stelle reichten, wird mehrfach erklärt. Und gefordert wird dieser Abstand auch für Holzweiler, wie ebenso erklärt wird, dass die Landstraße 19 nicht erhalten werden müsse, sondern lediglich deren Funktion als Verkehrsverbindung nach Kückhoven und Erkelenz. Gefragt wird nach der rechtlichen Begründung, mit der Holzweiler 400 Meter und andere Orte 100 Meter Abstand zum Tagebau haben sollen. Vor allem aber äußern sich hier Menschen aus Holzweiler mit ihren Sorgen, Hoffnungen und Forderungen. Sie erwarten eine erhebliche Belastung für die Gesundheit, wenn der Tagebau von Norden und Osten an ihren Ort herankommt, sie betonen, dass die drei vor dem Ort liegenden Bauernhöfe ebenfalls zu Holzweiler gehören, sie fordern eine umfassende Dorferneuerung mit Zuschüssen des Landes NRW und des Energiekonzerns RWE Power. Sie erwarten wegbrechende soziale Verbindungen in die Nachbardörfer, wenn der Tagebau ihren Ort erreicht, ebenso fallende Immobilienpreise und steigende Lärmbelastungen. Bei allen Sorgen wird aber auch Mut gemacht. So schreibt ein Forumsteilnehmer: "Dass Holzweiler ein zum Sterben verurteiltes Dorf ist, wie man immer wieder hört, ist aber totaler Blödsinn. In keinem anderen Dorf in der Umgebung ist das Vereinsleben so intakt wie bei uns."

(spe)
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