Analyse Grundstückssuche - Umsiedler in Sorgen

Erkelenz · Diese Phase in der Umsiedlung ist keine einfache, vielleicht sogar die schwerste: Die Menschen aus den nächsten Umsiedlungsorten suchen neue Grundstücke. Sorgen wurden um Braunkohlenausschuss laut.

 An einem kleinen Modell ist zu erkennen, wie die Grundstücke im künftigen Umsiedlungsort bei Borschemich (neu) angeordnet sein sollen.

An einem kleinen Modell ist zu erkennen, wie die Grundstücke im künftigen Umsiedlungsort bei Borschemich (neu) angeordnet sein sollen.

Foto: Speen

Die Sorge von Umsiedlern aus Keyenberg, Kuckum, Berverath, Ober- sowie Unterwestrich, am neuen Heimatort kein adäquates Grundstück zu finden, schon gar nicht, wenn mit mehreren Haushalten in eine Nachbarschaft umgesiedelt werden soll, stand Dienstagabend im Erkelenzer Braunkohlenausschuss auf der einen Seite - auf der anderen standen von Bezirksregierung, Stadt und RWE die Hinweise, dass für solche Problemfälle, als sich diese Sorgen vor gut zwei Monaten abzuzeichnen begannen, ein eigener Raum in der zeitlichen Abarbeitung der Grundstücksvormerkung eingebaut wurde, dass bei bisherigen Umsiedlungen immer, auch in schwierigen Fällen, eine Lösung gefunden wurde, und dass abzusehen ist, dass 30 Prozent der Wünsche bereits in den ersten zwei von fünf Phasen der Grundstücksvormerkung realisiert werden können.

Zueinander fanden beide Seiten in der Ausschussdiskussion, so war zu beobachten, nicht. Dafür werden in den nächsten Monaten noch viele Einzelfallgespräche zu führen, offengebliebene Fragen zu klären und Kompromisse zu suchen sein sowie Flexibilität bewiesen werden müssen. Dienstag wurden zunächst mal nur der Bericht der Bezirksregierung Köln zur Herleitung der Größe für den Umsiedlungsort und der aktuelle Stand zur Grundstücksvormerkung von RWE von der Politik zur Kenntnis genommen und von einzelnen Ausschussmitgliedern in den Kontrast dazu gestellt, wie sie diese Situation vor Ort erleben.

556 Grundstückseigentümer wurden seit Januar angeschrieben und konnten bis April melden, ob sie mit umsiedeln und welche drei Grundstücke, in eine Rangfolge gebracht, sie gerne hätten. 468 Fragebögen wurden an RWE Power zurückgegeben. 377 Grundstücksbesitzer beachsichtigen die Teilnahme an der Umsiedlung. Dies entspricht einer Quote von 70 Prozent. Für die 377 Teilnehmer stehen am neuen Ort 446 Grundstücke zur Verfügung, berichtete Thomas Kolbe dem Braunkohlenausschuss. Er erwarte, dass in den ersten zwei Grundstücksvormerkungsphasen schon gut 30 Prozent der Umsiedler (139 Grundstücke) ihr Wunschgrundstück bekommen können, weil ihre Wünsche nicht mit anderen kollidieren. Auch erklärte er: "Ich bin guten Mutes, in der dritten Phase Lösungen für Problemfälle zu finden, wo Wünsche kollidieren, und dass es auch Lösungen für Nachbarschaften gibt, die gemeinsam umsiedeln wollen." Er erinnerte sich an Fälle aus Immerath, wo er die Sorge gehabt habe, einen solchen Fall nicht lösen zu können. Im Gespräch hätten dort die zwei mit ihren Wünschen kollidierenden Nachbarschaften letztlich jedoch selbst eine Lösung erarbeitet. Seine Sorge sei unbegründet gewesen, gab er den jetzt Betroffenen mit. Sylvia Laumen, Umsiedlerin und Mitglied im Braunkohlenausschuss, sagte hingegen: "Wir haben eine Grundstücksauswahl getroffen, die das kleinste notwendige Übel darstellt, und haben uns kein Wunschgrundstück aussuchen können, wie das immer so niedlich genannt wird." Ein passendes Baufenster sei nicht zu finden gewesen, eines sei wegen einer Abweichung von 20 Zentimetern nicht infrage gekommen. "Was wir einst in der Haushaltsbefragung zu den Grundstücken angegeben haben, finden wir im Bebauungsplan nicht wieder." Vielen gehe es so. Dass sich darin ebenfalls Nachbarschaften nicht wiederfinden, erklärte Gabi Clever (Grüne) und sprach von einer "Grundstücksmisere". Dass der Zuschnitt der Flächen keinen Zukauf von größerem Hinterland zulasse, das viele Betroffene heute besäßen, erklärte Ausschussmitglied Werner Engels (Freie Wähler/UWG).

Dass dank der frühen Haushaltbefragung "so bedarfsgerecht wie noch nie Grundstückswünsche in einen Bebauungsplan eingearbeitet werden konnten", entgegnete der Kritik der Technische Beigeordnete Ansgar Lurweg. Dass auf die aufkommende Sorgen bereits reagiert wurde, indem in der dritten Phase der Grundstücksvormerkung dafür zusätzliche Zeit eingeplant wurde, hielt Erster Beigeordneter Dr. Hans-Heiner Gotzen entgegen. Und dass dann auch die Chance bestünde, zum Beispiel tiefere Grundstücke zu formen, erklärte Kolbe: "In der Phase soll flexibel nach Lösungen gesucht werden." Eine Bebauungsplanänderung sei auch dann noch möglich, hieß es von Susanne Brüggemann (Bezirksregierung).

Dass diese Phase in der Umsiedlung keine einfache, vielleicht sogar die schwerste werden würde, in der die mehr als 500 Grundstücksbesitzer aus den Altorten am Umsiedlungsort bei Borschemich (neu) ihre neuen Grundstücke suchen, war von vorneherein klar. Momentan nun zeigt sich, wo die kritischen Punkte des Verfahrens liegen. Die im Braunkohlenausschuss genannten Sorgen werden in dem gesamten Umsiedlungsverfahren vermutlich nur wenige unter vielen sein - weil aber das neue Grundstück für die Menschen und deren Willen, die neuen Orte lebendig zu gestalten, von größter Bedeutung sind, wird bei der Bewältigung dieser Sorgen ein Höchstmaß an Flexibilität notwendig sein, bei gleichzeitiger Beibehaltung der Gerechtigkeit.

(spe)
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