Auslandsjahr Ernährung in Benin – ungewohnte Erfahrungen

Erkelenz · Samstagmorgen. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern und meine Gastschwester singt in-brünstig, immer einen Halbton tiefer zu den brandneusten beninischen Kirchenhits aus dem Radio. Mit meinen Sportschuhen in der Hand trete ich auf die Terrasse, stolpere aber gleich wieder rücklings ins Haus, als ich sie erblicke. Eine Kuh. Nebst geparktem Mofa, zwischen Wäscheleine und Pavillon steht eine Kuh, und zwar keine deutschen Zuschnitts, mit bleistiftlangen Hörnern und schwarz-weißen Flecken.

 Madleen Stolze aus Wegberg absolviert einen Freiwilligendienst in Benins Hauptstadt Porto Novo und lebt in einer Pastorenfamilie.

Madleen Stolze aus Wegberg absolviert einen Freiwilligendienst in Benins Hauptstadt Porto Novo und lebt in einer Pastorenfamilie.

Foto: kn

Diese ist vom Kaliber doppelt so groß, hat Hörner wie Gardinenstangen und ist schwarz-weiß gesprenkelt. Ich fühle mich für einen Moment wie Astrid Lindgrens Heldin Pippi Langstrumpf mit einem Pferd auf der Veranda, nur dass ich ein Pferd weitaus angenehmer gefunden hätte. Als ich vom Joggen wiederkomme, erwartet mich die Kuh schon vor der Haustür; nicht mehr allzu lebendig und mit der Hälfte ihres inneren Daseins neben sich. Zur Hochzeit gab es Rindfleisch für alle.

Das liegt nun zehn Monate zurück. Wenn wir uns an eines zu Anfang nur schwer gewöhnen konnten, dann war es das Essen. Ständig waren uns die Soßen zu ölig, in jedem Gericht fand man Fischgräten, die Konsistenzen waren dem Gaumen fremd und die Portionen hätten für zwei gereicht. In Benin gibt es gewisse Eigenheiten, die auf uns als Europäer zunächst fremd und unverständlich wirken. Beispielsweise isst man morgens warm. In unserem Haus bedeutet das Akassa avec Légume (franz.), ein Art Maisbrei mit spinatähnlichem Gemüse und Fisch. Zum Essen versammelt man sich nicht an einem Tisch. Vielmehr folgt man seinem individuellen Bedürfnis und isst, wenn man gerade Hunger hat, dazu lässt man sich einfach nieder, notfalls am Straßenrand. Grundsätzlich isst man das Meiste mit den Händen. Die beninische Gastfreundlichkeit sieht vor, dass, wenn jemand das Haus betritt, egal aus welchem Anlass, ihm zunächst ein Krug mit Wasser gereicht wird. Will man einem Gast besondere Ehre erweisen, so kocht man für ihn, aber lässt ihn die Speise ungestört allein einnehmen.

In Benin gibt es Nahrungsmittel, die die Grundbasis aller Mahlzeiten bilden. Bisher durfte ich einige davon kennenlernen. Da wäre einmal der beliebte und schnell zubereitete Maisbrei (Pâte) und die etwas leichtere, in Blätter eingewickelte Variante Akassa, weiter gibt es verschiedene Wurzeln wie Igname, Patate, Maniok, diverse Bohnensorten, die gerne mit Gari (Maniokmehl) zusammengegessen werden und international bekannte Nahrungsmittel wie Weißbrot, Reis und Makkaroni. Piment, ein Gewürz, das dem Geschmack unserer Peperoni ähnelt, ist das beninische Lebenselixier und gehört in jede Speise. Ein gutes beninisches Essen besteht allgemein aus einem dieser Nahrungsmittel (hier im Süden meistens Akassa oder Pate, im Norden eher Reis oder Ignamsbrei) mit Soße und Fisch oder Fleisch. Daneben kann man Diverses auch frittiert oder als Gebäck erhalten. Fleisch hat einen besonderen Stellenwert und ist Symbol gewissen Wohlstands. Deshalb wird besonders zu Feierlichkeiten gerne Lebendes geschenkt, so wie die Kuh zur Hochzeit.

(RP)
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