Erkelenz Kardiologie: Eiseskälte kann Leben retten

Erkelenz · Bei Herzrhythmusstörungen und zur Behandlung von Patienten nach Herzkreislauf-Stillstand hat sich am Erkelenzer Krankenhaus der Einsatz von Kälte bewährt. Chefarzt Dr. Winter spricht von deutlich besseren Therapieergebnissen.

 Chefarzt Dr. Klaus-Dieter Winter (l.) und Oberarzt Dr. Christian Memmesheimer zeigen den Herzkatheter, durch den ein auf minus 60 Grad herunterkühlbarer Verödungsballon eingeführt werden kann.

Chefarzt Dr. Klaus-Dieter Winter (l.) und Oberarzt Dr. Christian Memmesheimer zeigen den Herzkatheter, durch den ein auf minus 60 Grad herunterkühlbarer Verödungsballon eingeführt werden kann.

Foto: Jürgen Laaser

Die Klinik für Kardiologie am Erkelenzer Hermann-Josef-Krankenhaus geht neue Wege in der Behandlung von Herzrhythmusstörungen und in der Intervention nach einem Herzkreislauf-Stillstand. "Eiskalte Therapien" ersetzen mittlerweile die früher übliche Behandlung mit Hitze.

Chefarzt Dr. Klaus-Dieter Winter zeigte jetzt im Pressegespräch den manuell flexibel steuerbaren Katheter, mit dem bei Herzrhythmusstörungen ein mit Lachgas gefüllter Verödungsballon über die Leiste in die Lungenvenen gesteuert wird. Die Besonderheit: Diese Ballons können auf minus 60 Grad abgekühlt werden. "Der Ballon friert am Eingang der Lungenvenen an und sorgt so für eine kreisförmige Verödungszone. Damit können elektrische Störimpulse aus den Lungenvenen den Herzrhythmus nicht mehr unterbrechen, die Ursache für das Vorhofflimmern ist gebannt", erläutert Winter. Da im Vorfeld nicht bestimmt werden könne, aus welcher Lungenvene die Störimpulse herrühren, würden prinzipiell alle vier Venen verödet, sagt Winter. Die Dauer der Prozedur, die im künstlichen Koma durchgeführt wird, liege bei rund zweieinhalb Stunden. Ein Aufwand, der sich nach Winters Angaben lohnt: Schon nach vier Tagen können die meisten Patienten in die ambulante Behandlung entlassen werden. Studien hätten gezeigt, so Winter, dass die Verödungsbehandlung mit Kälte in 80 Prozent der Fälle erfolgreich ist, bei 20 Prozent der Patienten sei eine zweite Verödungsbehandlung notwendig. Winters Fazit: Der Einsatz von Kälte hat sich bewährt. Seit 2012 setzt die Kardiologie in Erkelenz auf die "eiskalte Therapie". Rund 70 Patienten im Jahr werden so behandelt. Seit April ist das Hermann-Josef-Krankenhaus auch Ausbildungszentrum für diese Therapie.

Eine weitere Gruppe, die von Kälte profitiert, sind Patienten mit vorausgegangenem Herz- und Kreislaufstillstand. "In aller Regel sind dies Patienten, die zu Hause, bei der Arbeit, beim Sport oder unterwegs plötzlich ohnmächtig werden. Nach den ersten Wiederbelebungsmaßnahmen werden diese Patienten künstlich beatmet ins Krankenhaus gebracht", berichtet Winter. Etwa die Hälfte dieser Patienten benötige eine sofortige Herzkatheteruntersuchung, da häufig ein Herzinfarkt Auslöser des Herzstillstandes sei. Alle wiederbelebten Patienten werden in Erkelenz mit einem Kühl-Katheter behandelt, der die Körperkerntemperatur von 37 auf 33 Grad absenkt. "Diese Hypothermie genannte Methode wird weltweit in der lntensivmedizin eingesetzt, um das Gehirn vor Schäden infolge des Sauerstoffmangels zu schützen", erklärt Winter. Und präsentiert die Daten von 54 Patienten aus Erkelenz, die nach Herzstillstand wiederbelebt worden sind. Die Patienten waren männlich und durchschnittlich 67 Jahre alt. Winter: "24 Patienten haben mit dieser Methode den Herzstillstand überstanden. Die Überlebensquote lag früher bei nur 25 bis 30 Prozent."

(RP)
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