Erkelenz Fotos erzählen: "Zum Tode verurteilt"

Erkelenz · Wolfgang Meyer-Hesemann, freier Fotograf aus Schleswig-Holstein, hat 20 Jahre in Düsseldorf gelebt. NRW hat er dabei kennengelernt. Und den Braunkohlentagebau. Was dieser in Borschemich verursacht, erzählt eine Ausstellung.

 Fotograf Wolfgang Meyer-Hesemann war in Borschemich (alt) unterwegs. Bewusst hat er sich für Schwarz-Weiß-Fotografien entschieden. Zu sehen sein werden die Bilder ab 3. September in Düsseldorf.

Fotograf Wolfgang Meyer-Hesemann war in Borschemich (alt) unterwegs. Bewusst hat er sich für Schwarz-Weiß-Fotografien entschieden. Zu sehen sein werden die Bilder ab 3. September in Düsseldorf.

Foto: MEYER-HESEMANN

/DÜSSELDORF Condemned to Death. Zum Tode verurteilt. "So kann man die vor Ort erlebte Stimmung beschreiben. Ich sehe mit Brettern zugenagelte Türen und Fenster, tiefe, schwarze Schatten in gleißendem Sonnenlicht. Eine gespenstische Kulisse." Das sagt Dr. Wolfgang Meyer-Hesemann. Der freie Fotograf, geboren 1952 in Quakenbrück in Niedersachsen, spricht dabei über Borschemich (alt). Die Fotos, die dort entstanden sind, zeigt er vom 3. bis 29. September in Düsseldorf.

Meyer-Hesemann hat eigentlich Rechtswissenschaften und Philosophie studiert und arbeitete später als Richter, Verwaltungsbeamter und Staatssekretär (ab 1998 im NRW-Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung und ab 2002 im Ministerium für Schule, Jugend und Kinder, 2003 Wechsel nach Schleswig-Holstein, hier wurde er Staatssekretär für Schule und Kinder). Als er 2009 aus dem aktiven Dienst ausschied, intensivierte er unter anderem seine fotografische Arbeit.

Weil er 20 Jahre lang in Düsseldorf gearbeitet hat, lernte er NRW gut kennen: "Das Rheinland und Ruhrgebiet habe ich intensiv erkundet", sagt Meyer-Hesemann. So kam es, dass er sich ausführlich mit Fragen des Strukturwandels auseinandersetzte "und insbesondere mit der Transformation von Landschaften und Städten durch den Menschen". Wolfgang Meyer-Hesemann erzählt weiter: "Im Sommer 2015 war ich im Rahmen eines Workshops mit dem bekannten Fotografen Josef Schulz aus der Becher-Schule mehrere Tage in Nordrhein-Westfalen unterwegs, um verschiedene Aspekte dieses Themas zu erarbeiten." Stationen waren etwa der Medienhafen in Düsseldorf, in Duisburg-Bruckhausen und in Borschemich. "Das war emotional am beeindruckendsten wegen des Ausradierens eines ganzen Ortes."

Am alten Standort erlebte er eine Stimmung, die er für sich mit "Zum Tode verurteilt" überschrieb. "Ich wollte mit den Fotografien diese Stimmung einfangen. Und eine für den normalen Menschen schlicht unfassbare Situation, dass ein vor kurzem noch lebendiger Ort vollständig vom Erdboden verschwinden soll. In den ausgestorbenen Straßen ist ein unheimliches und unbegreifbares Gefühl der Ausgesetztheit und Bedrohung jederzeit spürbar." Dass er seine Fotografien in Schwarz-Weiß gehalten hat, erklärt er so: "Die Ausgesperrtheit der Menschen aus ihren Häusern durch die abweisenden schwarzen Vernagelungen und die Grabestiefe der von den Häusern fast abgelösten schwarzen Schatten vereinen sich in Schwarz-Weiß-Fotografien zu der empfundenen bedrohlichen Gesamtstimmung. Sie geben ein intensives, nachdrückliches Bild des verschwindenden Ortes." Trauer, so sagt er, werde spürbar.

Der Fotograf hofft sehr, dass Borschemicher Bürger nach Düsseldorf kommen, um seine Arbeiten anzusehen. Dr. Wolfgang Meyer-Hesemann kann sich allerdings auch gut vorstellen, die Fotos in Erkelenz auszustellen.

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