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Haus Paland in Erkelenz Rittergut für Garzweiler-Tagebau abgerissen

Erkelenz · Im Zentrum von Borschemich steht seit Alters her Haus Paland. Jetzt weicht für den Tagebau, was viele Epochen zuvor überstand. Der Abriss hat am Dienstag begonnen.

Haus Paland in Borschemich
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Foto: Laaser, J�rgen

Am Dienstag ist mit dem Abriss von Haus Paland begonnen worden, dem geschichtsträchtigen Zentrum von Borschemich. "Zum heulen", sagt Wilfried Lörkens, der an den ersten Trümmern seiner Familiengeschichte steht. Mehr sagt er nicht. Zunächst setzt der Bagger an den Stallungen an. Das Haupthaus des mehr als 1100-jährigen Ritterguts soll in den nächsten Tagen abgerissen werden — damit in zwei Jahren die ungleich größeren Schaufelradbagger kommen können.

Bagger rumoren in Borschemich. Einer ist an Haus Paland im Einsatz, aber auch anderswo werden Häuser abgerissen. Zwischendurch gibt es dumpfe Schläge, wenn der Bagger an Haus Paland einen Mauerbrocken in den bereitgestellten grünen Container fallen lässt. Setzt er dabei zurück, erklingt ein wiederkehrendes durchdringendes Piepen. In der Ferne rumpelt ein leerer Kipper, der unterwegs ist zu einer der weiteren Abbruchstellen. An einem Haus erfolgt eine Asbestsanierung. Mehr als die Geräusche der Bagger und Kipper sowie des andauernden Regens sind an diesem Morgen in Borschemich aber nicht zu hören.

 Haus Paland wird seit Dienstag abgerissen. 898 schenkte König Zwentibold von Lothringen dem Stift Essen ein Königsgut in Brismike, jenem Ort, der seit 1618 Borschemich heißt.

Haus Paland wird seit Dienstag abgerissen. 898 schenkte König Zwentibold von Lothringen dem Stift Essen ein Königsgut in Brismike, jenem Ort, der seit 1618 Borschemich heißt.

Foto: Laaser, J�rgen

Wilfried Lörkens, dessen Familie Haus Paland seit dem Jahr 1837 gehört hatte, ist zurück nach Borschemich gekommen. Am 30. September hatte er den Schlüssel zu dem Rittergut abgegeben. Viele frühere Einwohner kommen gar nicht mehr in den Ort, ersparen sich den Anblick. Lörkens aber will verstehen, will Abschied nehmen. "Was passiert, ist schmerzhaft zu sehen", sagt er. "Es ist, als würde man zu einer Beerdigung gehen. Eine miese Situation."

Zerfurcht sind die Wiesen, wo an Haus Paland einst Eichen, Buchen und Obstbäume standen. Die sind alle längst gefällt. Auch viele Nachbarhäuser existieren nicht mehr. Irgendwann wird es auch der benachbarten Kirche so ergehen, noch fehlen an ihr nur einige Steine, wurden ein paar Fenster mit Brettern vernagelt. Als einzelner Mann läuft Wilfried Lörkens über die frühere Obstbaumwiese. Noch einmal umrundet er die Heimat seiner Familie, die jetzt mit Bauzäunen abgesperrt ist.

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Foto: Laaser, Jürgen

Erinnerungen laufen wie ein Film vor dem inneren Auge ab, sagt Lörkens. Was er nicht alles auf Haus Paland erlebt hat: Freude, Feste, Trauer, eben das Leben. Er denkt an die Beerdigung seines Vaters, als der in dem Rittergut aufgebahrt war. Später erzählt er begeistert, wie er einmal den Turm und das Dach des Hauptgebäudes saniert hatte, wie sich aus einer Baustelle die nächste ergeben hatte: "Es ist halt ein Denkmal."

Ein paar Erinnerungsstück wird Wilfried Lörkens mit an den Umsiedlungsort nehmen. Eine steinalte Grabplatte, ein Löwenkopf, ein paar Steine. Versucht werden soll auch, den Torbogen vorsichtig aus dem Mauerwerk zu nehmen und zu erhalten.

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Foto: sola-donum

Es riecht nach feuchter Erde, nach Regen, nach gefälltem Holz, ein wenig modrig, ähnlich wie auf einem alten Friedhof. Wilfried Lörkens ist einer der letzten Menschen, die Borschemich für den nahenden Braunkohlentagebau verlassen. Für ihn ist dieser Dienstagmorgen, 1. Dezember 2015, "als würde man zu einer Beerdigung gehen", sagt er, "eine miese Situation, bei der man aber auch weiß", ergänzt er nach einigem Nachdenken, "dass es danach weitergeht". In weniger als acht Stunden heißt das für den Kommunalpolitiker Lörkens, als CDU-Ratsherr an der Sitzung des Braunkohlenausschusses der Stadt Erkelenz teilzunehmen.

Es gilt, die Umsiedlung der Borschemicher Nachbardörfer voranzutreiben, wo in ein paar Jahren weitere 1600 Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Die Bebauungspläne stehen zur Abstimmung.

Um 9.30 Uhr ruhen die Bagger in Borschemich. Nur noch die unaufhörlichen Regentropfen und ein Flugzeug hinter der dicken Wolkendecke sind zu hören... und die Schritte des letzten Bewohners von Haus Paland.

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