Erkelenz Großer Investitionshaushalt

Erkelenz · Bei sieben Gegenstimmen und zwei Enthaltungen ist der Haushalt der Stadt Erkelenz für 2017 vom Stadtrat angenommen worden. Er sieht mehr als 200 Investitionen vor. Kritische Hinweise, auch unter den zustimmenden Fraktionen, gab es dennoch.

Anerkennung für die Haushaltsplanung der Stadt Erkelenz: Bei Enthaltung der Bürgerpartei und Gegenstimmen der Sozialdemokraten erhielt der Haushalt für 2017 so viel Zustimmung wie in den vergangenen Jahren kein Vorgänger. Und auch die Bürgerpartei attestierte ein weitgehend positives Zahlenwerk, das sie nicht ablehnen könne, ihm wohl aber auch nicht zustimmen wolle, weil nicht jeder Punkt des mehr als 700 Seiten umfassenden Werkes in ihrem Sinne sei. Dass Zustimmung zum Gesamtwerk nicht Zustimmungen in allen Punkten bedeute, darauf wiesen FDP, Freie Wähler/UWG und Grüne hin, gleichwohl stimmten sie für den Haushaltsplan, der mehr als 200 Investitionen und neue Stellen - wie für die Kinderbetreuung und einen Koordinator für Flüchtlingsangelegenheiten - vorsieht sowie ein Minus am Jahresende von 1,7 Millionen Euro - mit Aussicht auf weiteren Schuldenabbau ab 2018. In einem Punkt jedoch waren sich alle Fraktionen einig: In ihrer Kritik am Kreis Heinsberg und der dorthin zu entrichtenden Kreisumlage in Höhe von nunmehr 22 Millionen Euro.

Klar für den Haushalt positionierten sich CDU und, selbstverständlich, Bürgermeister Peter Jansen, dessen Kämmerer Norbert Schmitz diesen mit seinem Team erarbeitet hatte. Jansen und Schmitz bleiben sich mit dem Haushalt für 2017 treu. Der Bürgermeister sprach von "Investitionen in die Zukunft - ohne diese zu belasten". Und ihm war es wichtig zu betonen, dass Erkelenz es 2017 schaffe, das Soziale zu stärken. Das beginne bei den Investitionen in das Cusanus-Gymnasium und in den Offenen Ganztag an drei Grundschulstandorten, reiche über die neue Stelle eines Koordinators für Flüchtlingsangelegenheiten bis zu einem neuen städtischen Kindergarten am Schulring und steigenden Kennzahlen für Hilfen für Familien und junge Menschen: "Geld, das wir gerne aus städtischen Mitteln einsetzen, wenn dafür die Zukunft besser gestaltet und entlastet wird." Wichtig für Jansen ist am Haushalt für 2017 auch, dass mit den mehr als 200 Investitionsposten die meisten der 46 zu Erkelenz gehörenden Dörfer erreicht werden, und zwar von der neuen Sportumkleide für Katzem über bereitstehendes Geld für einen neuen Kunstrasenplatz in Erkelenz-Mitte bis zur Sanierung des Bürgerhauses in Gerderath.

Woher die finanziellen Möglichkeiten dieser Entwicklung kommen, bat Jansen, nicht zu vergessen. Politisch seien sie zum einen in den Vorjahren zwischen den Fraktionen erarbeitet worden, zum anderen trügen Unternehmen und Bürger mit ihren Steuern erheblich dazu bei, was wiederum ein lokaler Erfolg der Politik sei: "Der Zahlenvergleich zeigt, dass die eigene steuerbare Entwicklung - wie in der Wohnsiedlungs- und Wirtschaftspolitik mit den daraus resultierenden Einkommens- und Realsteueranteilen - uns diese Spielräume verschafft."

"Augenmaß" war ein Wort von Rainer Merkens (CDU) für die von Bürgermeister Jansen skizzierte Finanzpolitik im neuen Jahr, sogleich aber auch Bezug auf die vergangenen Jahre nehmend. Ein Satz im Haushaltsentwurf sage alles: "Substanzerhalt, intergenerative Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und das Verbot der Überschuldung können somit kurz-, mittel- und langfristig mit dem vorgelegten Satzungsentwurf gewährleistet werden." Daraus leitete Merkens mehrere Ziele ab: Die Wohnbau- und Gewerbeansiedlung muss fortgeschrieben werden. Es dürfen keine neuen Aufgaben von Bund oder Land "ohne volle finanzielle Beteiligung" übernommen werden. An der vorhandenen "qualifizierten und leistungsfähigen" Schulstruktur soll festgehalten werden, und skeptisch steht er "einer Ausweitung der Betreuungszeiten in den Kindertagesstätten" gegenüber. Die Dorfentwicklung in den Tagebaurandorten muss vorangetrieben werden, demnächst auch in Holzweiler und Kückhoven. Der geplante, im Haushalt finanziell abgebildete Zweckverband der Tagebaurandkommunen hat die Entwicklung der gesamten Stadt und Region zu fördern. Außerdem soll die Stadtverwaltung bei dem momentan seitens der Deutschen Bahn ruhenden Vorhaben, eine neue Eisenbahnunterführung zwischen Neusser Straße und Anton-Raky-Allee zu bauen, "am Ball bleiben", weil diese für die Innenstadt notwendig sei. Die CDU wolle 2017 mit dieser Art "moderat steuernden Eingriffen" Erkelenz fortentwickeln.

Gegen den Haushaltsplan stellte sich die SPD, die nicht mit Kritik sparte, wenngleich sie die nicht gegen das Zahlenwerk selbst richtete. "Oberflächlich scheint alles in Ordnung", sagte Rainer Rogowsky und fügte an: "Würde uns für das kommende Jahr eine stagnierende Politik genügen." Nach vorne gerichtet sind für die SPD lediglich die positiven Ansätze im Klimaschutz und in der Flüchtlingsbetreuung. Alles andere sei "nur eine Zusammenstellung des aktuell Notwendigen. Und für das wird möglichst der geringste finanzielle Standard zementiert." Der vorliegende Haushaltsplan stelle sich nicht "den Zukunftsfragen". Die vom Bürgermeister beschriebenen positiven Steuerentwicklungen sind Rogowsky zufolge geradezu zwingend dazu einzusetzen, "die Stadt zielgerichtet auf die Zukunft vorzubereiten". Jedoch finde seine Fraktion im Haushaltsplan nichts zum gesamtstädtischen Umgang mit den Folgen des Braunkohlenabbaus, zum innovativen Umgang mit der demografischen Entwicklung, zu neuem strategischen Stadtmarketing, zur Schulentwicklungsplanung oder zur "überfälligen familienfreundlichen Anpassung der Kita-Besuchszeiten und Gebühren". Die von Jansen beschriebene soziale Entwicklung im neuen Jahr sah die SPD nicht: "Wir müssen uns mehr den konkreten Bedürfnissen insbesondere von jungen Familien und sozial Schwächeren widmen."

Eher unentschlossen in der Bewertung äußerten sich Grüne, FDP, Freie Wähler/UWG und Bürgerpartei, wenn auch mit unterschiedlichem Fazit. Deutlich sagte Hans Josef Dederichs (Grüne), dass vor allem Unzufriedenheit mit der innerstädtischen Verkehrsentwicklung herrsche. In einer "Versuchswerkstatt" hätten CDU, FDP und Freie Wähler/UWG "die Sicherheit der Radfahrer und Fußgänger zugunsten einer ausufernden Parkplatzpolitik geopfert. Und die Verwaltung unterstützt das wider besseren Wissens der Fachkräfte - wir fragen uns warum?" Künftig sei besser in die Kreuzungen Roermonder und Krefelder Straße sowie Aachener, Antwerpener und Goswinstraße zu investieren. Zustimmen konnten die Grünen dem Haushalt dennoch, da 2017 in Schulen investiert wird, er finanziell nachhaltig und generationengerecht aufgestellt sei und darin der geplante Bau einer Bahnunterführung zur Anton-Raky-Allee "auf das Abstellgleis geschoben wurde. Der Zug rollt nun nicht mehr in Richtung Beton, sondern er nimmt Fahrt auf in Richtung Bildung."

Zufrieden mit dem Erreichten zeigte sich die FDP. 2017 werde sinnvoll investiert, der Schuldenabbau bleibe im Blick, Gebühren und Steuern würden erneut nicht erhöht, und das Vereinsleben werde unterstützt, sagte Werner Krahe. In Sicherheit wiegt er sich aber nicht: "Es gibt zwei Dinge, die uns beunruhigen: die weiter steigenden Personalkosten und die bis 2020 sich kaum verändernden Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen. Wir sehen eine Schere, die dazwischen immer weiter aufgeht. Obwohl wir immer mehr Geld bewegen, steht für die eigentlichen Kernaufgaben immer weniger zur Verfügung. Hier müssen wir ein Augenmerk drauf richten und darüber in der Arbeitsgemeinschaft Finanzen sprechen."

Die Personalkosten thematisierte auch Christoph Moll von den Freien Wählern/UWG, er nannte sie "unser Dauerthema". Die Stadt solle Vorsorge für den Fall treffen, dass die derzeit guten Erträge kurzfristig einbrechen. Er wolle "keine kurzfristigen Entlassungen", es müsse aber mehr geschehen. Einsparungen schlug er bei einer mit 80.000 Euro geplanten Brückensanierung bei Katzem vor, die nicht notwendig sei, "da eine andere Brücke kaum 100 Meter weiter über den trockenen Nysterbach verläuft". Auch wandte er sich gegen die Sanierung der zehn Jahre alten Toilettenanlage auf dem Markt für 80.000 Euro. Hier werde eine "Luxus-Toilette" geplant, stattdessen solle die Stadt der umliegenden Gastronomie für eine öffentliche Nutzung ihrer WC eine Entschädigung anbieten (Merkens, CDU, entgegnet später, dass es für körperlich behinderte Menschen wichtig sei, im Zentrum ein auf sie eingerichtetes WC nicht nur zu den Öffnungszeiten vorzufinden). Weil der Haushalt "solide und perspektivisch gut aufgestellt ist", stimmte Molls Fraktion ihm dennoch zu.

Eine Enthaltung gab es von der Bürgerpartei. "Wie im letzten Jahr können wir sagen, dass der Haushalt nach langer Zeit einmal frei von allzu viel unsinnigen Ausgaben ist, und angeblich stehen bis 2019 auch keine Steuererhöhungen an", sagte Peter Cybik. Auch erkenne seine Fraktion an, dass es der Stadt mit dem Gewerbegebiet Gipco gelungen sei, sich eine gute Finanzbasis zu schaffen. Auch trügen die interfraktionellen Treffen zur Verkehrsentwicklung in der Innenstadt erste Früchte. Allerdings fehle es der Bürgerpartei an einigen Stellen an Ehrlichkeit. Beispielsweise werde beim prognostizierten Minus von 1,7 Millionen Euro versucht, "Schlechtes als Gutes zu verpacken" oder sehe seine Fraktion bei der kommunalen Co-Finanzierung von Kunstrasenplätzen "keinen einheitlichen Weg".

(spe)
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