Heinsberg Gedenken an unschuldige Opfer

Heinsberg · Der Zug der Erinnerung, der noch bis Samstag im Kreisgebiet haltmacht, gedenkt deportierter Kinder. Auf Schautafeln können Besucher die Schicksale der Kinder nachlesen, die in Vernichtungslager gebracht wurden.

Zur offiziellen Eröffnung der mobilen Gedenkausstellung erschienen gestern Morgen Schulleiter, Schüler aus dem Heinsberger Kreisgymnasium, Kreistagsmitglieder sowie Bürgermeister der Kommunen. "Über diese Möglichkeit, sich mit einem düsteren Kapitel deutscher Geschichte vor Ort auseinandersetzen zu können, bin ich sehr froh", betonte Landrat Stephan Pusch, der den Vorsitzenden des Vereins Zug der Erinnerung, Hans-Rüdiger Minow, im großen Sitzungssaal begrüßte.

Brücke zum Hier und Jetzt

Im Kreis Heinsberg bestehe ein breiter Konsens, dem politischen Extremismus entgegenzutreten. Es gebe unterschiedliche Ansätze, dieses Ziel zu verfolgen, so Pusch. Der Zug der Erinnerung zeige nur eine Facette der Folgen totalitärer Herrschaft — die Deportation der Mädchen und Jungen. "Wir sollten nicht so tun, als wäre unsere Region in der Zeit des Nationalsozialismus eine Region der Unschuld gewesen, auch wenn die Nazis hier nie Mehrheiten gewinnen konnten." Mit der Ausstellung in den Waggons werde eine Brücke zum Hier und Jetzt geschlagen.

Landrat Pusch geht davon aus, dass viele Menschen aus der Region keine Hitler-Anhänger waren: "Sie waren tief im christlichen Glauben verankert." Mit der Ausstellung könne besonders den Schülern und Jugendlichen verdeutlicht werden, wie wichtig Werte wie Nächstenliebe und Toleranz seien. Die Welt habe ihre Lektion noch nicht gelernt, erklärte Regionaldekan Gottfried Maria Graaff. "Lernen kann nur der einzelne Mensch, der die Augen nicht verschließt."

"Betroffen von so viel Leid"

Was während des NS-Regimes passierte, hält der Geistliche auch heute noch für möglich. "Zumindest besteht immer die Gefahr." Er sei "betroffen von so viel Leid", sagte Graaff. Und: "Lasst uns jetzt auf die Kinder hören, was sie jedem Einzelnen von uns zu sagen haben." Erinnern gehöre zur Geschichte, stellte Jens Sannig, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Jülich, heraus. "Die Züge sind tatsächlich gerollt, auch wenn es uns heute vorkommt wie in einem unwirklichen Film."

Er habe ein Gefühl der Beklemmung verspürt, gestand Sannig. Die Kinder seien "unschuldig Opfer einer Ideologie geworden, die für uns heute nicht mehr nachvollziehbar ist, die es aber gegeben hat". Die Nazis hätten die jüdischen Kinder als wertlos betrachtet. "Vor Gott sind aber alle etwas wert." Durch Schweigen und Wegsehen, so Sannig, sei es möglich geworden, Menschen aus der Nachbarschaft der Vernichtung zuzuführen.

(RP)
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